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PHW-Marketingexperte Stryck: Landwirte müss(t)en heute eigentlich einen Hähnchenstall bauen

Dem Hähnchen gehört nach Ansicht der PHW-Gruppe die Zukunft. Alle Statistiken zeigen: Der Trend der Konsumenten hin zum Geflügelfleisch wird sich noch verstärken.

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Kennen die Ernährungstrends sehr gut: Dr. Ingo Stryck (links) und Marcus Keitzer. Foto: Kühn

Kennen die Ernährungstrends sehr gut: Dr. Ingo Stryck (links) und Marcus Keitzer. Foto: Kühn

Noch nie waren die Herausforderungen und der Preisdruck auf den Höfen der Region so hoch wie derzeit. Das durch die Tierhaltung geprägte Oldenburger Münsterland steht am Scheideweg. Die Zukunftsfrage für viele landwirtschaftliche Betriebe lautet: „Mehr Tiere einstallen oder doch auf den Anbau von Feldfrüchten für die menschliche Ernährung setzen?“

Für Dr. Ingo Stryck, Marketingchef der PHW-Gruppe in Rechterfeld mit der Stammmarke Wiesenhof, lässt sich die Frage nach dem richtigen Weg nicht „einfach so“ beantworten. Ernährung werde individueller, zeige sich durchaus auch „Trends“ unterworfen. „Ernährung wird eben immer diverser“, weist er darauf hin, dass „wir Konsumenten der älteren Generation früher nur Kartoffeln kannten, vielleicht Reis. Heute essen wir neben viel Pasta zum Beispiel auch Bulgur – letzteres haben wir früher nicht einmal gekannt.“

Das Tierwohl spielt in der modernen Hühnerhaltung die dominierende Rolle. In der Haltungsstufe 3 wird dem Geflügel unter anderem Beschäftigungsmaterial zur Verfügung gestellt. Foto: PHW-GruppeDas Tierwohl spielt in der modernen Hühnerhaltung die dominierende Rolle. In der Haltungsstufe 3 wird dem Geflügel unter anderem Beschäftigungsmaterial zur Verfügung gestellt. Foto: PHW-Gruppe

Wenn Stryck allerdings auf die Zahlen „seiner“ Märkte schaut, zeigt sich doch eine deutliche Tendenz des Verbrauchers – hin zum Hähnchen. „Dem Hähnchen gehört die Zukunft“, sagt er dann auch. Die zunehmende Abkehr des Verbrauchers vom „roten Fleisch“, vor allem dem Schweinefleisch, und die Hinwendung zum „weißen“ Geflügelfleisch, besonders zu den Hähnchen-Produkten, belegen die Statistiken deutlich. Der Trend wird sich nicht umkehren – sagen alle Studien. Der Marketingexperte sieht daher auf die Frage Tier oder Acker nur eine Antwort: „Ein Landwirt müsste heute eigentlich einen Hähnchenstall bauen.“ Und fügt hinzu: „Dort, wo es geht, natürlich.“

„Der Geflügelbereich hat zugenommen, bedingt durch den wachsenden Hähnchenmarkt,“ erklärt der im Vorstand der PHW-Gruppe für die alternativen Proteinquellen zuständige Marcus Keitzer. Damit ein hoher Selbstversorgungsgrad mit tierischem Protein in Deutschland erhalten bleibt, „muss das Baurecht entsprechend angepasst werden“, nimmt er den Hinweis seines Marketingkollegen auf. „Der Markt wird immer Lösungen finden, um den Konsum zu befriedigen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Haltungsstufen-Thematiken stellt sich aber die Frage: Wer wird profitieren? Wenn wir hier in Deutschland nicht zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren können, werden die Ausweichbewegungen bleiben – dorthin, wo beispielsweise die Arbeitskosten und die Umweltauflagen geringer sind.“

Hähnchenerzeugung wird angesichts der positiven Marktentwicklung auch in Deutschland profitabel bleiben

Dennoch: Auch vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, in Deutschland zum Beispiel einen „offenen Stall“ zu bauen, der Diskussion um das Tierwohl und der Bedingungen der strengen Haltungsstufen „wird Hähnchenerzeugung für die Landwirte in Deutschland weiter profitabel bleiben“, sagt Stryck voraus. „Landwirte brauchen finanzielle Sicherheit, wenn sie in mehr Tierwohl investieren wollen. Nicht nur Stallumbauten müssen möglich sein, sondern auch Stallneubauten.“

