Nun ist es also raus: Bundesinnenministerin Nancy Faeser will in den kommenden Monaten den Spagat wagen zwischen ihrem Amt als Bundesinnenministerin und Spitzenkandidatin der SPD bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober. Letzteres ist dann also eine Kandidatur mit Netz. Denn wenn sie nicht die Regierungsgeschäfte in Hessen übernehmen sollte, bleibt sie halt Ministerin. Aus Sicht der Sozialdemokratin sicher nachvollziehbar. Aber eben nur aus ihrer Sicht.
Gegen den von ihr eingeschlagenen Weg sprechen mehrere Gründe. Einer: Das Amt als Bundesinnenministerin erfordert angesichts der vielen Krisen in diesem Land die ganze Frau, nicht nur die halbe. Sprich: Ein Ministerium zu leiten und gleichzeitig einen kompletten Landtagswahlkampf durchzuziehen, lässt sich nicht miteinander vereinbaren.
Wie wäre es mit Nachhilfe bei Norbert Röttgen?
Ein anderer Grund: Was soll eigentlich der hessische Wähler denken, wenn jemand sich offenbar nur dann im Bundesland einbringen will, wenn er die Landesregierung führen darf, ansonsten Hessen aber ganz schnell wieder die kalte Schulter zeigt? Verbundenheit sieht irgendwie anders aus, auch wenn Faeser schon seit November 2019 Vorsitzende der SPD in Hessen ist.
Im Übrigen könnte die Sozialdemokratin Nachhilfeunterricht beim CDU-Politiker Norbert Röttgen nehmen. Der trat 2012 bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen als Spitzenkandidat an, war gleichzeitig Bundesumweltminister. Nach der Wahlniederlage weigerte er sich, in den Landtag zu wechseln. Kanzlerin Merkel reagierte vollkommen richtig: Sie entließ ihn als Minister. Ob ihr Nachfolger Scholz sie als Vorbild nimmt, wenn Faeser in Hessen unterliegt?