Loriot als Lebens-Lehrer
Kolumne: Auf ein Wort – Die Medien haben Loriot zur Erinnerung an seinen 100. Geburtstag groß gefeiert – durchaus gerechtfertigt. Hatte er doch das Zeug zum Lebens-Coach.
Dietmar Kattinger | 21.11.2023
Kolumne: Auf ein Wort – Die Medien haben Loriot zur Erinnerung an seinen 100. Geburtstag groß gefeiert – durchaus gerechtfertigt. Hatte er doch das Zeug zum Lebens-Coach.
Dietmar Kattinger | 21.11.2023
Man kam nicht an ihm vorbei. Über jeden Bildschirm flackerte er: Loriot, an dessen 100. Geburtstag heute vor genau 10 Tagen erinnert wurde. ZDF und Co. haben sich mit Filmen und Sondersendungen übertroffen. Fast stieg er auf zu einem "Helmut Schmidt Nummer zwei". Also zum Übervater der Nation. Und zu Recht: Einen Moment innegehalten, hat Loriot durchaus das Zeug zum Lebens-Coach. Erinnern Sie sich an sein Jodel-Diplom? An Frau Hoppenstedt im Interview für das "Frauenjournal von Radio Bremen"? Lässt man den massiven Seitenhieb weg gegen Fortbildungen mit Titeln, die keiner kennt und braucht, dann gipfelt der Beitrag im Satz: "Da hat man was Eigenes". Etwas Eigenes haben, einen eigenen Stand, das war 1978 noch nicht so selbstverständlich. Damit übersetzt Loriot den Satz aus dem ersten Buch der Bibel: "Geh deinen Weg vor mir – und sei ganz" (Gen 17,1). "Was so einfach aussah wie Klamauk, war Ergebnis großer Präzision und Mühe des Sohnes preußischer Eltern." Ein zweiter Lebens-Rat, den uns Loriot mit seinem Werk insgesamt mitgegeben hat: Erfolg kommt nicht von alleine. Was so einfach aussah wie Klamauk, war Ergebnis großer Präzision und Mühe des Sohnes preußischer Eltern. Auf seine Weise hat er sich "die Erde untertan gemacht". Warum er jetzt so ausgiebig gefeiert wurde? Vermutlich auch deshalb, weil der weißhaarige Mann sich treu geblieben ist. Loriot alias Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow bietet auch politisch Vorbildliches. In der Familientradition zunächst Soldat geworden, hat der Geehrte irgendwann einmal auf die Frage geantwortet, ob er im Zweiten Weltkrieg ein guter Soldat gewesen sei: "Nicht gut genug, sonst hätte ich am 20. Juli 1944 zum Widerstand gehört." Warum hat er sich so in unsere Herzen hineingearbeitet? Wohl weil er unser aller Sonderheiten aufs Korn genommen hat. Weil er uns dazu verholfen hat, über uns selbst zu lachen. Dinge mit Humor zu nehmen. Gemäß dem Satz, der von Papst Johannes XXIII. an sich selbst überliefert ist: "Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!" Ein Lebens-Coach ist "Pirol" (deutsch für "Loriot"), weil er uns ein Lächeln ins Gesicht und Herz zaubert bei unvergessenen Sätzen wie "Früher war mehr Lametta", "Das Bild hängt schief" oder auch nur bei "Uff da da. Uff da da!". Weil er uns vor Augen führt, wie wir aneinander vorbeireden wie im unvergessenen Streit über das 4-Minuten-Frühstücksei. Es passt, dass anlässlich seines Todes ein Club ganzseitig in einer Zeitung inserierte: "Lieber Gott, viel Spaß!"
Zur Person:
Gut und kompakt informiert zum Feierabend: Abonnieren Sie jetzt kostenlos unseren neuen WhatsApp-Kanal und erhalten den Newsletter „N'Abend, Oldenburger Münsterland“. Und nicht vergessen, die Benachrichtigungen auf dem Glocken-Symbol zu aktivieren! Hier geht es direkt zum WhatsApp-Kanal.