Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

OM-Zukunftsmacherin 2023: Franziska Lamping will anderen Frauen ein Vorbild sein

Sie steckt andere Menschen mit ihrer positiven Energie an: Seit 2018 leitet Franziska Lamping das Unternehmen "Kathe Holzbau" in Vechta. Eine Branche, die immer noch von Männern dominiert wird.

Artikel teilen:
Weiß sich im Handwerk durchzusetzen: Franziska Lamping hat 2018 den Holzbaubetrieb ihres Vaters übernommen. Foto: Schulte-Saß

Weiß sich im Handwerk durchzusetzen: Franziska Lamping hat 2018 den Holzbaubetrieb ihres Vaters übernommen. Foto: Schulte-Saß

Ein Sprung ins kalte Wasser: 2018 stieg Franziska Lamping von einem auf den anderen Tag in die Geschäftsführung des Holzbaubetriebs "Kathe Holzbau" ihres Vaters ein. "Ich habe die Geschäftsführung holterdiepolter übernommen in einer wirtschaftlich schwierigen Situation", berichtet die 35-Jährige. Die ersten Jahre seien herausfordernd gewesen, aus vielerlei Gründen. Zum einen, weil Lamping zu dem Zeitpunkt mit ihrem zweiten Kind schwanger war, und zum anderen, weil sie die Firma einmal auf links ziehen musste, um die Auftragslage zu verbessern. "Wenn ich sehe, was wir bis heute geschafft haben, können wir als Team echt stolz sein."

Aus einer anfangs von vielen Menschen unterschätzten jungen Frau wurde eine erfolgreiche Unternehmerin, die mit ihrem Wissen, ihrer Eloquenz, ihrer Ausstrahlung, aber auch mit ihrem Durchsetzungsvermögen in einer immer noch von Männern dominierten Branche zu überzeugen weiß. 

Anfangs gab es ein Anerkennungsproblem

Dass sie "alles schaffen kann", weiß sie spätestens seit ihrer Studienzeit in München. 6 Jahre war sie dort, um sich dem Bauingenieursstudium zu widmen. Ein Auslandsemester verbrachte sie allein in Australien, flog auch nach Neuseeland. Beide Länder bereiste sie größtenteils mit dem Fahrrad, "das war ein echtes Abenteuer, denn die Strecken sind keineswegs mit den Routen hier im Oldenburger Münsterland vergleichbar. Aber ich habe nicht aufgegeben und mich durchgebissen, mir war klar, wenn andere das können, kann ich das schon lange", sagt die Mutter von drei Kindern und ergänzt: "Wenn man eine solche Herausforderung schafft, wächst das Vertrauen in sich selbst."


Alle Informationen zur Zukunftsmacherin 2023 finden Sie auf unserer Themenseite.


Zum Ende ihres Studiums lernte Lamping, während eines Heimatbesuchs, ihren Ehemann kennen. Auch er hat den elterlichen Betrieb in Vechta übernommen. Zunächst führten beide eine Fernbeziehung, dann wurden sie mit ihrer Familie in Vechta sesshaft. 

Offen gibt Lamping zu, dass sie anfänglich ein Anerkennungsproblem innerhalb der Firma hatte, "weil plötzlich nicht mehr mein Vater das Sagen hatte, sondern ich. Eine Frau."  Aus diesem Grund habe sie auch die eine oder andere personelle Entscheidung treffen müssen, um ein neues Team zusammenzustellen, "heute gibt es dieses Problem nicht mehr". Ihren Führungsstil bezeichnet Lamping als wertschätzend und kommunikativ-konsequent, diesen fordert sie im Umkehrschluss auch von ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ein. Nichtsdestotrotz, so sagt sie, "braucht es auch eine gewisse Härte, um eine Baufirma zu leiten. Ich kann weiblich und verständnisvoll sein, aber auch hart durchgreifen und hart verhandeln. Das eine schließt das andere nicht aus." 

"Mir muss niemand etwas erklären, wenn er mittags los muss, um sein Kind abzuholen."Franziska Lamping

Als Mutter von drei Kindern lebt sie ein modernes Arbeitsbild, "eine Woche nach der Geburt meines dritten Kindes saß ich wieder im Büro. Ich habe an Projektbesprechungen teilgenommen und gleichzeitig gestillt", sagt sie und lacht bei dieser Erinnerung. Bei der Erziehung ihrer beiden Söhne und ihrer Tochter werde sie vollends von ihren Eltern unterstützt, "aber auch mein Ehemann zieht voll mit", berichtet sie. Die Basis seien sowohl eine gute Kommunikation als auch eine gute Organisation. 

So nimmt sich Lamping beispielsweise während eines Arbeitstages die Flexibilität heraus, Arzttermine mit den Kindern wahrzunehmen oder sie mittags aus dem Kindergarten abzuholen. Folglich erhielten auch ihre Angestellten diese Flexibilität, auch die Männer. "Mir muss niemand etwas erklären, wenn er mittags los muss, um sein Kind abzuholen. Es ist ein Geben und Nehmen, das nur nicht ausgenutzt werden darf", betont Lamping.

