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Über Matschsachen, Superhelden und Promi-News

Meine Woche: Wenn Mama und Papa den 4-Jährigen aus der Kita abholen, ist er zunächst wortkarg. Doch der Schein trügt. Denn im Kindergarten gibt es so viel zu erleben.

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Wissen Sie, wer Bill Murray ist? Ja! Dann kennen sie auch dessen Paraderolle als stinkstiefeliger Wettermann in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Wie Bill Murray fühlen sich meine Frau und ich uns täglich, wenn wir unseren Ältesten aus dem Kindergarten abholen. „Was habt ihr heute gemacht?“, ist in der Regel die erste Frage. Die Antworten variieren zwar. Doch inhaltlich hat der 4-Jährige in den Minuten nach der Abreise aus der Blumengruppe wenig zu bieten. „Weiß ich nicht mehr“ ist die geläufigste Antwort. Dicht gefolgt von: „Nichts“. Mit etwas Abstand im Antwort-Ranking folgt dann: „Alles“. Vier Worte sind das Höchste der Gefühle.

Das Leben im Kindergarten zwischen 7.45 und 12.45 Uhr scheint ziemlich langweilig zu sein – wenn wir der ersten täglichen Analyse unseres Juniors Glauben schenken wollen. Dabei gibt es schon beim Anziehen hartnäckige Indizien, dass in den 5 Stunden in der Kita doch irgendetwas passiert sein muss. Zum Beispiel bei den Matschsachen. Die haben manchmal ihren Namen mehr als verdient. Sie sind matschiger als die Hosen seines Vaters, als dieser in den Nuller-Jahren durch die Fußball-Kreisliga gegrätscht ist. Manchmal verrät auch das Gesicht Details des Tages. Da braucht sich der 4-Jährige hinter Heath Ledgers geschminkter Joker-Grimasse nicht zu verstecken.

„Auch in den Taschen finden sich Hinweise auf das Tagesprogramm. Weil der 4-Jährige versehentlich Steine, Papier und Bauklötze illegal aus dem Kindergarten geschmuggelt hat.“

In allen Hosen, Taschen und Jacken finden sich gelegentlich Hinweise auf das vergangene Tagesprogramm. Dort hat der 4-Jährige dann Konfetti, Steine, Papier, Bauklötze und Stöcke – ja, auch Sohnemann nennt es natürlich südoldenburgisch fälschlicherweise „Stöcker“ – versteckt. Weil er einen großen Teil der Kita-Infrastruktur versehentlich illegal aus dem Kindergarten geschmuggelt hat. Aber was ist heute passiert? „Nichts.“ Viel wichtiger ist jetzt erst einmal das Mittagessen. „Am liebsten Pommes. Mit ganz viel Mayo und Ketchup.“

Wenn der Hunger gestillt und der Kita-Trubel verarbeitet ist, gibt es plötzlich nicht mehr nur einen Monolog zwischen Eltern und dem Nachwuchs, sondern tatsächlich einen Dialog. In dem Mama und Papa fast gar nicht mehr dazwischenkommen. Dann rekapituliert Sohnemann den Kita-Tag minutiös. Dass seine Blumengruppe für den Kinotag Popcorn gemacht hat. Er erzählt haarklein, wie er mit dem Pro-Natura-Chef Uli Nistkästen aufgehängt hat. Wie spannend er den Besuch des Figurentheaters fand. Dass er einen Kita-Kumpel aus der Rutsche befreit hat. Wie hoch er beim Turnen geklettert ist. Dass er den Dinklager Kirchturm bis zur Decke nachgebaut hat. Wieso aus der Puppenecke die Katzenecke geworden ist. Und warum das Foto-Shooting einen Riesenspaß gemacht hat (obwohl er entgegen der Anweisung seiner Erziehungsberechtigten seine Mütze nicht abgesetzt hat).

Dann schwärmt er von einem spannenden Ausflug mit einer Erzieherin zum nur wenige Meter entfernten Briefkasten. Er erzählt, dass sich Kita-Chefin Elisabeth über seinen Besuch in ihrem Büro gefreut habe und dass der Baulärm beim Anbau ihn nicht genervt habe. Er freut sich, dass er Tiere auf einem Bauernhof in Höne streicheln durfte. Er kennt nun auch alle Figuren auf seinem Superhelden-Pullover namentlich, weil es im Kindergarten glücklicherweise ein Buch über die Guten und Bösen von Marvel und DC gibt.

Sohnemann verrät außerdem die für ihn völlig nebensächliche, aber für seine Eltern total wichtige Promi-News, welche Mama aus seiner Kita-Entourage „jetzt ein Baby im Bauch“ hat. Er rekapituliert en détail, was er alles gebaut, gespielt, gelesen und was er mit seinen tollen Erzieherinnen Nina, Kerstin, Sabrina und Agnes erlebt hat. Und bilanziert freudestrahlend: „Wir haben so ein schönes Leben im Kindergarten." Dafür akzeptieren Mama und Papa dann auch einen wortkargen 4-Jährigen direkt nach dem Kita-Ende.


Zur Person:

  • Frederik Böckmann (41) ist Reporter für Dinklage und Holdorf.
  • Er wohnt mit seiner Familie in Dinklage.
  • Den Autor erreichen Sie unter redaktion@om-medien.de.

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