Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Über Himmelsleitern und die Nase eines Ebers

Kolumne: Das Leben als Ernstfall

Artikel teilen:

Es soll ein Hilfeschrei sein: Lehrer von 17 Grundschulen im Lüneburger Raum haben in einem Schreiben an die Eltern angekündigt, keine Klassenfahrten mehr anbieten zu wollen. Die Lehrer seien durch viele zusätzliche Aufgaben mittlerweile so überlastet, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sähen, sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk.

Bereits im November hatte eine Grundschule in Stadthagen für Schlagzeilen gesorgt, weil sie ein vorläufiges Aus von mehrtägigen Exkursionen verkündete. Die Schulleitung begründete diesen Schritt auf Nachfrage mit einer seit Jahren gestiegenen Belastung für das Kollegium. Es gehe dabei nicht allein um den Lehrermangel. Auch die wachsende Heterogenität der Schülerschaft, die Inklusion, die Digitalisierung und die ausufernde Bürokratie sorgten für einen immensen Mehraufwand.

„Klassenzimmer statt Jugendherberge“ heißt es jetzt für die betroffenen Kinder. Doch ist das der richtige Weg, um auf die Probleme aufmerksam zu machen? Schließlich gehören die Klassenfahrten zu den besonders prägenden Momenten der Schulzeit. Die Erinnerungen an durchgemachte Nächte, lustige Anekdoten und den Beginn lebenslanger Freundschaften bleiben präsent, auch Jahrzehnte nach dem Ende von Tafeldienst und Eckenraten.

„Von der Aussichtsplattform des Hermannsdenkmals aus ließ ein Mitschüler ein Trinkpäckchen fallen. Platsch.“

Andreas Timphaus, Reporter

Ich erinnere mich jedenfalls noch sehr gut an die inzwischen abgerissene Jugendherberge in Oerlinghausen. Sie lag auf dem Tönsberg im Teutoburger Wald. Oft ging es mit den Klassenkameraden hinunter in die Innenstadt. Der Rückweg führte meist über die sogenannte Himmelsleiter. Fast 250 schweißtreibende Stufen waren zu bewältigen, bis man sein Kurzzeit-Zuhause am Hermannsweg erreichte. Auch zu den Externsteinen, einer markanten Felsformation bei Horn-Bad Meinberg, und natürlich zum Hermannsdenkmal bei Detmold führte uns der einwöchige Trip. Von der Aussichtsplattform aus ließ ein Mitschüler ein Trinkpäckchen fallen. Platsch.

Ebenfalls sehr prägend war die Studienfahrt am Gymnasium in die Toskana. Mein Geschichtslehrer Benno Dräger packte das Programm der Tour – wen wundert's – randvoll mit Besichtigungen, Ausflügen und Stadtführungen. Der Lohner Ehrenbürger ist einfach ein Geschichtsjunkie – und davon hat die Region wirklich viel zu bieten. Es waren tolle Tage in Mittelitalien. Wir berührten die glückbringede Nase des „Fontana del Porcellino“ – einer Eber-Skulptur – in Florenz, staunten über die Architektur der Piazza del Campo in Siena, wunderten uns in Pisa über die heruntergekommenen Gassen jenseits des Schiefen Turms und verspeisten auf der Rückreise in Mailand das wohl beste Eis meines Lebens. Auch die ewigen Nudeln mit Olivenöl in unserer Unterkunft bleiben für immer unvergessen.

Liebe Lehrerinnen und Lehrer, bitte lasst den Schülern ihre Klassenfahrten!

Zur Person

  • Andreas Timphaus ist Redakteur der OV.
  • Den Autor erreichen Sie unter info@om-online.de.

Gut und kompakt informiert zum Feierabend: Abonnieren Sie jetzt kostenlos unseren neuen WhatsApp-Kanal und erhalten den Newsletter „N'Abend, Oldenburger Münsterland“. Und nicht vergessen, die Benachrichtigungen auf dem Glocken-Symbol zu aktivieren! Hier geht es direkt zum WhatsApp-Kanal

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Über Himmelsleitern und die Nase eines Ebers - OM online