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„Schichtwechsel“ – Teil 2: Von der Montagehalle ins Polizeiauto und zurück

Das Andreaswerk beteiligte sich mit fünf Tauschpaaren am diesjährigen Aktionstag. Hier berichten die Teilnehmer über einen besonderen Tag unter anderem bei den OM-Medien.

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Probesitzen im Dienstwagen: „Schichtwechsel“-Teilnehmer Felix Riemann (rechts). Foto: Andreaswerk

Probesitzen im Dienstwagen: „Schichtwechsel“-Teilnehmer Felix Riemann (rechts). Foto: Andreaswerk

Eine Polizeioberkommissarin, die in der Industriemontage Teile zusammenschraubt und mit ihrer Uniform auf den Werkstattfluren für Aufsehen sorgt. Ein katholischer Pfarrer, der bei der Essensausgabe Teller füllt und gutgelaunt mit seinen Kolleginnen und Kollegen auf Zeit scherzt. Oder ein Werkstattbeschäftigter im Rollstuhl, der in der Sportredaktion der OM-Medien über den Heimatsport fachsimpelt. „Dieser Tag schafft Begegnungen“, beschreibt Christine Gaschemann vom Andreaswerk Vechta das Ziel des Aktionstages „Schichtwechsel“. Von den Angeboten im Kreis Cloppenburg berichtete OM-Medien-Reporter Aaron Dickerhoff bereits; was die Beschäftigten des Andreaswerks erlebten, hat die Einrichtung in einer Mail zusammengestellt:

Welche Hilfsmittel gibt es, damit motorisch stark eingeschränkte Personen an einem Büroarbeitsplatz arbeiten können? Worauf muss geachtet werden, wenn ein Beschäftigter mit Sehbeeinträchtigung in der Küche mit anpackt? Und wie lassen sich Menschen mit einer Schwerstmehrfachbehinderung in den Arbeitsalltag einbinden? Auf Fragen wie diese erhielt Pfarrer Bernd Strickmann aus Steinfeld bei seinem Einsatz in der dortigen Werkstatt Antworten. Manches habe er „vorher gar nicht auf dem Schirm gehabt“, blickte er auf seine vor Ort gesammelten Eindrücke zurück.

Für ihn sei es faszinierend gewesen zu sehen, wie gut dort alle aufeinander eingespielt sind. „Da sind tolle Leute, die das Herz am rechten Fleck haben. Es hat wirklich Spaß gemacht“, so der Geistliche in seinem Fazit. Ebenso viel Spaß hatte in der Zwischenzeit sein Tauschpartner Maximilian Schlüter. Mit einem selbst vorbereiteten Wortgottesdienst sorgte er am Vormittag bei rund 25 Bewohnerinnen und Bewohnern einer Seniorenresidenz für den einen oder anderen überraschten Blick. „Die Seniorinnen und Senioren waren ganz schön baff, haben aber alle gut mitgemacht“, schilderte er im Anschluss.

Maximilian Schlüter bei seinem Schichtwechsel“ in der Pfarrei St. Johannes Baptist in Steinfeld. Foto: AndreaswerkMaximilian Schlüter bei seinem „Schichtwechsel“ in der Pfarrei St. Johannes Baptist in Steinfeld. Foto: Andreaswerk

Tauschpaare beim „Schichtwechsel“ des Andreaswerks

  • Bereits zum vierten Mal beteiligten sich die Werkstätten des Andreaswerkes an dem jährlich stattfindenden Aktionstag „Schichtwechsel“. Organisiert wird die Aktion dort von Mitarbeitenden des Geschäftsbereiches sowie Mitgliedern des Werkstattrates, dem Selbstvertretungsgremium der Werkstattbeschäftigten. Bundesweit nahmen 2025 rund 370 Werkstätten für behinderte Menschen und 4800 Personen mit und ohne Beeinträchtigungen teil – ein erneuter Rekord.
  • Die fünf Andreaswerk-Tauschpaare waren:
  • Nadine Hausotte (Werkstatt Brägeler Ring, Lohne) und Julian Gieseke (RPLC)
  • Viktoria Schreiner (Werkstatt Vechta) und Alfons Stratmann (Stratmanns Hotel,
    Lohne)
  • Maximilian Schlüter (Werkstatt Steinfeld) und Pfarrer Bernd Strickmann (Pfarrei St.
    Johannes Baptist, Steinfeld)
  • Felix Riemann (Werkstatt Vechta) und Polizeioberkommissarin Lisa Marischen
    (Polizeikommissariat Vechta)
  • Andreas Kümmel (Werkstatt Steinfeld) und Carsten Boning (OM-Medien-Sportredaktion)

