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Wenn die Uhren plötzlich anders gehen

Kolumne: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Manchmal genügt schon die Höhe der Bettkante, um uns artistische Einlagen abzuverlangen.

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Herbsturlaub: Tapetenwechsel, einfach mal raus – was anderes sehen. Doch mit den Jahren lernt man, dass es längst nicht damit getan ist, acht weiße Hemden und Segelschuhe in den Koffer zu juckeln. Die wahren Herausforderungen warten nämlich im Ferienhaus auf uns – an jeder Ecke und mit jedem zweiten Handgriff. Alles, was zu Hause mit links funktioniert, will in neuer Umgebung mit rechts erst erlernt werden. 

Der Kaffee am ersten Ferientag: „Dübel, nomaol! Der läuft ja so durch!“ Klar, daheim wissen wir: vier Tassen Wasser, drei Schuber Kaffeemehl. Und in Westerland hänge ich dann morgens im karierten Flanell über der Arbeitsplatte, um an der fremden Maschine überhaupt erst eine Wasserskala aufzutun und im Endeffekt vier Kaffeepötte Mokka an den Brötchenkorb zu wuchten.

Umso entspannter geht hinterher das Duschen vonstatten. Denn es braucht nicht mehr als 8 Minuten und ein halbes Hörnumer Hafenbecken Wasser, bis wir den Duschkopf an der Stange so festgedübelt haben, dass uns das heiße Nass nicht permanent zur Hälfte am linken Ohr vorbeipfeift. 

Auch das Bett hat im Ferienhaus grundsätzlich Höhen und Tiefen, die wir von daheim nicht gewohnt sind. Ist das beim abendlichen Einstieg in die Waagerechte noch vergleichsweise irrelevant, führt uns das morgendliche Sockenanziehen schonungslos vor Augen, dass es hier auf der Bettkante ganz neuer Hüftwinkel und unwürdiger Balanceakte bedarf.

Ein Backofen, geeignet für den Bronzeguss

Und wieviel Salz braucht das Frühstücksei? „Gut, dass du das verklebte dritte Loch im Streuer noch mit dem Zahnstocher aufgepröckelt hast..! Mach mal Mülleimer auf!“

Da wir im Urlaub auch nicht auf die Uhr gucken, ist es geradezu schnurzpiepegal, dass die Musikanlage im Wohnzimmer die Zeitumstellung verpennt hat. Obwohl… Nur 10 Minuten und eine an der TV-Kombination angeschlagene Kniescheibe später tickt das Display auch schon wieder sauber. So ist‘s halt, wenn man noch mit „Tic Tac“ statt „TikTok“ großgeworden ist.

Wenn erst der Abend kommt: Als treue ZDF-Küchenschlacht-Zuschauer wissen wir dank Johann Lafer: „Jeder Backofen ist anders, Leute!“ Das willste gern glauben, wenn der Pizzarand schon schwarz ist, während der Thunfisch im Zentrum noch mit der Flosse grüßt.

Doch, Freunde der Kurtaxe, ich will nicht verschweigen, auf manches ist zugegebenermaßen auch in der Fremde Verlass: Wenn der Eierkocher nämlich brummt, hängste unter Garantie gerade mit beiden Händen im Spülwasser. Und hebste den Deckel dann ab, verbrühste dir fein die Griffel – und das zwiebelt im Urlaub fast so schön wie zu Hause!


Zur Person:

  • Heiko Bosse ist Mitglied der Chefredaktion der OM-Medien.
  • Der Kontakt zum Autor ist möglich unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.

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