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Im Einsatz für die, die kein Zuhause haben

Das Team der Ambulanten Wohnungslosenhilfe in Vechta betreut viele Klienten. Durch die Corona-Krise könnte sich die Situation weiter verschärfen.

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Wichtige Anlaufstelle in der Not: Einrichtungsleiter Thomas Pille (rechts) und sein Kollege Hans-Jochen Steinhagen wissen um die existenziellen Probleme, die ein Wohnungsverlust mit sich bringt. Foto: Speckmann

Wichtige Anlaufstelle in der Not: Einrichtungsleiter Thomas Pille (rechts) und sein Kollege Hans-Jochen Steinhagen wissen um die existenziellen Probleme, die ein Wohnungsverlust mit sich bringt. Foto: Speckmann

Viele Menschen befinden sich in Kurzarbeit, andere bangen um ihren Job oder haben ihn schon verloren. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind auf dem Arbeitsmarkt deutlich zu spüren. Und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich die Auswirkungen auch in der Wohnsituation niederschlagen. Dann stehen die Menschen auf der Straße und klopfen bei Einrichtungen wie der Ambulanten Wohnungslosenhilfe in Vechta an.

"Bis jetzt macht sich die Krise bei uns noch nicht bemerkbar, aber das könnte zeitversetzt kommen", erklärt Einrichtungsleiter Thomas Pille. Er hält es für möglich, dass die Entwicklung vielleicht schon zum Jahresende zu spüren ist, denn eine Verschlechterung der Einkommensverhältnisse hat häufig den Verlust der eigenen vier Wände zur Folge. Spätestens dann sind die mittellosen Menschen auf soziale Unterstützung angewiesen.

Wohnungslosenhilfe hat 2019 über 100 Personen beraten

Über mangelnden Zulauf kann sich die Ambulante Wohnungslosenhilfe für den Landkreis Vechta, die sich in Trägerschaft des Katholischen Vereins für soziale Dienste Vechta (SKM) befindet, schon jetzt nicht beklagen. In dem Haus am Dominikanerweg sind allein im vergangenen Jahr insgesamt 102 Personen beraten und betreut worden, darunter 85 Männer und 17 Frauen. Im Vorjahr waren es 100 Klienten. Das geht aus dem jetzt vorgelegten Jahresbericht hervor.

Die Einrichtung hilft Menschen bei der Wohnungssuche, kümmert sich um finanzielle Angelegenheiten und regelt Ansprüche gegenüber Sozialleistungsträgern. Diese Arbeit fängt oft schon bei der Bereitstellung einer Post- und Zustelladresse an. Wer keine feste Meldeadresse hat, kann sich den Schriftverkehr des Jobcenters und anderer Behörden an die Ambulante Wohnungslosenhilfe schicken lassen.

"Eine Sicherheit und rechtliche Grundlage bietet die Unterkunft bei Bekannten oder Freunden auf keinen Fall."

Thomas Pille, Leiter der Ambulanten Wohnungslosenhilfe des Katholischen Vereins für soziale Dienste Vechta (SKM)

Schon in der Erstberatung offenbart sich Thomas Pille und seinem Kollegen Hans-Jochen Steinhagen die Not der Menschen. Nahezu jeder achte Hilfesuchende gebe an, dass er in der Nacht zuvor ohne jegliche Bleibe gewesen sei. "Das bedeutet auch, dass diese Personen nicht wissen, wo sie die nächste Nacht verbringen können", sagt Pille. Um eine sofortige Unterbringung sicherzustellen, würden die Betroffenen direkt an das Ordnungsamt vermittelt.

Etwa die Hälfte der Ratsuchenden habe im ersten Gespräch angegeben, dass sie bei Bekannten Unterschlupf gefunden hätten. Doch das sei keine Dauerlösung für die Betroffenen. Sie seien dort lediglich geduldet und hätten somit nur vorübergehend eine Unterkunft. "Eine Sicherheit und rechtliche Grundlage bietet die Unterkunft bei Bekannten oder Freunden auf keinen Fall", erklärt Sozialarbeiter Steinhagen.

Mangelnder Wohnraum ist ein großes Problem

Die Wohnungslosenhilfe hält drei Übergangswohnungen am Dominikanerweg vor. Die Nutzung ist zeitlich begrenzt. Schließlich ist es das Ziel, dass die Menschen wieder auf eigenen Füßen stehen und sich um eine neue Wohnung kümmern. "Unsere langjährigen Erfahrungen zeigen, dass dieses spezifische Angebot wichtige Perspektiven und Sicherheit schafft, um langfristig die eigene Lebenssituation wieder zu verbessern und zu stabilisieren", sagt Diplom-Pädagoge Pille.

Allerdings sei es für die Betroffenen gar nicht so einfach, ein neues Zuhause zu organisieren. Wegen des schon seit langer Zeit mangelnden Angebotes an Wohnraum hätten sowohl Empfänger von Sozialhilfeleistungen als auch Geringverdiener kaum noch die Chance, in relativ kurzer Zeit im Landkreis Vechta eine finanzierbare Wohnung zu finden. Für diese Personengruppen stelle ein drohender oder bereits eingetretener Wohnungsverlust immer auch die Gefahr dar, über einen langen Zeitraum wohnungslos zu sein.

Aufgrund der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt habe es zuletzt vermehrt Erstberatungen von Personen gegeben, die nicht zur klassischen Zielgruppe zählten. Etwa Männer oder Frauen, die sich nach einer Trennung aufgrund des geringen Einkommens keine eigene Wohnung leisten könnten. Auffällig sei auch, dass sich immer mehr junge Leute melden würden. Allein zwölf Prozent der Ratsuchenden seien unter 19 Jahren.

Ein erheblicher Anteil der Klienten habe einen Migrationshintergrund. Diese Menschen hätten oft nur ein geringes Einkommen, wenn sie beispielsweise als Leiharbeiter beschäftigt seien, berichtet Pille. Bei Personen aus EU-Staaten, die sich in erster Linie zur Erwerbstätigkeit in Deutschland aufhielten, sei mit der Arbeitsstelle häufig auch eine Firmenunterkunft verbunden. Das bedeutet, dass die Betroffenen keine Unterkunft mehr hätten, wenn sie ihren Job verlieren.

Sprachbarrieren erschweren die Beratung

Was die Beratung der zugereisten Klienten häufig schwierig macht, sind die sprachlichen Barrieren. Hin und wieder ist zwar eine Verständigung auf Englisch möglich, aber die Konversation nimmt viel Zeit in Anspruch. "Für die Zukunft ist unbedingt darüber nachzudenken, wie in Beratungseinrichtungen diese sprachlichen Barrieren erfolgreich überwunden oder aus dem Weg geräumt werden können", sagt Steinhagen.

Bewährt hat sich der Wohnungsmarkt-Service. Einmal pro Woche wird eine Übersicht mit Inseraten aus Zeitungen, Angeboten von Maklern und Wohnungsbaugesellschaften sowie Annoncen aus dem Internet zusammengestellt. Das Angebot für Wohnungssuchende hat sich schon herumgesprochen, sodass inzwischen auch Justizvollzugsanstalten, Suchtkliniken und Bewährungshelfer die Liste für ihre Klienten anfordern.

  • Info: Sprechstunden sind montags bis freitags, jeweils 9 bis 12 Uhr, in der Beratungsstelle, Dominikanerweg 8, Vechta. Tel. 04441-7322 oder E-Mail wohnungslosenhilfe@skm-vechta.de.

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