Mama hatte recht, es ist das Handy
Kolumne: Das Leben als Ernstfall – die Digital Natives und ihre Handys. Die beiden scheinen einfach zusammenzupassen. Das Smartphone wegzulegen, ist aber nicht so leicht, wie man denkt.
Ella Wenzel | 02.07.2025
Kolumne: Das Leben als Ernstfall – die Digital Natives und ihre Handys. Die beiden scheinen einfach zusammenzupassen. Das Smartphone wegzulegen, ist aber nicht so leicht, wie man denkt.
Ella Wenzel | 02.07.2025
Zwei Dinge im Leben sind sicher: Immer, immer wieder geht die Sonne auf. Und immer, immer wieder klingelt mein Handy. Denn seitdem Steve Jobs uns mit diesem gläsernen Wunder der Technik konfrontiert hat, sind wir nicht mehr alleine gewesen. Ich meine, was eine Innovation! Egal, wo ich bin, ich kann sofort erreicht werden – außer natürlich, ich bin in Südlohne. So richtig abschalten kann man da aber nicht. Stetig verfolgt mich das dumpfe Surren von Arbeits-Mails, privaten Nachrichten und Social-Media-Benachrichtigungen. Aber: Andere sind ja auch immer erreichbar – und das nutze ich schamlos aus. Mein größtes Opfer ist meine Mutter. Bei jeder noch so kleinen Kleinigkeit, ist sie gezwungen, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Denn ich bin zwar erwachsen, sie ist aber premium-erwachsen und weiß es halt wirklich besser. Schnelle Hilfe – Smartphones machen es möglich. Mit nur einer Erfindung wurde die Art, mit der wir Freundschaften führen, Wertschätzung zeigen, einkaufen, hassen, Essen bestellen und unser ganzes Leben strukturieren, revolutioniert. Und bei mir persönlich wurde auch die Emotionswelt revolutioniert. Wann, seitdem ich ein Smartphone habe, habe ich mich mal wirklich gelangweilt? Wie oft habe ich schon gescrollt, statt etwas zu machen, das mir wirklich Spaß gemacht hätte – weil es einfacher ist. Obwohl ich mich danach meist schlechter fühle. Oder, weil ich Angst hatte, etwas zu verpassen. „Wenn das Handy mir also Verbindung, Sicherheit und Unterhaltung bietet, wie könnte ich es dann weglegen wollen?“ Als Vertreterin der Generation Z fühle ich mich manchmal so, als wäre es meine Aufgabe, allzeit bereitzustehen, das Internet zu übersetzen. Sei es Slang, der neueste Trend oder die große App am Horizont – ist man durchgehend online, weiß man zwangsweise Bescheid. Das Internet ist ein Lebensraum, in dem ich mich seit Kindheitstagen bewege, einige Dinge verstehe ich schneller, als Menschen, die sich nach einer handyfreien Jugend in diese Meme-geplagte Kultur reinzwängen mussten. Es ist durchaus eine Stärke, Internet zu sprechen. Lösche ich Instagram, passe ich in beide Welten – die online und die offline – ein kleines bisschen schlechter. Wenn das Handy mir also Verbindung, Sicherheit und Unterhaltung bietet, wie könnte ich es dann weglegen wollen? Algorithmen erlauben es mir, Antworten auf Fragen zu bekommen, auf die ich noch gar nicht gekommen bin, die ich mir nie trauen würde, einem anderen Menschen zu stellen. Mit nur einem Nachteil: Ist mein Handy leer, werde ich nervös. Und das ist ein Problem. Also habe ich die Reißleine gezogen und mich aus den Apps ausgeloggt, die mir die meiste Zeit – und Lebensfreude – geraubt haben. Was nicht leicht ist, denn die schlauesten Menschen der Welt überlegen sich täglich, wie sie uns länger im Internet halten können; nutzen psychologische Erkenntnisse zu Suchtkrankheiten für die Entwicklung ihrer Apps. Und ich gebe seit Wochen mein Bestes, dem zu widerstehen und seit Jahren entwickelte Gewohnheiten abzulegen. Aber wenn mich etwas motiviert, dann ist es Trotz. Also konzentriere ich mich auf die Nachrichten der Menschen in meinem Umfeld und nicht auf die der Fremden auf Instagram und Co. Bleibt ein WhatsApp-Chat mal etwas länger unbeantwortet, ist das normal. Mein Handy lag eben in einem anderen Raum. Und wenn ich sehe, dass meine Bildschirmzeit um ein paar Stunden reduziert wurde, kann ich durchaus stolz sein.Eine Revolution der Emotionswelt
Der Trotz motiviert
Zur Person:
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