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Mit stolz geschwellter Brust ein Tritt für den Tritt

Meine Woche: Ein Umzug ist wie ein Abenteuer. Immer wieder kommen neue Überraschungen um die Ecke, manchmal auch Scherzbolde.

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Statt Koffer Kisten packen, hieß es bei mir kürzlich. Nein, es ging nicht auf eine von langer Hand geplante Expedition ins Ewige Eis, sondern ein paar Kilometer weiter in ein neues Zuhause. Aber auch ein Umzug hat seine Tücken. Einiges bleibt auf der Strecke. Im besten Fall nicht wie bei Polarforschern erst vier- und dann zweibeinige Gefährten, sondern wie bei mir die Kleiderstange. So ragte tagelang aus dem Kistengebirge ein Kleiderbügel-Kilimandscharo heraus und im Kleiderschrank türmten sich Klamotten, die das Hängen bevorzugen, Schicht um Schicht wie die Eiger Nordwand. Auch für einen Menschen wie mich, der das Provisorium liebt, war das irgendwann zu viel.

Ab ging es in den Baumarkt. Natürlich hatte ich vorher Maß genommen. Mit dem Zollstock versteht sich. Sicherheitshalber gab es noch Nachmessungen, außerdem einen Abzug Pi mal Daumen, da der Messstock ein klein wenig schräg gehalten werden musste. Eine Stange war schnell gefunden, ein freundlicher Baumarktmitarbeiter auch. Der kürzte sie nach meinen Angaben. Kurz darauf stand ich vor meinem Kleiderschrank wie der Ochs vorm Berg. Die Kleiderstange passte nicht. Ich hatte ganz offensichtlich die Aufhängung für die Stange beim Vermessen vernachlässigt.

Also wieder in den Baumarkt. Aber in einen anderen, die Blöße wollte ich mir dann doch nicht geben. Am Infostand erfuhr ich, dass hier schon im Markt das Heimwerkerprinzip „Do it yourself“ herrscht. Ich durfte mich also an der Werkbank erstmals mit einer manuellen Metallsäge vergnügen. Zunächst sah es so aus, als sei auch dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt. Die Säge fand einfach keinen Gripp an dem ovalen Rohr. Aber nachdem sich nach gefühlt Stunden eine kleine Rille gebildet hatte, ging es voran. Mit stolz geschwellter Brust, meiner traktierten Kleiderstange und einem Kreuzschraubenzieher verließ ich den Hort für Tüftler und Bastler.

„Beim Schrauben dämmerte mir, dass niedlich nicht unbedingt zweckmäßig ist.“

Tatsächlich passte die Stange. Der kurze Schraubenzieher sollte mir dabei helfen, einen Hocker zusammenzuzimmern. Der Wicht mit dem knubbeligen Griff war mir sofort ins Auge gesprungen: Für ein Werkzeug sah er doch zu putzig aus. Beim Schrauben dämmerte mir, dass niedlich nicht unbedingt zweckmäßig ist. Der moppelige Griff kollidierte immer wieder mit einer Strebe des Hockers. Nach zähem Drehen und unzähligen Verwünschungen war auch das geschafft.

Ohne Hocker wäre ich in meiner neuen Küche aufgeschmissen. Nur kurz fühlte ich mich mit Blick auf die Hängeschränke gigantisch. Ich musste mir eingestehen, entweder mit einem Hechtsprung Teller und Tassen aus dem zweiten Fach zu angeln, oder ein Tritt, also ein Hocker, muss her. Auch um an den Kühlschrankgriff zu kommen, muss ich mich strecken und recken. Halb so schlimm, finde ich, meine zuvorkommende Vermieterin nicht.

Deshalb habe ich 3 Stunden auf Pat und Patachon gewartet. Die beiden Scherzbolde von einem Küchenbauer sollten eine Kühlschranktür mit einem tieferen Griff bringen. Die sei noch nicht geliefert worden. Stattdessen hatten sie einen Mülleimerdeckel parat. Kein Witz.

Abenteurer, ob Forscher oder Umzügler, wissen, überall lauern Herausforderungen, man muss sie nur annehmen. Bis Pat und Patachon das nächste Mal klingeln, werde ich längst auf Stöckelschuhen durch die Küche tänzeln und den Hocker mit einem lässigen Tritt ins Aus befördern.


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