Das Foto hat ikonisches Potenzial: US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj sitzen sich im Petersdom gegenüber. Diener haben eilig zwei Stühle gebracht, die Zeit ist knapp, denn eigentlich sind beide Politiker zur Beerdigung des Papstes nach Rom gereist. Selenskyj spricht, sein Blick ist ernst. Trump sitzt vorgebeugt und ja – er scheint dem Ukrainer tatsächlich aufmerksam zuzuhören.
Eine gute Viertelstunde dauert das Treffen. Ob es eine Wende in der amerikanischen Russlandpolitik herbeigeführt hat, ist völlig offen. Trump äußerte sich anschließend zwar nachdenklich und machte erstmals dem Aggressor Vorwürfe, drohte gar eine härtere Gangart gegenüber Putin an. Doch wie schnell der 78-Jährige seine Meinung auch wieder ändern kann, hat er vielfach bewiesen. Der Wunsch in der Ukraine und in ganz Europa, Trump möge endlich Druck auf Putin ausüben, um zu einem gerechten Frieden zu gelangen, hat seit dem Wochenende jedoch wieder neue Nahrung erhalten.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Trumps vornehmliches Ziel bleibt, die USA aus dem Konflikt herauszubekommen. Ob der Donbass am Ende zur Ukraine oder zu Russland gehört, ist ihm herzlich egal. Die Hinhaltetaktik Putins und die unaufhörlichen Bombardierungen ukrainischer Städte dürften allerdings sein Ego gekränkt haben. Vielleicht dämmert ihm, dass der Russe ihn die ganze Zeit über vorführt. Putin könnte sein Spiel langsam überreizen. Wahrscheinlich folgt deshalb in Kürze die nächste Charmeoffensive aus Moskau. Es ist kaum zu glauben, wie banal Weltpolitik sein kann.