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Untere Naturschutzbehörde sieht keinen Verstoß gegen Waldgesetz

Die Bauherrin, die Gesellschaft Genos, hat die Fläche am Wohncampus in Vechta bereits wieder aufgeforstet. Stadtverwaltung und Nabu halten an ihrer Kritik fest.

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Neue Bäume und Sträucher nach dem Kahlschlag: Genos-Geschäftsführer Wolfgang Grieshop hat den Streifen entlang des Wohncampus bereits wieder aufforsten lassen. Foto: Speckmann

Neue Bäume und Sträucher nach dem Kahlschlag: Genos-Geschäftsführer Wolfgang Grieshop hat den Streifen entlang des Wohncampus bereits wieder aufforsten lassen. Foto: Speckmann

Der Aufschrei ist groß, als im Februar dieses Jahres auf der Baustelle des Wohncampus in Vechta etliche Bäume gefällt werden. Der Naturschutzbund (Nabu) erstattet Anzeige, spricht von illegaler Abholzung und fordert sogar einen Baustopp. Inzwischen hat die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Vechta den Vorfall untersucht. Die rechtliche Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass kein Verstoß gegen das Niedersächsische Waldgesetz vorliegt.

Die Genos Grundwerte und Projektentwicklung GmbH mit Sitz in Vechta, Bauherrin der Studentenwohnanlage an der Ecke Diepholzer Straße/Am Sternbusch, nimmt das Ergebnis mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Die Gesellschaft hatte bereits zu Beginn der Proteste darauf hingewiesen, dass die etwa 1.650 Quadratmeter große Waldfläche neben dem im Rohbau befindlichen Gebäudekomplex im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht und Forstwirtschaft gefällt worden sei.

"Die Bäume waren unter anderem aufgrund der trockenen Bodenverhältnisse des Geländes in keinem guten Zustand. Es waren große Probleme in der Standsicherheit zu erwarten. Aus diesem Grund entschieden wir uns, den Bestand auf der Fläche vollständig zu fällen und diesen dann im Zuge der Außenraumtätigkeiten recht bald mit einem naturschutzrelavanten Konzept wieder aufzuforsten", teilte Geschäftsführer Wolfgang Grieshop gegenüber der Behörde mit.

"Eine einzelstammweise Entnahme von stark geschädigten und nicht mehr standsicheren Gehölzen wäre hier sicherlich eine mögliche Alternative gewesen."

Jochen Steinkamp, Pressesprecher des Landkreises Vechta

Die Grundstücks-Eigentümergesellschaft hatte sich durch einen Förster der Landwirtschaftskammer beraten lassen und war dann dessen Empfehlungen gefolgt, eine flächendeckende Abholzung des Waldstreifens vorzunehmen anstatt nur vereinzelte Bäume zu fällen. Der Kreisverband Vechta des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und auch die Stadt Vechta äußerten jedoch Zweifel an der Notwendigkeit dieser Maßnahme.

Die Stadtverwaltung warf der Grundstückseigentümerin vor, sich über gemeinsam vereinbarte Ziele hinweggesetzt zu haben. In dieser Richtung äußerte sich nun auch der Landkreis Vechta: "Im Zuge des Bauleitplanverfahrens zum unmittelbar angrenzenden Wohncampus war es im Rahmen der Abstimmungsgespräche erklärtes Ziel der Eigentümerin, dass die Waldfläche nicht beeinträchtigt wird", teilt Pressesprecher Jochen Steinkamp auf Anfrage mit.

Bauherrin will Nistkästen für Fledermäuse installieren 

Vor diesem Hintergrund sei es aus naturschutzfachlicher Sicht fraglich, ob im Zuge von Verkehrssicherungs- oder forstwirtschaftlichen Maßnahmen eine vollständige Entfernung des Baumbestandes zwingend erforderlich gewesen wäre, so Steinkamp weiter. "Eine einzelstammweise Entnahme von stark geschädigten und nicht mehr standsicheren Gehölzen wäre hier sicherlich eine mögliche Alternative gewesen."

Ein Verstoß gegen das Waldgesetz liegt nach Auffassung der Unteren Naturschutzbehörde dennoch nicht vor. Sie sieht nur eine artenschutzrechtliche Verfehlung, weil zwei Stechpalmen beschädigt wurden. "Im vorliegenden Fall ist aber davon auszugehen, dass die betroffenen Pflanzen wieder austreiben und sich nachfolgend regenerieren werden. Auf die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens wurde daher zunächst verzichtet", erklärt Steinkamp.

