Nach einem Jahr "Zeitenwende" hat sich Olaf Scholz (SPD) als Krisenkanzler bewiesen. Von einer rundum erneuerten Republik ist Deutschland allerdings weit entfernt.
Die Erfolge: Die Wirtschaft ist trotz Corona-Pandemie am Leben. LNG-Terminals wurden im Rekordtempo gebaut, um uns unabhängiger von russischem Gas zu machen. Die Ampel hat das Bürgergeld eingeführt, das Zuwanderungsgesetz reformiert. Es wurden Partei-Tabus gebrochen. Die Grünen willigten ein, die Atom- und Kohlekraftwerke weiterlaufen zu lassen. Die SPD ging Kompromisse mit der CDU bei der Reform der Sozialsysteme ein. FDP-Chef Christian Lindner gewährleistete milliardenschwere Hilfen für die Wirtschaft und die Bundeswehr.
Mangelnde Kommunikation erschwert Zerstrittenheit
Und damit zur Kritik: Es hapert oft noch an der Umsetzung. Die 100 Milliarden Euro Sondervermögen sind bislang unverbraucht. Beim Tankrabatt und der Gaspreisbremse hat sich die Regierung mit dem Gießkannenprinzip völlig verzettelt. Erneuerbare Energien werden nach wie vor viel zu langsam ausgebaut. Die Digitalisierung kommt viel zu kurz, wie der Wohnungsbau oder eine Reform der Bildungspolitik. Außenpolitisch übernimmt Deutschland mehr Verantwortung, aber der Umgang mit China als Wirtschaftspartner ist zu zaghaft.
Alles in allem wird die Zerstrittenheit des Dreierbündnisses durch die mangelnde Kommunikation von Kanzler Scholz zunehmend erschwert. Die Ampel muss schnell umschalten und den Modernisierungsmotor anwerfen, weg vom reinen Krisenmanagement.