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Wie ein Waffenstillstand aussehen könnte

Thema: Verhandlungen im Ukraine-Krieg – So paradox es klingt: Ein neuer Eiserner Vorhang wäre jetzt die beste Option für die Ukraine.

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Was Putin von der Ukraine will, ist klar: Die Landstriche, die er schon erobert hat, plus die noch nicht besetzten Teile der südöstlichen Provinzen. Außerdem will er Kiew auf Dauer einen Nato-Beitritt verbieten und die westliche Waffenhilfe stoppen. Wenn er das alles bekäme, hätte er freie Bahn: Er könnte die Ukraine bald ganz erobern. Oder in Kiew ein Moskau-höriges Regime installieren. Oder beides. Dann wäre, im Wortsinn, Polen offen.

Was kann das Verhandlungsziel Europas und Kiews in dieser Phase sein? Kurzfristig muss ein Waffenstillstand erreicht werden. Damit nicht weiter sinnlos gestorben wird, denn der Krieg bewegt nichts mehr. Das bedeutet den ukrainischen Verzicht auf eine Rückeroberung russisch annektierter Gebiete. Doch es muss die Möglichkeit bleiben, dass die Menschen dort irgendwann selbst über ihre Zukunft bestimmen können. Deshalb ist eine völkerrechtliche Anerkennung der Annexionen, auch der Krim, wie sie Donald Trump in Spiel gebracht hat, ausgeschlossen.

„So paradox es klingt: Ein neuer Eiserner Vorhang wäre jetzt die beste Option für die Ukraine.“

Es ist ein bisschen wie im geteilten Deutschland, und vielleicht muss man Trump an die ruhmreiche Rolle erinnern, die die USA hier spielten. Die deutsche Frage blieb trotz Mauer und Stacheldraht immer offen. Aber beide Seiten einigten sich darauf, an den Grenzen nicht zu rühren. Sie belauerten sich, aber sie schossen nicht. Sie trieben sogar Handel miteinander. Bis dann 1989 die DDR-Bürger in Freiheit über die Wiedervereinigung entscheiden konnten.

So paradox es klingt: Ein neuer Eiserner Vorhang wäre jetzt die beste Option für die Ukraine. Die EU, Großbritannien und andere westliche Staaten sind dafür zentral. Sie müssen helfen, das Land militärisch und wirtschaftlich so resilient zu machen, dass Putin einen neuen Überfall nicht wagt. Und sie müssen sich einig sein, Annexionen nicht zu legalisieren, bis die Bevölkerung im Donbas frei entscheiden kann.

Scheinfrieden brächte noch mehr Krieg

Das schließt nicht aus, dass der Westen, wenn der Waffenstillstand funktioniert, wieder Handel mit den annektierten Gebieten und auch mit Russland selbst betreibt. So wie die BRD und die DDR es auch taten. Ein Ende der Sanktionen, das könnte man Moskau jetzt im Gegenzug anbieten. Und eine Respektierung der aktuellen Grenzen entlang des Frontverlaufs. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr.

So könnte eine Lösung aussehen. Ein Diktatfrieden zu Lasten der Ukraine hingegen, wie ihn Donald Trump offenbar anstrebt, würde den Aggressor nur zu neuen Angriffen ermuntern. Ein solcher Scheinfrieden brächte letztlich – noch mehr Krieg.


Zur Person:

  • Der Lohner Werner Kolhoff hat für den Berliner Tagesspiegel und die Berliner Zeitung gearbeitet, war Sprecher des Senats und leitete ein Korrespondentenbüro.
  • Heute ist Kolhoff in Berlin als politischer Kolumnist tätig.

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