Sie selber sagt über sich, "ich liebe es, zu arbeiten. Ein Halbtagsjob wäre nicht meins. Ich könnte auch nicht in einem Angestelltenverhältnis arbeiten, ich brauche den Ansporn, für den Erfolg der Firma, für meine Familie und somit am Ende für mich tätig zu sein". Dass es viele Frauen gibt, die sich für das Teilzeitmodell entscheiden oder gar der Kinder zuliebe ganz zu Hause bleiben, verurteilt die 35-Jährige nicht. Im Gegenteil. "Jedes Modell ist erlaubt, es muss nur für die Familie passen, und jedes Familienmitglied muss mit der getroffenen Entscheidung im Reinen sein und sich nicht in eine Rolle gezwängt fühlen, ganz egal, welcher Weg eingeschlagen wurde." 

Sie ist der Kanarienvogel in der Branche

In diesem Zusammenhang betont Lamping: "Frauen, die zu Hause bleiben und Kinder großziehen, haben einen richtig anstrengenden Job und bekommen aus meiner Sicht oftmals zu wenig Anerkennung für das, was sie leisten." Das sei das Tragische an dem System.

Die Kombination aus Arbeit, Kindern und Familie schenke ihr viel Energie, und "wenn ich nicht glücklich bin, bin ich auch keine gute Mutter", ist die Vechtaerin überzeugt. Zudem brauche sie regelmäßig ihre Sporteinheit – als Ausgleich. 

Dass das Handwerk eine Männerdomäne ist, stört die 35-Jährige nicht. Dennoch merke sie manchmal, dass Männer in gleichen Positionen oft nicht wüssten, wie sie mit ihr umzugehen hätten. "Aber meist merken sie schnell, dass sie mit mir genauso ‚schnacken‘ können, erst recht fachlich. Ich hole sie aus ihrer Komfortzone raus und räume mit Vorurteilen auf. Allerdings muss ich auf sie zugehen, ich bin der Kanarienvogel in dieser Branche", erklärt Lamping. 

"Wenn es innerhalb einer Familie einen Sohn gibt, steht oft automatisch fest, dass dieser die Firma weiterführt, auch wenn die Tochter ebenso qualifiziert ist. Das ärgert mich."Franziska Lamping

Dass es immer noch viele Vorurteile gibt, weiß die Vechtaerin nur zu gut. Das fange beispielsweise bei der Unternehmensnachfolge an. "Wenn es innerhalb einer Familie einen Sohn gibt, steht oft automatisch fest, dass dieser die Firma weiterführt, auch wenn die Tochter ebenso qualifiziert ist. Das ärgert mich." Für Männer sei es oftmals bequem, an alten Strukturen festzuhalten, das betreffe auch den Familienalltag. "Natürlich ist es bequemer, nachts nicht aufzustehen, wenn das Kind weint, und mittags eine warme Mahlzeit serviert zu bekommen", scherzt Lamping.

Sie selber wolle ein Vorbild für junge Frauen sein und alte Denkmuster aufbrechen. Das fange im Kleinen an, bei ihrer Familie, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen oder ihren Kollegen und Kolleginnen. Besonders bei ihrer Tochter Charlotte achte sie darauf, dass sie "niemals denken soll, irgendwas nicht schaffen zu können, nur weil sie ein Mädchen ist". Sie habe den Eindruck, dass Frauen oft zurückstecken, daher brauche es Rollenvorbilder, die zeigen, dass es auch anders geht. "Ich möchte jemand sein, der andere Frauen begeistert, ihnen Tür und Tor aufmacht, von Frauen für Frauen", sagt sie und strahlt dabei über das ganze Gesicht. Jedes Wort nimmt man ihr ab und man spürt ihre ansteckende Energie.


Hintergrund:

  • Die OM-Medien zeichnen 2023 zum zweiten Mal eine Entscheiderin aus dem Oldenburger Münsterland, die in besonderer Weise die gesellschaftliche Entwicklung vorantreibt, mit dem Award "OM-Zukunftsmacherin“ aus.
  • Die Auszeichnung findet am 29. Juni in Thüle statt.
  • Gesucht wird aus 100 Kandidatinnen eine Nachfolgerin für Sarah Dhem aus Lastrup, die 2022 den Preis entgegengenommen hat.
  • Alles zur Vorgeschichte, zur Jury und zu Vernetzungsmöglichkeiten finden Sie hier.

Das neue E-Paper ist da: Mit einem deutlich besseren Lesekomfort inkl. Vorlesefunktion, täglichen Rätseln und einer Audiothek. Ab sofort erhältlich unter mein.om-online.de oder im App-Store bzw. Google-Playstore.  

Das könnte Sie auch interessieren

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

OM-Zukunftsmacherin 2023: Franziska Lamping will anderen Frauen ein Vorbild sein - OM online