Kriegst die (Schrank-)Tür nicht zu!
Meine Woche: Die Hoffnung stirbt zuletzt – das gilt auch bei immer enger werdenden Klamotten. Doch man muss die Hoffnung auch irgendwann in Würde begraben.
Heiko Bosse | 07.09.2025
Meine Woche: Die Hoffnung stirbt zuletzt – das gilt auch bei immer enger werdenden Klamotten. Doch man muss die Hoffnung auch irgendwann in Würde begraben.
Heiko Bosse | 07.09.2025
Wie viele Türen hat Ihr Kleiderschrank? Zwei? Oder vielleicht gar drei? Zwei müssen es zwingend sein, denn solch ein Kleiderschrank verlangt ja – ähnlich wie ein Bundestrainer – nach einer festen Raumaufteilung. Was in der Folge auch bedeutet, dass eines der Scharniere grundsätzlich quietscht und etwas sperrig öffnet. Zu dieser Thematik hören Sie dann im Haushalt seit 6 Monaten sowas wie: „Da kann ich wohl ein bisschen WD-40 drangeben.“ Passiert aber doch nie… Bei mir ist’s die rechte Schranktür, die quietscht. Nicht ohne Grund, ist sie doch die gefordertste, die Alltagstür, hinter der sich Hemden, Buxen, Gürtel und Wollmäuse befinden. Auf dieser Seite zählen wir durch, ob noch ausreichend weiße Hemden auf der Stange hängen, um vor Schwägerins Geburtstag am Samstag nicht noch bügeln zu müssen. Und dann gibt es die linke Tür eines jeden Kleiderschranks. Eine Tür, auf deren Innenseite ein erhobener Zeigefinger gemalt sein sollte, der unter der Sonne der Hoffnung sanfte Schatten wirft. Die linke ist beinahe so etwas wie die religiöse Seite. Hier hat es ganz viel mit Glauben zu tun. Wir glauben, dass wir eines Tages wieder in all die Klamottagen reinpassen, die da seit Jahren hängen und sich fragen, ob sie jemals wieder Tageslicht sehen werden. „Denn wir sind im tiefsten Inneren der festen Überzeugung: Das ist ja im Grunde alles kein Problem. Was sind schon 2 oder 3 Kilo?!“ Dabei haben wir zu jedem einzelnen Stück eine unverrückbare, von niemandem infrage zu stellende Daseinsberechtigung parat. „Das weiße Hemd im Slim-Fit-Schnitt? Das ist todschick und war teuer. Mit Unterhemd kriege ich es leider nicht mehr in die Hose, ABER mit 2 oder 3 Kilo weniger wäre das im Sommer noch top. Wegschmeißen kann ich’s nur einmal.“ Oder die beigefarbene Baumwollhose von Ralph Lauren – da zeigen wir uns durchaus selbstkritisch: „Klar, momentan spannt die am Bauch, ABER mit 2 oder 3 Kilo weniger wäre die wieder top zu meinen dunkelblauen Wildleder-Mokassins. Tu man noch nicht weg!“ Denn wir sind im tiefsten Inneren der festen Überzeugung: Das ist ja im Grunde alles kein Problem. Was sind schon 2 oder 3 Kilo?! Diesen Monat mache ich erstmal noch so weiter, weil da ja eh auch noch zwei Geburtstage anstehen, ABER ab kommendem Monat werden wir schlank! Ich gewöhne mir einfach an, wieder mittags statt abends warm zu essen, öfter mal grünes Gemüse statt Pasta aufs Porzellan zu bugsieren – Rotwein nur noch am Wochenende. Und die Mozartkugeln isst man sowieso nur aus Langeweile! Die lasse ich weg. Wenn ich dann knabbern will, gibt’s Cashewkerne. Jüngst ereilte mich dann – vielleicht lag’s an der spirituellen linken Schranktür – eine Erfahrung, ja, geradezu eine Erleuchtung, mit der ich so nicht gerechnet hatte. Angeregt durch eine kleine Zahn-OP in Tateinheit mit frisch vernähter Wunde im Esszimmer „durfte“ ich 3 bis 4 Tage lang schon in diesem Monat (trotz zweier Geburtstage) so leben, wie ich es mir für den kommenden just vorgenommen hatte: Abends gab’s weichgekochte Süßkartoffel zu stillem Wasser, tagsüber knabberte ich an Dinkelbrot ohne Kruste herum und genoss handwarmen Grüntee. Mein Korkenzieher setzte schon Rost an – mein Döner-Mann blätterte in den Todesanzeigen nach mir… Freunde der Nacht, an diesem Wochenende wird die linke Kleiderschrankseite ausgeräumt und in Säcken zum Container gefahren! Dafür ist das Leben echt zu kurz!Zur Person:
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