Was für ein Monstrum: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz der Bundesregierung ist nicht nur ein Wortungetüm, es ist zugleich das Schreckgespenst der deutschen Wirtschaftsverbände. Ja, die Bürokratie dahinter scheint für viele Unternehmen in der Tat schrecklich, wie auch der Industrieverband BDI kritisiert. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das angebliche Bürokratiemonstrum als nur mäßig bedrohlich, weil im Vorfeld schon durch kräftige Lobbyarbeit arg entschärft. Zudem gibt es sehr viele gute Gründe, warum wir ein Lieferkettengesetz für eine nachhaltig funktionierende Wirtschaft brauchen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat Recht, wenn er sagt, dass global erwirtschaftete Gewinne auch globale Verantwortung mit sich bringen. Um diese Verantwortung hat sich die deutsche Wirtschaft in der Vergangenheit gerne gedrückt. Ihr waren die Arbeitsbedingungen für Menschen in der sogenannten Dritten Welt schlichtweg egal. Ob Arbeiterinnen und Arbeiter in der asiatischen Textilindustrie durch unzureichenden Schutz vergiftet wurden, ob Kinder auf Kakaoplantagen in Westafrika schuften mussten – solange kein Skandal hochploppte, konnten die hiesigen Unternehmen gut damit leben. Gewinne waren wichtiger als Moral.
Dabei haben die Lieferkettenprobleme des vergangenen Jahres gezeigt, dass viele Firmen auch bei der Diversifizierung ihrer Lieferanten schlecht aufgestellt waren und Lehrgeld bezahlen mussten. Lieferketten- verbunden mit Risiko-Management ist also sowieso ein Gebot der Stunde. Warum ein Verband wie der BDI ein so großes Monstrum davon macht, ist daher völlig unverständlich. Es ist sogar äußerst ignorant gegenüber den Menschen, die auch für unseren Wohlstand irgendwo auf der Welt hart arbeiten.