Der Landkreis Vechta hat die Obergrenze bei der 7-Tagesinzidenz überschritten, der Landkreis Cloppenburg hat sie aktuell hinter sich gelassen und steht knapp darunter. Fest steht: Zusammen mit dem Kreis Emsland und dem dortigen Corona-Ausbruch in einem Schlachthof gilt die Region als bundesweiter Corona-Hotspot. Doch was bedeutet das für den Einzelnen? In den sozialen Kanälen werden die Fragen lauter: Wo kann ich nachschauen? Wieso ist die Zahl vom Vortag geändert worden? Welcher Wert stimmt denn nun?
Wer sich selbst informieren will, steht unweigerlich vor einer Wand aus Zahlen und Statistiken. Welche Meldung ist wofür wichtig? Hier ein Überblick über die Behörden, ihre Angaben und was wir in unserer Berichterstattung berücksichtigen.
Die aktuellsten Zahlen haben die Kreise
Die beiden Gesundheitsämter in Vechta und Cloppenburg haben die aktuellsten Zahlen. Sie melden (fast) täglich neue positive Testergebnisse, Quarantänefälle und die Zahl der Genesenen. Dabei bilden sie nicht nur das kreisweite Infektionsgeschehen ab, sondern melden auch die Entwicklungen in den einzelnen Kommunen.
Das Dashboard des Landkreises Cloppenburg finden Sie hier:
https://lkclp.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/4d10267e59244792b3b911aa34850db6
Aktuelle Informationen des Landkreises Vechta (werktäglich auch mit Zahlen auf kommunaler Ebene) finden Sie hier:
https://www.landkreis-vechta.de/service/aktuelles/pressemitteilungen.html
Der Landkreis Vechta meldet darüber hinaus seit dem Corona-Ausbruch in einem Lohner Geflügelschlachthof auch eine eigens berechnete 7-Tagesinzidenz. Diesen Wert greifen wir auch in unserer Berichterstattung auf, weil diese Berechnung auf den aktuellsten Daten der Vechtaer Behörde beruht. Wichtig: Dieser 7-Tagesinzidenz dient eher als Leitfaden/Einschätzung für die Kreisbehörde zu etwaigen Maßnahmen, die getroffen werden müssen, und als Orientierungshilfe für die Bürger. Letztlich entscheidend ist die 7-Tagesinzidenz, die am Folgetag aus Hannover gemeldet wird.
Der Landkreis Cloppenburg nennt keine eigene berechnete 7-Tagesinzidenz. Letztlich – so die Argumentation der Kreisverwaltung – sei ohnehin die Berechnung des Landgesundheitsamtes in Hannover entscheidend darüber, ob auf Kreisebene Maßnahmen ergriffen werden müssen. Um den Bürger nicht zu verwirren, habe sich die Kreisverwaltung dazu entschlossen, keinen eigenen Wert zu nennen. Aus diesem Grund melden wir für den Kreis Cloppenburg auch die Berechnung aus Hannover.
Nach Hannover werden nur komplette "Fallakten" gemeldet
Ob ein Landkreis in Niedersachsen Maßnahmen zur Eindämmung von weiteren Infektionen ergreifen muss, hängt maßgeblich von der Meldung des Landesgesundheitsamtes in Hannover ab. Dort werden täglich vormittags die 7-Tagesinzidenzen für alle Kreise und kreisfreien Städte aktualisiert. Die Karte ist hier für jedermann aufrufbar:
https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/
In Niedersachsen gilt ab dem 8. Oktober eine neue Corona-Verordnung. Darin enthalten soll laut Gesundheitsministerin Carola Reimann auch ein Leitfaden sein, wie auf ein ein steigendes Infektionsgeschehen reagiert werden soll.
Ab einer 7-Tagesinzidenz ab 20: Der Landkreis soll Kontaktbeschränkungen und Einschränkungen für private und öffentliche Veranstaltungen prüfen.
Ab einer 7-Tagesinzidenz über 35: In geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel auf privatem Grund dürfen sich bis zu 25 Personen treffen. Im öffentlichen Raum (z.B. Gastronomie) bis zu 50. Ab diesem Wert können auch weitere einschränkende Maßnahmen ergriffen werden.
Ab einer 7-Tagesinzidenz über 50: In geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel auf privatem Grund dürfen sich bis zu 10 Personen treffen. Im öffentlichen Raum (z.B. Gastronomie) bis zu 25. Darüber hinaus muss man auch mit Allgemeinverfügungen rechnen, die darüber hinaus gehen. So geschehen im Kreis Cloppenburg: Dort gilt ein kreisweites Sportverbot, eine kreisweite Maskenpflicht auf dem Schulweg und im Unterricht und eine weitergehende Kontaktbeschränkung in den am stärksten betroffenen Kommunen.
Bei den Zahlen aus dem Landesgesundheitsamt (NLGA) muss aber berücksichtigt werden, dass sich die angegebenen Werte noch nachträglich ändern können. Ein aktuelles Beispiel: Am 2. Oktober meldete das NLGA für den Kreis Cloppenburg eine 7-Tagesinzidenz von 35,7. Mit Stand vom 6. Oktober wurde diese Zahl rückwirkend auf oberhalb des Grenzwertes auf 58 korrigiert. Das ist keine Ausnahme: Die Zahlen werden mehrmals geändert. Weil die Daten in konkret diesem Beispiel plötzlich oberhalb des Grenzwertes liegen und damit automatisch Maßnahmen greifen können, sorgen diese Änderungen für Verwirrung.
"Bei Kreisen mit verhältnismäßig wenig Einwohnern können schon wenige Fälle zu starken Diskrepanzen führen."
