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Wenn die Münsterlandhalle dem Brainstorming zum Opfer fällt

Gästebuch: Montag, 9 Uhr – Traditionelle Lagebesprechung im Cloppenburger Rathaus. Dabei entstehen die interessantesten Ideen. Denn Fantasieren darf ja wohl noch erlaubt sein.

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„Lage! 9 Uhr alter Sitzungssaal.“ So hallt es montagmorgens durch die Flure des Cloppenburger Rathauses. Wobei es „Lage“ ja eigentlich nicht mehr heißen soll. Klingt so altmodisch, findet der Chef, lieber „modern working“ oder seinetwegen auch „modern talking“. Lage riecht so nach Besprechung und Fakten: klar, knapp und konkret. Manche in der Behörde hatten „Lage“ auch mit einem Standort für Weinanbau verwechselt. Also forderte der neue Besen: Denken wir doch mal außerhalb der Reihe, wagen wir das Undenkbare, an das, worauf keiner kommt. Kreative Kollegen. Ja, nickt Kollege Meyer („mit Ypsilon bitte“), der Bürgermeister ist schon auf der Höhe der Zeit.

Statt „Lage um neun“ ist jetzt also „Brainstorming“ angesagt. Für Ewiggestrige ist das die neue Methode zur Ideenfindung. Wir wollen ungewöhnliche, noch nie dagewesene Ideen in einer Gruppe von Menschen fördern, bringt es der Bürgermeister in seiner unnachahmlichen Art mal wieder auf den Punkt und schließt, eingedenk seines Hangs zum Anglophilen, mit dem Satz „using the brain to storm a problem“, wörtlich „das Gehirn verwenden, um ein Problem zu stürmen“. Das wäre doch gelacht.

Dann werden sie von der Leine gelassen, um loszustürmen. Kollege Meyer ist natürlich dabei, Karmann für die Verwaltung, Schmidtke für das Marktgeschehen und natürlich Schussel für den Verkehr. „Kopfsalat Männer“, greift der Chef zu plastischer Motivation.

"Nun muss man dazu wissen, dass beim Brainstorming Kommentare, Korrekturen und Kritik verboten sind. Ausdrücklich erlaubt sind ,freies Assoziieren und Fantasieren'."

Das lässt sich Kollege Schussel, Teil der Denkrunde, nicht zweimal sagen: "Wir könnten zusätzlich zur Emsteker Straße auch noch parallel die Fritz-Reuter-Straße dicht machen. Dann hätten wir endlich vollkommenen Stillstand und die Leute hätten Zeit zum Nachdenken." Nun muss man dazu wissen, dass beim Brainstorming Kommentare, Korrekturen und Kritik verboten sind. Ausdrücklich erlaubt sind „freies Assoziieren und Fantasieren“. So folgt erst einmal betretenes Schweigen auf Schussels Einwurf, wobei Kollege Meyer hinter vorgehaltener Hand zum Nachbarn raunt: „Will der die Stadt völlig kaputtmachen mit seinen Sperrungen?“ Alle erinnern sich an die schwindende Kaufkraft in den vergangenen Sperr-Wochen und hoffen, dass Schussel sich festfährt.

Weiter so, drängt unablässig der Chef. Da meldet sich der sonst wenig gesprächige Schmidtke, der endlich sein Gehirn auch eingeschaltet hat, und sagt nur ein Wort: „Münsterlandhalle“. „Was, Münsterlandhalle?“, ist Karmann nun auch aufgewacht. Doch der Chef wehrt ab. „Lass ihn“, greift der Boss das Stichwort auf. "Weiter, Schmidtke!"

"Die Münsterlandhalle ist ein Denkmal", doziert er nunmehr losgelassen. "Was sollen wir damit? Abreißen? Ist ja verboten. Stehen lassen? Zu teuer. Aber denkt mal: Wo gehört so etwas hin? Na? Richtig: ins Museum. Und? Haben wir ein Museum? Genau, sogar ein ganzes Dorf", ist Karmann wieder aufgewacht. 

"Und im Übrigen: Brauchen die wirklich drei Mühlen? Und der Parkplatz am alten Eingang? Kann weg."

Schmidtke hatte die Fragen bewusst in einfacher Sprache formuliert, um so die größtmögliche Aufmerksamkeit beim Brainstorming zu erreichen. Der Erfolg gab ihm Recht. Das Denkmal-Debakel vom Marktplatz gelöst, gewissermaßen in Luft aufgelöst. Die Halle entsorgt ins Museumsdorf. Wohin sonst? Platz dort? "Lösbar", wirft Karmann ein, dann schafft man eben welchen. Und im Übrigen: Brauchen die wirklich drei Mühlen? Und der Parkplatz am alten Eingang? Kann weg. Notfalls den Dorfkrug plattmachen. Kann ja dann auch aus der Halle bewirtschaftet werden.

Was sagt denn die Leitung? Wer spricht mit Müller und Schimek? Die Doktoren übernehme er, kommt es von oben, das sei Chefsache. Die Idee wird ihnen gefallen. Denkt mal an die zusätzlichen Einnahmen. Jetzt folgen Gespräche, Termine und Treffen. Zündende Ideen sind das eine, Umsetzung das andere. Was kann weg und welche Töpfe anzapfen? Kollege Schussel droht schon mit einem überarbeiteten Verkehrskonzept nach Versetzung der Halle.

Beim Brainstorming allgemein droht die Gefahr des Abschweifens, sagt man. Diese Gefahr scheint gebannt. Das Rathaus ist auf der Höhe der Zeit.


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