Außerdem hat der Landkreis Vechta schriftlich verfügt, dass für den Verlust von 2 Höhlenbäumen kurzfristig vor Ort Fledermauskästen als Ersatz anzubringen sind. Laut Aussage der Bauherrin erschien die Standsicherheit der Kiefern während der Fällarbeiten nicht mehr als gegeben. "Schon im Bebauungsplanverfahren hatte der damalige Gutachter Brutkästen für den Ersatz dieser Quartiere gefordert. Aus diesem Grund werden nun 6 Nistkästen auf dem Grundstück installiert", sagt Grieshop.

"Der Erhalt des benachbarten Baumbestandes war ein erklärtes Ziel des Bebauungsplans, über das sich der Eigentümer hinweggesetzt hat."

Volker Kläne, Pressesprecher der Stadt Vechta

Was die angekündigten forstwirtschaftlichen Maßnahmen betrifft, hat die Grundstückseigentümerin bereits Wort gehalten. "Die marode Waldfläche wurde direkt nach der Abholzung mit einem klimarelevanten, hochwertigen Waldschutzkonzept wieder aufgeforstet", erläutert Grieshop. Er habe etwa 600 Bäume und Sträucher anpflanzen lassen, darunter Eichen und Buchen als Ersatz für die durch die Trockenheit der letzten Jahre stark in Mitleidenschaft gezogenen Kiefern, sowie Vogelbeeren und weitere Straucharten für die Vogel- und Insektenwelt.

Die Stadt Vechta begrüßt die Wiederaufforstung, hält aber an ihrer Kritik fest, dass die Baumfällungen nicht mit ihr abgestimmt worden seien. Wie Pressesprecher Volker Kläne auf Anfrage erklärt, hätten die Verstöße gegen die Artenschutzbelange durch eine genauere Prüfung verhindert werden können, wenn die Grundstückseigentümerin vorher das Gespräch mit der Verwaltung gesucht hätte.

Nabu-Vorsitzender fordert Zahlung von Bußgeld

"Der Erhalt des benachbarten Baumbestandes war ein erklärtes Ziel des Bebauungsplans, über das sich die Eigentümerin hinweggesetzt hat. Entsprechend der Festsetzungen im Bebauungsplan hat sie Anpflanzungen zu leisten, auf die wir weiterhin bestehen werden. Es soll ein artenreicher Krautsaum zum Schutz des zukünftigen Waldrandes entwickelt werden", so Kläne weiter.

Nabu-Kreisvorsitzender Ludger Frye ist davon überzeugt, dass die Bauherrin die Festsetzungen des Bebauungsplans mit Hilfe des Försters "gezielt ausgehebelt" hat. Hierfür sehe der Bebauungsplan ausdrücklich ein Bußgeld in Höhe von 10.000 Euro vor, was der Naturschutzbund weiterhin einfordere. Hinzu kämen die Bußgelder wegen der Fällung der geschützten Stechpalmen. "Hier hätte der Förster den Schutzstatus einhalten müssen", meint Frye.

Außerdem vertritt der Naturschützer die Ansicht, dass die Kommune bei der Aufstellung des Bebauungsplans einen Fehler gemacht habe, indem das Baufeld der Gebäude bis direkt an den bestehenden Waldrand zugelassen worden sei. "Dieses führt fast immer nachträglich zu erheblichen Konflikten, mal weil Schattenwurf die Wohnqualität mindert, mal wegen Laubfall – und am häufigsten wegen der sogenannten Verkehrssicherheit und somit der Standsicherheit älterer Bäume bei Sturm."

Frische Triebe: Vogelbeeren und weitere Straucharten sollen einen Beitrag für die Vogel- und Insektenwelt leisten. Foto: SpeckmannFrische Triebe: Vogelbeeren und weitere Straucharten sollen einen Beitrag für die Vogel- und Insektenwelt leisten. Foto: Speckmann

Für Genos-Geschäftsführer Grieshop ist die Angelegenheit mit der Wiederaufforstung und dem Anbringen der Nistkästen erledigt. Er hofft, dass sich die gepflanzten Bäume und Sträucher gut entwickeln. Sie sollen den klimatischen Herausforderungen gerecht werden und eine bessere Trennung zwischen Mensch und Natur darstellen. Der Wohncampus mit seinen 5 Gebäuden soll Platz für mehr als 200 Bewohner bieten. Die Fertigstellung ist für Herbst 2022 vorgesehen.

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