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Gib alles, Opa!

Kolumne: Auf ein Wort – Eine Woche Wattenmeer mit der gesamten Familie. Keine reine Erholung, das war uns klar. Aber mit dem nötigen Freiraum ist es ein gelungener Urlaub geworden.

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Eine Woche Holland, nah am Wattenmeer. Wetter? Solala... Ruhe? Nein. Stress? Ja. Sag mal, was war das denn für ein Urlaub?

Mit der gesamten Familie. Oma, Opa, sechs Kinder, Schwiegerkinder, Enkelkinder, insgesamt waren wir 25 Personen. Zwei sind früher gefahren, zwei sind später gekommen. Quartier? Eins mit Sternchen, ein riesengroßes, reetgedecktes Bauernhaus. Die Enkelkinder hatten eine unglaublich große Spielfläche und reichlich Spielmöglichkeiten, um sich auszutoben. Alle hatten ein Bett und genug Rückzugsmöglichkeiten gab es auch. W-Lan war vorhanden, nicht ganz unwichtig.

Beziehungen untereinander bauen und stärken

Wie wir das mit den Mahlzeiten gemacht haben? Ganz einfach: Jeder war für einen Tag verantwortlich: Meine Frau und ich, jedes Kind mit Familie und schon war die Woche um. Spätes Frühstück, frische Brötchen und Abendessen warm. Wer mittags Hunger hatte, versorgte sich mit Müsli oder Schokoriegel.

In der Tat, für uns als Großeltern war es kein reiner Erholungsurlaub, aber das war uns bewusst. 100 Spiele gespielt. Miteinander geredet, zugehört, gelacht, sich gefreut und sich ab und zu auch zurückgezogen, um ein paar Seiten zu lesen. Zeit für die Enkelkinder, 20 Jahre bis 9 Monate, keines wohnt in Vechta. Darum ist diese eine Woche ein Pfund. Beziehungen untereinander bauen und stärken. Die bauen sich ja nicht von allein, nur mit frommen Wünschen. Beziehungspflege kostet Kraft, man gibt ein Stück der eigenen Seele. Strahlende Kinderaugen und Gekicher sind ein überwältigendes Echo.

"Und wenn ich mal keine Lust auf Enkel hatte? Dann hat mich ein Jesuswort aus dem Bett der Bequemlichkeit gerufen und meine Kreativität geweckt: 'Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.' Auf geht's!"

Wunderbar, wenn die 5-Jährige kommt, sich auf meinen Schoß setzt und fragt: „Opa, erzählst du mir eine Geschichte vom großen und vom kleinen Wolf?“ „Na, klar!“ Auf einmal können Tiere sprechen, haben Gefühle, und der große Wolf hat mit seinem kleinen Wolf die gleichen Probleme, wie die Enkel mit ihren Eltern. Das Schöne aber ist, es finden sich immer Lösungen. Ich staune stets aufs Neue, wie genau die Kinder zuhören. Während ich vergessen hatte, dass der kleine Wolf vorgestern noch eine gebrochene Pfote hatte, kommt jetzt die Frage: „Aber die Pfote war doch gebrochen. Heilen die Wunden bei Wölfen schneller?“ Tja, was bleibt einem anderes übrig, als mit dem Kopf zu nicken.

Nein, wir haben nicht alles gemeinsam gemacht. Jede Familie hatte ihren Freiraum. Die Jüngste zum Beispiel hatte Hochzeitstag. Sie und der Schwiegersohn sind auswärts essen gegangen, der Rest der Familie hat ihre Kinder übernommen. Und später am Abend, beim Glas Wein oder der Flasche Bier, wenn die Lütten schliefen, haben die Älteren gespielt und erzählt.

Und wenn ich mal keine Lust auf Enkel hatte? Dann hat mich ein Jesuswort aus dem Bett der Bequemlichkeit gerufen und meine Kreativität geweckt: „Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ Auf geht's!


Zur Person:

  • Jörg Schlüter ist evangelischer Pfarrer im Ruhestand.
  • Sie erreichen den Autor per E-Mail unter: redaktion@om-medien.de.

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