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Welt, bleib wach!

Gästebuch: „Wachet auf....“, so wird der Advent angestimmt. Doch was ist damit gemeint? Schließlich wäre es die Hölle, 24 Tage durchzuwachen.

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Puh, den November hätten wir geschafft. Diesen grauen und tristen Monat. Vielleicht freuen auch Sie sich, dass es am kommenden Samstag losgeht mit dem Advent. Der Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Aber was machen? Wie ihn dieses Jahr begehen? Was tun, damit dann so richtig eine Weihnachtsfreude aufkeimt, nach der wir uns alle sehnen? Die Weihnachtsmärkte in Amsterdam, Nürnberg und Dresden bieten sich an! Sie einzeln besuchen!? Oder alle zusammen!?

Käthe Wohlfahrt aus Rothenburg ob der Tauber lädt ein mit ihrem Weihnachtsschmuck, den es dort ganzjährig zu bestaunen gibt. Im Advent auch mit einem Stand in Hannover vertreten vor der Marktkirche und wahrscheinlich gerade in vielen deutschen Städten. Sich neue Deko anschaffen!? Andere Christbaumkugeln!? Das alles ist möglich.

Wie für Buddhisten ganz wichtig, so bietet uns auch die jüdisch-christliche Tradition einen Vorbereitungsstrang für die 24 Tage hin zum Fest: den der Wachsamkeit.

„Wachet auf ruft uns die Stimme“ ist quasi das Eingangslied in den Advent. Ganze 22-mal taucht das Wort „gregoreo“ (wachen, wachsam sein) im Neuen Testament auf. Und meint erst mal, nicht zu schlafen. Natürlich ist jetzt nicht daran gedacht, 24 Tage durchzuwachen. Das wäre die Hölle, wenn nicht gar tödlich. In der Regel ist es eher umgekehrt, dass man, wenn man gut geschlafen hat, danach umso wacher ist.

Was also meint Wachsamkeit?

Was also meint Wachsamkeit? „Wach auf Du Schläfer und steht auf von den Toten“, legt uns der Epheserbrief eine erste Spur (5,14). „Seid nüchtern und wachsam“, bietet der erste Petrusbrief (5,8) eine zweite. Ganz konkret wird der Psalmist, wenn er Gott um etwas Alltägliches bittet:

„Herr, stell eine Wache vor meinen Mund, eine Wehr vor das Tor meiner Lippen“ (141,3). Die Kirchenväter empfehlen ganz ähnlich, eine Wache vor das Tor seines Herzens zu stellen, um zu prüfen, was man da so in sein Inneres reinlässt oder auch nicht.

„Neben der spirituellen und sozialen Wachheit ist auch eine politische geboten im Advent.“

Wachsam sein kann bedeuten, den alleinlebenden Nachbarn im Blick zu behalten, dessen Frau kürzlich gestorben ist. Oder als Lehrer das Kind, das im Unterricht immer schweigsamer wird, warum auch immer. Interessanterweise rüttelt der Psalmist selbst an Gott. „Wach auf, Du mein Gott! (7,7)“. Oder: „Wach auf, tritt für mein Recht ein! (35,23)“.

Im Kern lädt die geistliche Trainingszeit des Advents dazu ein, dem kommenden Jesus entgegenzuwachen. Nicht am falschen Bahngleis zu stehen. Das Öl seiner Lampen nicht ausgehen zu lassen (Mt 25). Das englische, modern gewordene Wort „awareness“ mit „Bewusstheit“ als Übersetzung mag eine weitere Fährte hin zu dem legen, worum es geht.

Neben der spirituellen und sozialen Wachheit ist auch eine politische geboten im Advent. In Gedanken und Worten und Werken dem guten Hirten zu folgen, der sein Leben für die Schafe gibt, und nicht den Dieben und Räubern. In Magdeburg habe ich – lange vor dem letztjährigen Attentat – in einer Buchhandlung in riesigen Buchstaben die Advents-Einladung gelesen: „Welt, bleib wach!“.


Zur Person:

  • Dietmar Kattinger ist Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landes-Caritasverbandes in Vechta.
  • Sie erreichen den Autor per E-Mail unter redaktion@om-medien.de.

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