Müsli made in Neuenkirchen-Vörden
Auf dem Hof Schiebe in Neuenkirchen entsteht eine Nussplantage. Auf dem Anwesen gibt es allerdings noch mehr zu entdecken.
Ilona Ebenthal | 26.09.2023
Auf dem Hof Schiebe in Neuenkirchen entsteht eine Nussplantage. Auf dem Anwesen gibt es allerdings noch mehr zu entdecken.
Ilona Ebenthal | 26.09.2023
Benny Weil zeigt, wie die vom Boden aufgelesenen Nüsse vorsortiert werden. Foto: Ebenthal
Seit 2 Jahren wachsen rund um den Hof Schiebe an der Straße „Zur Müße“ in Neuenkirchen-Vörden viele Nussbäume, zu deren Füßen Freilandhühner laufen. Was der Hof sonst noch zu bieten hat und welche Pläne verfolgt werden, erfuhren die Frauen vom Integrationsfrühstück kürzlich vom Chef Benny Weil persönlich. Mit der Besuchergruppe wurde bereits der 600. Gast einer Hofführung in diesem Jahr gezählt. Der gelernte Landwirt und studierte Agraringenieur Benny Weil sagt, sein Wunsch sei immer gewesen, selber aktiv Landwirtschaft zu betreiben, denn „die Landwirtschaft vermittelt noch Werte, die ich gerne an meine Kinder weitergeben will.“ Als leidenschaftlicher Jäger lernte der Dammer bei einer Jagd in Brandenburg Europas größten Walnussbauern kennen und erfuhr, dass in Deutschland nur 2 Prozent des gesamten Umsatzes produziert werden. Eine Reportage über eine weitere Walnussmanufaktur und das Angebot, den Hof Schiebe zu erwerben, ließ bei ihm letztendlich den Entschluss reifen, hier neu einzusteigen. Rund um den Hof wachsen nun auf rund 4,5 Hektar 580 Bäume mit fünf verschiedenen Walnusssorten, deren Unterschiede die Frauen beim Frühstück fühlen und schmecken durften. Aus Ungarn, Österreich, Tschechien, Frankreich und der Slowakei stammen die jungen Bäume, weil es in Deutschland so gut wie keine Veredelung mehr gibt. Walnüsse mit rotem Schalenkern, faustgroß, zum Basteln für die Floristik bestens geeignet, oder die besonders ertragreichen, die an Bäckereien geliefert werden. Demnächst sollen sie auch das Studentenfutter sowie ein Müsli „made in Neuenkirchen“ bereichern. Schlussendlich wächst im Süden des Landkreises Vechta nun die Sorte mit der glatten Schale, die mit ihren ausgewogenen Bitterstoffen ausschließlich für die Ölproduktion angebaut wird. Das Pressen übernimmt übrigens der Hof Künne in Ankum. Auch wenn die Bäume erst 2 Jahre stehen, wachsen unerwartet schon Nüsse. Der Boden scheint perfekt zu sein – „sandig, nährstoffarm, kalkreich und keine Staunässe“, wie Benny Weil erklärt. Aktuell kauft er Bestände aus privaten Gärten auf, denn voraussichtlich werden erst in 5 bis 7 Jahren die angestrebten Erträge erreicht. Die Nussschalen sollen zu Grillpellets, die dünneren Zwischenschalen zu Nierentee verarbeitet werden. Ein Zulassungsverfahren laufe schon, sagt der Unternehmer, der auch zwei Sorten Haselnusssträucher angepflanzt hat. Ein Likörhersteller habe bereits angefragt; die gewünschte Menge konnte er noch nicht liefern. Doch der Hofladen bietet noch viel mehr als Nüsse. So bunt wie die frei laufenden Hühner rund um die mobilen Ställe sind auch deren Eier, wie die grünen der Rasse Araucana. Die aktuell 900 Legehennen werden zwar nicht mit gentechnisch veränderter Soja gefüttert, laufen aber auch nicht unter dem Bio-Siegel, was noch arbeits- und kostenintensiver wäre. So sei es möglich, ein Freilandei für 30 Cent zu verkaufen, wobei der Durchschnittspreis bei 42 Cent liege. Verkauft wird ausschließlich an Endkunden, an Gaststätten, Bäckereien und über den Hofverkauf. An der Straße „Am Fuerboll“ in Sichtweite der Hühner gibt es einen großen überdachten Verkaufsautomaten. Einen Unterstand für seinen Fuhrpark inklusive Werkstatt möchte er an der Grundstücksseite Richtung Firma Thamann bauen, auch um Elektrik und Versorgung zu verlegen und die Sanierung des alten Hofgebäudes in Angriff nehmen zu können. Auch wenn „die Substanz gar nicht so schlecht“ sei, muss hier doch ziemlich viel passieren. Nach langem Leerstand war das Anwesen zu einer Ruine mutiert. Benny Weil will das Gebäude rekonstruieren „so wie früher 1751“. Vielleicht mit Co-Working-Plätzen im Dachgeschoss und einem Bauerncafé. „Hier muss Leben stattfinden“, stellt der Unternehmer fest und trifft auf einhellige Zustimmung bei seiner Besuchergruppe, die viel Neues erfuhr. Zum Beispiel, dass 98 Prozent der weltweiten Haselnuss-Produktion aus der Türkei stammt, dass drei Teilzeitangestellte und Weils Schwiegervater in Neuenkirchen „wahnsinnig viel Arbeit“ haben, dass nur im Sichtbereich des Hofes das Gras gemäht wird und auf dem übrigen Gelände schon die Feldlerche gesichtet wurde, dass jeder Handgriff inklusive Gewicht des Ertrags pro Baum akribisch notiert wird, dass sechs Eier in jedem Kilogramm der hofeigenen Nudeln stecken und dass die Dinkelvollkornsorte zurzeit der Renner ist. Mit Blühstreifen möchte Benny Weil Insekten anlocken und somit auch Vögel, die einzige mögliche Bekämpfung der Walnussfruchtfliege. Von Kindergartenschützlingen angemalte Nistkästen hängen schon jetzt an fast jedem Befestigungspfahl. An weiteren „Flächen, die für die klassische Landwirtschaft unbrauchbar sind“, also auch „mitten im Ort“, ist sein Unternehmen sehr interessiert. Denn auch die „Finkenwerder Deichnuss“ soll demnächst in Neuenkirchen-Vörden wachsen.580 Walnussbäume
Grüne Eier im Mobilstall
Dinkelvollkornnudeln beliebt
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