Das Urteil ist klar – und birgt politischen Sprengstoff: Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen eklatanten Mangel an Transparenz beim Kauf der Covid-19-Impfstoffe bescheinigt. Zu viele Passagen in den veröffentlichten Dokumenten sind geschwärzt. Die angeblich dafür ursächlichen geschäftlichen Interessen der Unternehmen konnten nicht plausibel dargelegt werden.
Es zeigt sich: Da ist nach Gutsherrenart im ganz großen Stil vorgegangen worden. Und Ursula von der Leyen trägt die Verantwortung. Man muss ihr mit Blick auf die Corona-Zeit zugute halten, dass sie die EU sehr gut durch die Krise gesteuert hat. Doch: Gab es zu viele Zugeständnisse an die Pharmahersteller, um den Rückstand bei der Bestellung von Vakzinen aufholen zu können? Das muss zwingend aufgearbeitet werden.
Ein Glaubwürdigkeitsproblem kommt hinzu
Offen ist zudem, was in einem zweiten Fall das Verfahren der belgischen Justiz und die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem viele Milliarden Euro schweren Biontech-Deal ergeben. Hier geht es um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Korruption. Stichwort: geheime SMS.
Wenn von der Leyen sich am Donnerstag dem Europäischen Parlament zur Wiederwahl stellt, ist eine Mehrheit alles andere als sicher – das gilt nach dem Luxemburger Richterspruch umso mehr. Ihr droht ein Desaster. Sollte sie das Votum für eine zweite Amtszeit erhalten, steht sie geschwächt an der Spitze der EU-Kommission. Ein arges Glaubwürdigkeitsproblem hätte sie noch dazu. Schließlich will und muss die EU die globale Speerspitze der Demokratie sein – und die ist auch eine Verhaltensfrage der Mächtigen.