Was nicht omnipräsent ist und millionenfach geklickt wird, hat keine Relevanz. Diesen Eindruck vermittelt die bunte Online-Welt. Das Schlimme daran: Der Eindruck verfestigt sich immer mehr im realen Leben.
Beispiel: Der russische Angriff auf die Ukraine ist zweifelsfrei grausam und gehört beendet, er dominiert aber auch die Berichterstattung derart, als ob es nur diesen einen Konflikt gäbe. Dem ist aber nicht so. Aktuell toben 22 Kriege weltweit. Die meisten davon sind hierzulande kaum bekannt oder in Vergessenheit geraten, etwa die seit Langem anhaltenden Auseinandersetzungen in Syrien oder dem Jemen.
Wer es noch nicht mitbekommen hat, weil er oder sie auf den News-Seiten im Internet nicht bis ganz nach unten gescrollt und keine Push-Mitteilung aufs Handy bekommen hat: Seit Samstag gibt es einen weiteren Krieg. Im Sudan im Nordosten Afrikas kämpfen zwei Armeen gegeneinander, deren Anführer sich im Jahr 2021 gemeinsam an die Macht geputscht hatten und dann zu verfeindeten Gegnern wurden. Binnen einer Woche sind 300 Menschen gestorben, 3000 wurden verletzt.
Aktiv informieren, statt passiv informiert zu werden
Medial und gesellschaftlich ist die Aufmerksamkeit eher gering. Warum? Weil die geografische Nähe fehlt? Wahrscheinlich. Weil allgemein die Betroffenheit fehlt? Ganz sicher, schließlich löst der Krieg im Sudan keine Energiekrise und keine steigenden Preise aus. Schuld an diesem mangelnden Interesse sind aber nicht allein die Medien und das Internet. Jeder kann sich aktiv über die Geschehnisse informieren und muss sich nicht darauf auszuruhen, passiv informiert zu werden.
Wie auch immer: Wegschauen und ignorieren ist für alle Beteiligten keine Lösung. Denn irgendwann rückt auch dieser Konflikt näher. Spätestens dann, wenn verzweifelte Sudanesinnen und Sudanesen an die Tür Europas klopfen. Diesen Menschen muss jetzt geholfen werden, egal ob ein Algorithmus das für wichtig erachtet oder nicht. Alles andere wäre unmenschlich.