Löningen kurz vor Kriegsende „Frontstadt“
Noch verlustreichere Kämpfe um den Haseübergang in Böen hat ein französischer Kriegsgefangener verhindert, der den Briten im Nahen Bokah die dortige Holzbrücke zeigte.
Willi Siemer | 03.05.2020
Noch verlustreichere Kämpfe um den Haseübergang in Böen hat ein französischer Kriegsgefangener verhindert, der den Briten im Nahen Bokah die dortige Holzbrücke zeigte.
Willi Siemer | 03.05.2020
Schon im Sommer 1945 neu angelegt: Die in den Gefechten in und um Löningen und vor allem in Böen bei den Kämpfen um den Haseübergang im April 45 getöteten deutschen Soldaten wurden in der Brockhöhe hinter der Döen-Kapelle beigesetzt. An diese Stelle befanden sich bereits Gedenktafeln für die Toten der Schlacht von Königgrätz 1866 und des deutsch-französischen Kriegs 1870/71. Foto: Willi Siemer
Als „fast unerträglich“ schildert der Lehrer und Heimatforscher Georg Warnking in seinen Aufzeichnungen unter dem Titel „Löningen wird Frontstadt“ die letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs in der Gemeinde. Die Ereignisse der letzte Kriegswochen sind unter anderem durch Warnkings Aufzeichnngen, aber auch Berichte von Pfarrer Arlinhaus, dem von den Engländern eingesetzten ersten Löninger Bürgermeister nach seinem Nazi-Vorgänger Heinrich Holthaus und auch Zeitzeugen-Befragungen der Kriegsereignisse in Böen durch den früheren Vorsitzenden der Dorfgemeinschaft, Bernd Eick, gut dokumentiert. Die Bevölkerung litt vor allem unter dem täglichen, fast ununterbrochenen Fliegeralarm, da die Gemeinde in einer Haupt- Im Februar 1945 wurden mehrere Häuser, darunter auch das Amtsgerichtsgebäude an der Lindenallee und das Hotel Hölzen durch Bomben vollständig zerstört. Dort starben zwölf Menschen, darunter Mitarbeiter einer Tabakfabrik, die vor den Bomben aus Bremen aufs Land geflohen waren. Nach der Besetzung durchsuchten die englischen und in der britischen Armee kämpfende polnischen Soldaten alle Häuser nach deutschen Soldaten und plünderten alles, was als wertvoll erschien. Betroffen war auch das Haus des Heimatfotografen Töne Kramer, der dabei viele Apparate verlor, zudem, so erzählte er während der Arbeiten an seinen Bildbänden, habe er keine Filme kaufen und die Ereignisse von damals auch nicht festhalten können. In den ebenso sinnlosen wie vergeblichen Rückzugsgefechten gegen die von Haselünne aus über die heutige Bundesstraße und von Süden vor allem über Menslage vorrückenden Alliierten wurden 37 deutsche Soldaten getötet. Nachdem sie provisorisch in der Nähe ihrer letzten Kampforte, beigesetzt worden waren, entschlossen sich die Löninger sehr rasch, schon im Sommer 1945, diese Opfer alle auf einem neugeschaffenen Soldatenfriedhof an der Brockhöhe hinter der Döen-Klus beizusetzen. Dafür spendeten die Bürger Geld, Landwirte gaben Holz für die Särge, die Steine und Platten wurden mit Pferdefuhrwerken aus Bramsche herangeschafft. Die Arbeiter dort verlangten Tabak, da sie wohl wussten, dass es in Löningen große Spirituosen- und Tabaklager gegeben hatte, die kurz vor Beginn der Kampfhandlungen geräumt und an die Bevölkerung nicht nur Löningens verteilt worden waren. Die heftigsten Kämpfe mit etwa zwei Dutzend Toten auf beiden Seiten hatte es zuvor im Ortsteil Böen beim Versuch der Engländer gegeben, aus Richtung Menslage kommend, die Hase zu überqueren. Der Fluss wurde hier von deutschen Soldaten, darunter vielen gerade Einberufenen verteidigt. Die Brücke hatte rechtzeitig gesprengt werden können. Doch bevor die Briten am 11. April den verlustreichen Übergang mit Booten erzwingen mussten, war ihnen ein in Böen zwangsarbeitender französischer Kriegsgefangener mit einem umfunktionierten weißen Bettlaken entgegengeeilt und hatte sie über eine intakte Brücke gut zwei Kilometer haseaufwärts in Bokah informiert. Es sei eine „winzig kleine hölzerne Angelegenheit“ gewesen, beschreibt der englische Captain Pereira in seinen von August Wörmann in der MT-Beilage „Volkstum und Landschaft“ 1967 wiedergegebenen Erinnerungen. Es gelang den Briten nach sehr kurzem Kampf, die Brücke zu nehmen und mit Infanterieeinheiten auch von dieser Seite gegen den kleinen Ort vorzurücken. Es kam zu Kämpfen mit rund zwei Dutzend Toten. Mehrere Häuser im Ort, darunter die Höfe Siemer und Treye, wurden zerstört. Nach fünf Nächten, erzählt der damals sechs Jahre alte Bernd Eick, hätten die Familien, die sich in den umliegenden Wäldern Erdbunker gebaut hatten, wieder in den Ort auf ihre Höfe zurückkehren können. Zu den tragischten Episoden in Böen in diesen Tagen gehört der Tod des Feldwebels Ernst Böhmer. Eduard Bischoff, so erzählt es dessen Sohn, hatte dem 26-Jährigen Zivilsachen geben wollen und ihm angeboten, ihn zu verstecken. Doch der Oberpfälzer hatte Angst. Ein Tag später fand man ihn mit einem Kopfschuss tot auf Berges Land.
einflugschneise der alliierten Bomber lag, die vom Flughafen in Quakenbrück angegriffen wurden. Durch Bombenabwürfe, Notabwürfe, Kampfhandlungen und vor allem Artillerie-Beschuss aus Richtung Westen wurde etliche Häuser zerstört oder beschädigt.
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