Vor Kurzem hat der mittlere Sohn der Familie Brinkmann aus Bösel seinen 3. Geburtstag gefeiert – aber es war nicht alles wie immer. „Sein Papa war nicht da“, berichtet Nicole Meyer. Denn der dreifache Familienvater Gerd Brinkmann liegt derzeit in einem Oldenburger Krankenhaus. Vor knapp 2 Monaten haben Ärzte herausgefunden, dass der 35-Jährige, der ursprünglich aus Friesoythe kommt, unheilbar an Lungenkrebs erkrankt ist. Das erzählt seine Schwester Nicole Meyer, die für ihren Bruder und seine Familie einen Spendenaufruf initiiert hat.
Mehr als 150.000 Euro wurden mit Stand 16. Oktober auf der Online-Plattform „Gofundme“ gesammelt. Der Aufruf gehörte eine Zeit lang zu denen mit den meisten Spenderinnen und Spendern. 2700 Menschen haben einen Beitrag geleistet, darunter auch Vereine und Unternehmen aus dem Nordkreis Cloppenburg. Nicole Meyer lebt selber im Südkreis Vechta und hatte überlegt, wie sie die Familie aus der Ferne unterstützen kann, erzählt sie. Die Beteiligung sei für sie „nicht in Worte zu fassen“, sie würde sich dennoch gerne einfach bedanken. „Die gesamte Familie ist begeistert und überwältigt von dieser Welle der Unterstützung“, schrieb Meyer in einem Update auf Gofundme. Auch wenn das ihren Bruder nicht wieder gesund machen würde, würden die Spenden immerhin für finanzielle Entlastung sorgen.
Bei Ärzte-Marathon war klar, dass es etwas Ernstes ist
Anfang August habe ihr Bruder über starke Rückenschmerzen geklagt. Dabei habe er sich nichts Böses gedacht, weil er schon mal etwas mit der Wirbelsäule hatte. Der Orthopäde, zu dem Brinkmann ging, hatte laut Meyer jedoch einen ersten Verdacht und ordnete eine Magnetresonanztomografie (MRT) an. Darauf habe man Veränderungen im Lendenwirbelbereich sehen können. Als ihr Bruder zum Onkologen überwiesen worden ist, sei es ihm schon deutlich schlechter gegangen, er war beispielsweise sehr kurzatmig, erzählt Meyer. In der Pneumologie hätten sie dann festgestellt, dass die Ursache für die Probleme die Lunge sei.
In der Lunge muss der Krebs angefangen sein, doch die Metastasen waren schon bis zu den Wirbeln gestreut, berichtet die Schwester. Die Ärzte haben feststellen können, dass eine genetische Mutation Schuld daran ist. Gerd Brinkmann hatte den Krebs also theoretisch schon immer in seinem Körper, warum er genau jetzt ausgebrochen ist, wüssten auch die Ärzte nicht. Dass es etwas Ernstes sein könnte, stand bei dem Ärzte-Marathon von Beginn an im Raum, blickt Meyer zurück. Es sei eher darum gegangen, woher der Krebs kommt und was man dagegen tun kann.
Böseler unterzieht sich drei Behandlungen gleichzeitig
Die Antwort sei „nicht viel“, der Lungenkrebs ist unheilbar, eine Operation nicht möglich, so seine Schwester. Gerd Brinkmann wird also „palliativ behandelt“, was so viel bedeutet, die Schmerzen zu lindern. Man könne nur noch versuchen, den Tumor in seinem Wachstum zu begrenzen. Drei Behandlungen gleichzeitig unterziehe sich der Böseler aktuell. Einmal eine Immuntherapie in Tablettenform, die durch eine Studie gefördert wird, dann eine Chemotherapie, da werden die Medikamente durch einen Tropf verabreicht und dann werden noch die Metastasen im Lendenwirbelbereich bestrahlt, berichtet Meyer.
Das soll die Wirbel verknöchern und damit das Risiko senken, dass ihr Bruder sich schon durch einfache Bewegungen etwas bricht oder ihm eine Querschnittslähmung droht, erläutert die Schwester. Seit August liege Gerd Brinkmann fast durchgängig im Krankenhaus, mit starken Schmerzen. „Seit der Diagnose ging es bergab“, berichtet Nicole Meyer. Aktuell hoffen sie alle, dass die Therapien anschlagen, damit der 35-Jährige die Zeit, die ihm noch bleibt, mit seiner Familie ohne Schmerzen genießen kann. Es gebe momentan einen Lichtblick.
„Er war schon immer ein positiver Mensch und ist das jetzt auch noch.“
Nicole Meyer über ihren Bruder, der an Lungenkrebs erkrankt ist
Er würde so gerne nach Hause, erzählt Nicole Meyer. Dorthin sei gerade erst ein Familienbett geliefert worden, bei dem ein Teil elektrisch verstellbar ist. So sollen seine drei Söhne im Alter von 5 und 3 Jahren sowie 11 Monaten ihn nicht allein und schwach im Krankenbett in Erinnerung behalten, weiß seine Schwester. Das Bett sei die erste Anschaffung von dem gespendeten Geld gewesen. Sie bewundert ihren Bruder für seine positive Einstellung. „Er war schon immer ein positiver Mensch und ist das jetzt auch noch. Ich weiß nicht, ob ich das so hinkriegen würde.“
Gerd Brinkmann freue sich immer über jede Ablenkung und Besuch im Krankenhaus, die Familie und Freunde unterstützen außerdem seine Frau im Alltag mit den drei Kindern, berichtet Meyer. Bald kann der Vater hoffentlich zu seiner Familie zurückkehren. „Er würde gerne noch mal in den Urlaub fahren mit den Kindern“, erzählt die Schwester. Mitleid wünsche sich ihr Bruder nicht, er habe sich mit der Krankheit abgefunden und möchte das Leben feiern – „auch wenn es kurz sein mag“.