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Pfarrer Johannes Werges will in Lindern Brücken bauen

Der Geistliche kommt in eine Gemeinde, die sich noch immer nicht vom Skandal um Pfarrer Michael Kenkel erholt hat. Mit kniffligen Situationen hat der gebürtige Gronauer aber umzugehen gelernt.

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Optimist: Johannes Werges wird neuer Pfarrer in Lindern. Foto: Werges

Optimist: Johannes Werges wird neuer Pfarrer in Lindern. Foto: Werges

Der Ort Hünxe liegt direkt an der Lippe, am nördlichen Rand des Ruhrgebietes. Nach Wesel und Dinslaken sind es nur wenige Kilometer. Die Umgebung wirkt ländlich, aber zu den großen Städten des Reviers ist es nur ein Katzensprung. Seit 9 Jahren leitet Johannes Werges hier die katholische Pfarrgemeinde St. Albertus Magnus. Kürzlich hat er den Mitgliedern seinen Abschied angekündigt. Anfang September wird der 60-Jährige seinen Dienst als leitender Pfarrer in Lindern antreten. 

Die vergangenen Jahre haben ihn voll gefordert. Einen zweiten Geistlichen gibt es in der Gemeinde mit ihren rund 3000 Mitgliedern nicht. "Ich war sozusagen eine One-Man-Show", berichtet Werges. Glücklicherweise sei er keinen Tag lang krank gewesen. Auch für seine neue Aufgabe fühle er sich körperlich fit, sagt der gebürtige Gronauer.

Mit 60 noch einmal was Neues beginnen

Sein Weggang kam für die Gemeinde nicht überraschend. "Ich hatte sie bereits vor einem Jahr darüber informiert, dass ich mit 60 noch einmal etwas Neues beginnen wollte." Trotzdem waren nicht wenige traurig, als der Pfarrer damit ernst machte. Und auch Werges verlässt die Gemeinde mit einer Träne im Knopfloch. "Ich habe mich hier stets wohlgefühlt, so wie an all den anderen Orten, an denen ich schon war."

Wenn Werges in diesen Tagen seine Koffer packt, ist es für ihn bereits der 13. Umzug. Dabei wuchs der Sohn eines Textilarbeiters durchaus bodenständig auf. Nach dem Abitur verließ er Gronau, um in Paderborn Religionspädagogik zu studieren. An den Pfarrerberuf hatte er zunächst nicht gedacht. "Ich wollte eigentlich Pastoralreferent werden."

Mit Pater Thörner eng befreundet

Anfang der 1980er Jahre lernte er den Salesianerorden kennen. Der Ansatz der Don-Bosco-Brüder, die sich vor allem in der Jugendhilfe engagieren, faszinierte ihn und brachte den heute 60-Jährigen damals erstmals auch ins Oldenburger Münsterland. Mit dem Gründer des Don-Bosco-Hauses in Calhorn, Pater Paul Thörner (er starb am 10. September 2022), verband ihn eine enge Freundschaft. "Zusammen mit ihm bin ich überall in der Region herumgereist", erinnert sich Werges.

Er trat der Ordensgemeinschaft bei, arbeitete unter anderem als Erzieher in einem Frankfurter Lehrlingsheim und lernte auch die Schulsozialarbeit kennen. Nach der Wende 1989 half Werges beim Aufbau eines Jugendzentrums im thüringischen Eichsfeld, studierte in Benediktbeuern Theologie und wurde anschließend zum Priester geweiht. 4 Jahre wirkte er als Seelsorger in Kassel, dann sprang er in Neuenkirchen bei Bonn für einen erkrankten Pfarrer ein und betreute gleich drei Gemeinden gleichzeitig.

Werges befriedet Kirchenstreit in Rheine

2001 verließ Johannes Werges den Salesianerorden wieder und kehrte ins Bistum Münster zurück. Auch dort kam er ordentlich herum, war Pfarrer in Hamm, Pfarrverwalter in Münster-Angelmodde, Diözesankurat der Deutschen Pfadfinderschaft und Rektor der Hauskapelle St. Ludger in der Jugendbildungsstätte Gilwell in Haltern am See.

"Ich fühlte mich aber langsam zu alt für die Jugendarbeit und habe deshalb dann eine Stelle als Pfarrer in Rheine angenommen", sagt Werges. Dort war sein diplomatisches Geschick gefragt, denn wegen der Fusion zweier Gemeinden musste eine der beiden Pfarrkirchen verkauft werden. Für die Gläubigen sei das ein schwerer Schritt gewesen, betont Werges. "Wenn man Menschen zwangsweise entheimatet, ihnen aber keine neue Heimat bietet, werden sie unglücklich und verlieren das Vertrauen." Werges musste vermitteln. Die Befriedung ist aus seiner Sicht geglückt. Ähnliches Fingerspitzengefühl muss er bald auch in Lindern zeigen.

„Ich bin ein demokratischer Mensch. Meine Erfahrungen aus der Jugendarbeit haben mich zudem gelehrt, dass es keinen Sinn macht, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.“Johannes Werges, Pfarrer

Die Diskussion um Pfarrer Michael Kenkel, die die Pfarrgemeinde St. Katharina von Siena in den vergangenen Monaten erschütterte, kennt Johannes Werges nur aus den Medien. Er habe Herrn Kenkel noch nie getroffen, eine Bewertung der Ereignisse stehe ihm daher nicht zu, sagt er. "Dafür fehlen mir die Details. Was ich aber weiß ist, dass die Angelegenheit zu einer erheblichen Störung des Gemeindelebens geführt hat und sich die Mitglieder der Gremien vor allem wünschen, dass so etwas nicht noch einmal passiert." Werges will seinen Teil dazu beitragen und sieht sich in erster Linie als "Brückenbauer". Weil er von außen komme, könne er helfen, die Risse innerhalb der Gemeinde zu kitten. "Ich bin ein demokratischer Mensch. Meine Erfahrungen aus der Jugendarbeit haben mich zudem gelehrt, dass es keinen Sinn macht, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen." 

Mitte August will Werges das Pfarrhaus beziehen

Für Werges bedeutet das, für die Linderner da zu sein und schnell mit ihnen ins Gespräch zu kommen.  "Meine größte Freude ist es, mit anderen Menschen Gott zu suchen", sagt er. Das dörfliche Leben sieht er als Pluspunkt. "Hier ist man – anders als in der Großstadt – nicht anonym, sondern Teil einer Gemeinschaft." Werges will auch beim Aufbau der sogenannten pastoralen Räume mitwirken, der größten Umstrukturierung auf Bistumsebene seit der Fusionswelle vor fast 20 Jahren. 

Am 10. September wird der neue Pfarrer eingeführt. Bis dahin gönnt er sich noch einige Wochen Urlaub. Ab Mitte August dürften ihn die Linderner im Pfarrhaus antreffen. Wie lange er dort wohnen wird, weiß Johannes Werges im Moment noch nicht. Die "Grundidee" sei aber, in Lindern in Rente zu gehen und sich in den nächsten Jahren voll auf die Gemeinde einzulassen. Oder wie ein anderer Gronauer, Udo Lindenberg, singen würde: "Lass uns nochmal aufdreh'n."

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