„Keiner von uns kommt hier lebend raus.“ So beginnt ein Zitat des Schauspielers Anthony Hopkins. „Also hört auf, euch wie ein Andenken zu behandeln! Esst leckeres Essen! Spaziert in der Sonne! Springt ins Meer! Sagt die Wahrheit und tragt euer Herz auf der Zunge! Seid albern! Seid freundlich! Seid komisch! Für nichts anderes ist Zeit.“
Als ich diese Passage vor ein paar Wochen in einem Beitrag zum Thema Glück im Radio hörte, war meine erste Reaktion: Diese Aussage ist ja wohl reichlich überzogen. Aber dann wurde ich nachdenklich. Sicherlich ein provozierender Ausspruch. Aber was ist daran falsch? Dass wir irgendwann alle sterben, ist eine Binsenweisheit. Genauso ist es mit der Botschaft „Lebt und genießt euer Leben“. Auch andere propagieren: „Sorge dich nicht, lebe!“
Oft sind es einfache Dinge und Kleinigkeiten, die im Leben zu Glück und Zufriedenheit führen. Schon in meiner Kindheit habe ich diese Erfahrung gemacht. Ich kann mich noch gut erinnern, wie happy ich war, als ich mein erstes Fahrrad bekam. Ein ausgemustertes von einer Cousine. Aber es war in Ordnung und fuhr. Und mit einem neuen bunten Kleidernetz am Hinterrad für mich fast wie neu. Wirkliches Glück definiert sich eben nicht nur über materielle Werte.
„Meist reichen Kleinigkeiten zum Glücklichsein nicht mehr aus. Materielle Großigkeiten sind jetzt eher Trumpf.“
Genauso war ein Besuch bei Oma-Vechta etwas Besonderes. Eigentlich eher langweilig. Aber bereits in den 1960er-Jahren spendierte sie meinem Bruder und mir immer eine Currywurst mit Pommes. Die durften wir von einer nicht weit entfernten Imbissbude holen. Dazu gab es reichlich Florida Boy. Einfach lecker! Gab’s zu Hause eigentlich nie.
Auch alle Jubeljahre ein Urlaub mit Mama in Bad Essen und dann und wann ein Schwimmbadbesuch mit Papa in Lohne waren Highlights. Dann hatten sie Zeit für mich. Was im Alltag eher selten war. Da standen sie ja in der Backstube oder hinter dem Verkaufstresen in unserer Bäckerei. Work-Life-Balance gab es damals weder als Begriff noch im täglichen Leben. Es waren die Nachkriegsjahre und Schuften für den Wiederaufbau war angesagt.
Seitdem hat sich vieles verändert. Meist reichen Kleinigkeiten zum Glücklichsein nicht mehr aus. Materielle „Großigkeiten“ sind jetzt eher Trumpf. Mehrmals im Jahr in Urlaub zu fahren, ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Dinge des täglichen Lebens, Gebrauchsgüter und Kleidung im Überfluss zur Verfügung zu haben, ebenfalls. Neue Sachen nach kurzem Gebrauch wegzuwerfen, ist trotz der öffentlich gebetsmühlenartig propagierten Nachhaltigkeit auch kein Aufreger mehr.
Aber sind wir dadurch glücklicher geworden? Wohl kaum! Zusammen mit der schönen neuen digitalen Welt waren wir noch nie so einsam wie jetzt. Mit der Folge einer rasanten Zunahme von psychischen Erkrankungen.
Also sollten wir vielleicht doch den Vorschlag von Anthony Hopkins beherzigen, um glücklicher zu werden? Ich denke schon. Denn eins ist klar: Keiner von uns kommt hier lebend raus!
Zur Person:
- Elisabeth Schlömer wohnt in Cloppenburg.
- Sie war Leiterin des Ludgerus-Werkes Lohne bis zu ihrem Ruhestand 2019.
- Momentan ist sie ehrenamtlich tätig bei den „Machern – zu jung, um alt zu sein“.