Mit Blick auf den Stall sieht Keitzer die Orientierung der Verbraucher an den Haltungsstufen auch für die Erzeuger als wesentlich an. Die Bestrebung des Handels sei es, die Haltungsstufe 3 zu forcieren. „Wir sind größter Anbieter in diesem Segment. Die Haltungsstufe 3 bedeutet aber, dass rund 20 Prozent weniger Tiere im Stall sind. Eine komplette Umstellung auf diese Haltungsstufe aber würde bedeuten, dass wir mehr Ställe brauchen, mithin mehr Landwirte in dieser Vertragsaufzucht, um die gleiche Menge an Hähnchenfleisch zu produzieren.“

Moderne Hühnerställe bieten den Tieren frische Luft und Auslauf. Die Genehmigung, einen solchen Stall zu bauen oder aber einen bestehenden Stall gemäß der Tierwohlkriterien umzubauen, ist nur schwer zu bekommen. Die Auflagen sind hoch. Foto: PHW-GruppeModerne Hühnerställe bieten den Tieren frische Luft und Auslauf. Die Genehmigung, einen solchen Stall zu bauen oder aber einen bestehenden Stall gemäß der Tierwohlkriterien umzubauen, ist nur schwer zu bekommen. Die Auflagen sind hoch. Foto: PHW-Gruppe

Wenn es dann so schwierig ist, weitere Ställe im Oldenburger Münsterland genehmigt zu bekommen – wäre nicht auch ein Schwenk der Landwirte hin zum nachhaltigen Anbau von Eiweißpflanzen angebracht? Der Markt für pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte oder vegane Lebensmittel boomt doch?

Der Markt der pflanzlichen Proteine stagniert derzeit

Keitzer schüttelt verneinend den Kopf: „Auch solch ein Engagement müssen wir vom Markt und vom Konsumenten her sehen. Zunächst haben wir einen Hype erlebt. Aber jetzt ist die Nachfrage nicht mehr so dynamisch wie viele dachten. Die Überhitzung ist vorbei.“ Der Markt stagniere aktuell: „In der Realität ist zurzeit kein Wachstum mehr im Gesamtmarkt vorhanden, der aber performen muss, damit sich die Investitionen lohnen. Es herrscht derzeit unfassbar viel Druck im pflanzenbasierten Produktbereich. Wir haben auch schon Insolvenzen in diesem Marktsegment erlebt.“

Die Verbraucher reagieren zunehmend preissensibler. Im Bereich der Pflanzenproteine „spielen deshalb inzwischen die Rohstoffkosten eine große Rolle, und da ist Soja nun einmal die eiweißreichste und günstigste, aber nicht heimische Pflanze“, erklärt Keitzer. Im Zuge der Nachfrageveränderungen erlebe gerade das billigste Produkt – Tofu – eine Renaissance.

Der Proteinträger Erbse ist auf dem Acker nicht so pflegeleicht wie der Laie meinen könnte

Also als Alternative zum Soja möglicherweise Erbsen anpflanzen im OM? Dazu bedürfe es zunächst des Interesses der Saatzüchter, erklärt Keitzer. Die Entwicklung neuer Sorten dauere, denn der Einsatz von Gentechnik sei vom deutschen Konsumenten nicht gewünscht. Ein weiteres Problem: Auch die Pflanzenzüchter sähen, „dass die Märkte stagnieren“. Folge: Neue, züchterisch etwa an das hiesige Klima angepasste Sorten blieben aus. „Die Züchter handeln wirtschaftlich. Es gibt aktuell keinen Markt, damit keine Abnehmer für die neuen Sorten, also kein Geschäft.“

Aber eben dieser Einsatz der großen Saatzüchter sei auch bei der Erbse nötig, sagt Stryck. Nicht nur, dass sie viel weniger Eiweiß enthalte als Soja, sei sie auf dem Acker beileibe nicht so pflegeleicht, wie man meinen könnte. Und: Die Erbse bestehe nicht nur aus Proteinen, welche für Fleischersatz benötigt werden, sondern verfüge über einen vergleichsweise großen Anteil an Kohlenhydraten, für den man erst einen lukrativen Markt finden müsse. Vor allem aber habe sie einen typischen Eigengeschmack, den man züchterisch reduzieren müsse. „Aktuell wird zum Beispiel ein plant based Rindsburger auf Erbsenproteinbasis noch sehr aufwändig geschmacklich bearbeitet – ansonsten würde niemand herzhaft hineinbeißen“, weiß der Marketingexperte.



Info: Die PHW-Gruppe, bekannt für die Marke „Wiesenhof“, wird mit weiteren regionalen Playern am 1. OM-Forum Landwirtschaft von OM-Medien teilnehmen. Es findet am 30. September (Dienstag) im OM-Medienhaus im Ecopark in Emstek statt. Beginn ist um 17.30 Uhr. Eintrittskarten können unter http://om-online.de/agrarforum gekauft werden.


Die Veranstaltung OM-Forum Landwirtschaft wird Ihnen präsentiert mit freundlicher Unterstützung von …

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