Dr. Holger Scharlach, Landesgesundheitsamt
Wie Dr. Holger Scharlach, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Landesgesundheitsamt, OM online erklärt, hängt das unter anderem mit dem Eintrag im Meldesystem des NLGA zusammen. Am aktuellsten berichtet das örtliche Gesundheitsamt über die positiven Testergebnisse. Das bedeute aber nicht, dass diese neuen Coronafälle auch beim NLGA übertragen werden. Denn es gebe eine „enge Falldefinition“, die erfüllt sein müsse. Mit einfachen Worten: Die einzelne Fallakte muss abgeschlossen sein – zum Beispiel mit den Labornachweisen. Erst wenn diese Vorgaben erfüllt sind, wird der Coronafall nach seinem Meldedatum beim örtlichen Gesundheitsamt ins System übertragen – und das könne durchaus "einige Tage in der Vergangenheit" zurückliegen, erklärt Scharlach.
Wie stark die vermeintlich nachträgliche Korrektur der 7-Tagesinzidenz vom ursprünglich gemeldeten Wert abweichen kann, zeigt sich beim Landkreis Cloppenburg mitunter sehr deutlich. Das hänge mit der Einwohnerzahl zusammen, erklärt Scharlach. „Bei Kreisen mit verhältnismäßig wenig Einwohnern können schon wenige Fälle zu starken Diskrepanzen führen“, erklärt Scharlach.
Fahrt ins andere Bundesland? Hier zählt das RKI
Wer aus einem Landkreis mit einem hohen Infektionsgeschehen verreisen will, sollte sich deutlich vor Beginn der Einreise in ein anderes Bundesland über das Robert-Koch-Institut (RKI) informieren. Denn auch dort wird eine 7-Tagesinzidenz für jeden Landkreis gemeldet – allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung. Denn bis die vom örtlichen Gesundheitsamt gemeldeten Zahlen dort vorliegen, können bis zu 48 Stunden vergehen. Viele Bundesländer ergreifen aber etwaige Maßnahmen anhand der Meldung des Robert-Koch-Institutes - deshalb kann dieser gemeldete Wert ebenfalls für den Einzelnen relevant sein. Die Übersichtskarte des RKI gibt es hier:
https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4
Sobald hier ein Landkreis mit einer 7-Tagesinzidenz von über 50 gemeldet wird, wird reagiert. Einige Bundesländer erklären diesen Landkreis sogar zum Risikogebiet. Wichtig: Diese Einstufung nimmt nicht das Robert-Koch-Institut vor, wie ein Sprecher des Institutes bereits gegenüber OM online betonte. Es sind die jeweiligen Landesgesundheitsämter, die einen Landkreis zum Risikogebiet deklarieren. Hier ein grober Überblick, ob und welche Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern greifen:
In Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und im Saarland gibt es ein Beherbergungsverbot: Diese Länder richten sich bei der Ausweisung von inländischen Risikogebieten nach der vom Robert-Koch-Institut gemeldeten 7-Tagesinzidenz. In diesen Bundesländern gibt es zwar derzeit keine Quarantäne für Einreisende mit Wohnsitz in einem Landkreis oberhalb des 50er-Grenzwertes. Es gelten aber Beherbergungsverbote – zum Beispiel für Hotels, Pensionen, Ferienhäuser und Campingplätze.
In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Berlin und Rheinland-Pfalz müssen sich Urlauber/Reisende mit Wohnsitz in einem Landkreis mit einer 7-Tagesinzidenz über dem 50er-Grenzwert in eine Quarantäne begeben, außerdem müssen sie das zuständige Gesundheitsamt kontaktieren. In Mecklenburg-Vorpommern gilt streng genommen sogar ein Einreiseverbot.
Einige dieser Bundesländer erlauben aber auch Ausnahmen: Kann ein negativer Test, der amtlich anerkannt und nicht älter als 48 Stunden ist, vorgelegt werden, können Beherbergungsverbote oder Quarantäne ausgesetzt werden.
In Hessen und Nordrhein-Westfalen gibt es noch eine weitere Ausnahme: Die Einreise aus triftigem Grund – zum Beispiel Beruf, gesundheitliche Gründe und Besuch eines Familienangehörigen oder des Lebenspartners. Hessen berücksichtigt auch, ob in einem Landkreis offiziell bekannt gegeben wurde, ob das Infektionsgeschehen eng lokal eingegrenzt ist. Wenn dem so ist, greifen die Einschränkungen nicht automatisch für alle Einwohner des Landkreises.
In Bremen, Niedersachsen, Thüringen gibt es keine besonderen Einschränkungen für Reisende mit Wohnsitz in einem Landkreis, dessen 7-Tagesinzidenz oberhalb des Grenzwerts von 50 liegt.
Die Regelungen und etwaige Ausnahmen sind derart vielfältig, dass sich jeder Urlauber am besten direkt mit seinem Gastgeber und/oder Reiseveranstalter vor Beginn der Reise in Verbindung setzt. Wichtigste Frage ist dabei: Bekomme ich mein Geld zurück, wenn die Reise nicht stattfinden kann? Das kann nur das Hotel oder der Reiseveranstalter beantworten. Schon aus diesem Grund sind die beiden Gesundheitsämter in Cloppenburg und Vechta nicht die richtigen Ansprechpartner. Dort liegen auch nicht die einzelnen Bestimmungen aus den 16 Bundesländern vor.
Haben Sie weitere Fragen zu den Berechnungen oder zur aktuellen Corona-Lage und den Maßnahmen? Dann schicken Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff "Coronafrage" an info@om-online.de. Die Redaktion wird bis Mittwoch (7. Oktober) , 16 Uhr, die Fragen annehmen, sortieren und eine Auswahl an die beiden Gesundheitsämter in Cloppenburg und Vechta zur Beantwortung weitergeben.