Es sind wichtige Signale, die vom Deutschland-Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ausgehen – und sie sind verbunden mit deutlichen Appellen an die Bundesregierung. Macron hat ein weiteres Mal die Bedeutung einer gemeinsamer Führungsrolle Deutschlands und Frankreichs für die Zukunft der Europäischen Union so sehr hervorgehoben, dass es einer Mahnung in Richtung Bundeskanzler Olaf Scholz gleichkam, in die ausgestreckte Hand einzuschlagen.
Die Aufforderung war so dringlich, dass sie zugleich eine massive Kritik an Berlins bisheriger Verweigerung beinhaltete. Eben deswegen gerieten Macrons Auftritte während seines dreitägigen Deutschlandbesuchs kurz vor der Europawahl nicht zur Wahlkampfhilfe für die Sozialdemokraten und ihre Ampelpartner.
„Scholz aber ist noch dem alten Denken verhaftet, dass vor allem die Vereinigten Staaten den Schutz der Europäer übernehmen und dass Peking durch ökonomische Bande eingehegt werden kann.“
Ohne Frankreich und Deutschland als gemeinsamen Motor steht die EU so gut wie still – und verlegt sich aufs Klein-Klein der Regulierung. Genau das ist seit Jahren der Fall. Doch die EU hat das Potenzial, zu einem gewichtigen globalen Akteur zu werden – und Macron stößt genau in die Richtung vor mit dem sehr angebrachten Verweis auf die Verantwortung sich selbst gegenüber. Er fordert mehr europäische Souveränität, mehr Unabhängigkeit von den USA in militärischer und von China in wirtschaftlicher Hinsicht.
Scholz aber ist noch dem alten Denken verhaftet, dass vor allem die Vereinigten Staaten den Schutz der Europäer übernehmen und dass Peking durch ökonomische Bande eingehegt werden kann – zum Wohle der deutschen Automobilindustrie. Beides ist ein Trugschluss. Der Visionär Macron ist der Realist von beiden.