Ungewohnte Aufgaben übernahm an diesem Tag auch Viktoria Schreiner. „Ich habe viele neue Leute getroffen und gelernt, wie man ein Tablett korrekt trägt“, erzählte die Werkstattbeschäftigte, die sonst in der Industriemontage in Vechta tätig ist. Zimmer besichtigen, Tische abräumen und neu decken oder im Konferenzraum für Nachschub sorgen: Für sie gab es in Stratmanns Hotel in Lohne einiges zu tun. Ihr Tauschpartner Alfons Stratmann wiederum kannte das Andreaswerk zwar schon vorher – immerhin ist sein Hotel Kunde der vereinseigenen Wäscherei. Wie groß die Einrichtungen sind und welch unterschiedliche Aufgaben dort übernommen werden, habe er allerdings nicht gewusst, so der Geschäftsführer. Neu sei für ihn zudem gewesen, dass die Werkstatt Angebote und Dienste bereithält, die Beschäftigte auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereiten und sie beim Wechsel unterstützen. „Das ist angesichts des aktuellen Fachkräftemangels natürlich auch für die Gastronomie interessant“, betonte er in diesem Zusammenhang.

Andreas Kümmel (rechts) bei seinem Besuch in der OM-Medien-Sportredaktion, hier vertreten durch seinen Schichtwechsel-Tauschpartner Carsten Boning. Foto: Wehming Andreas Kümmel (rechts) bei seinem Besuch in der OM-Medien-Sportredaktion, hier vertreten durch seinen Schichtwechsel-Tauschpartner Carsten Boning. Foto: Wehming

Ganz neue Erkenntnisse nahm auch Andreas Kümmel aus dem seiner Einschätzung nach größten Gebäude im Landkreis Cloppenburg mit. „Ich weiß jetzt zum Beispiel, wie man eine Zeitungsseite zusammensetzt“, erzählte er begeistert von seinem Tag im OM-Medienhaus in Emstek. Klar, dass er als bekennender und fachkundiger Heimatsport-Fan gleich selbst aktiv werden und an einem Bericht über das Bezirksliga-Spiel VfL Oythe gegen SV Holdorf mitarbeiten durfte. „Die machen schon einen sportlichen Job“, zog er anschließend mit Blick auf die Sportredaktion schmunzelnd Bilanz. Sein Tauschpartner Carsten Boning, Leiter der OM-Medien-Sportredaktion, erhielt danach Einblicke in den Andreaswerk-Alltag und nahm bei seinem Besuch auch an der Bundesliga-Talkrunde der „Schlauschnacker“ teil – Werder-Quiz und Tipp-Runde inklusive.

Einen ähnlichen Perspektivwechsel – von der Medienbranche in die Werkstatt – erlebte Julian Gieseke, Geschäftsführer von RPL Communication. Einige Einblicke in das Andreaswerk habe er dank der Zusammenarbeit im Rahmen des Filmprojekts „Teamwork“ bereits gewonnen, erklärte er. Umso interessanter sei es für ihn gewesen, selbst einen Tag in der Werkstatt Brägeler Ring in Lohne mitzuarbeiten und die Vielfalt der Aufgaben aus nächster Nähe kennenzulernen. Für seine Tauschpartnerin Nadine Hausotte ging es derweil nach Osterfeine zur Runden Group. Sie habe dort viele verschiedene Bereiche erkunden und bei einem Meeting zum Thema „Mitarbeiterumfrage“ auch eigene Ideen und Vorschläge einbringen dürfen, beschrieb sie ihren „spannenden und informativen Tag“. Ein weiteres Highlight für die Werkstattbeschäftigte: „Einige Mitarbeitende haben ihre Hunde mit zur Arbeit gebracht. Das hat mir besonders gefallen.“

Viktoria Schreiner bei ihrem Schichtwechsel“-Dienst im Hotel Stratmanns in Lohne. Foto: AndreaswerkViktoria Schreiner bei ihrem „Schichtwechsel“-Dienst im Hotel Stratmanns in Lohne. Foto: Andreaswerk

Ebenso begeistert von ihrem Arbeitsumfeld zeigte sich Teilnehmerin Lisa Marischen, die den Vormittag in der Industriemontage der Werkstatt Vechta verbrachte. Als die Anfrage vom Andreaswerk gekommen sei, sei für sie sofort klar gewesen, dass sie selbst beim Schichtwechsel mitmachen wolle, verriet die Polizeioberkommissarin. Ihren Platz im Polizeikommissariat Vechta übernahm Felix Riemann, für den damit ein langgehegter Wunsch in Erfüllung ging. „Ich konnte jede Frage stellen und das Team hat mir auf alles eine Antwort gegeben. Das war 1A“, schwärmte er nach einem ereignisreichen Tag mit Fingerabdrücken, Hundestaffel, Streifenwagen und Funkgerät. Und doch: Einen kleinen Wermutstropfen gab es für ihn. „Ich durfte leider niemanden verhaften“, berichtete er augenzwinkernd.

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