Gefangen im „Touri-Modus“
Meine Woche: Londons Hotspots für Reisende sind Buckingham Palace, Big Ben und Co., doch der echte Spaß kommt erst abseits von ihnen bei der eigenen Entdeckungstour auf.
Thorin Mentrup | 14.09.2025
Meine Woche: Londons Hotspots für Reisende sind Buckingham Palace, Big Ben und Co., doch der echte Spaß kommt erst abseits von ihnen bei der eigenen Entdeckungstour auf.
Thorin Mentrup | 14.09.2025
Da standen wir also: mein bester Freund Dominik und ich. Am Buckingham Palace in London hatten wir uns in einen Pulk gequetscht, geschoben, gedrängelt, der sich in fünf, vielleicht auch sechs Reihen vor der Residenz von König Charles III. versammelt hatte, um … ja, was eigentlich? Um vor dem Zaun im – das Klischee lässt grüßen – englischen Regen zu stehen? Um dem Wachwechsel zuzuschauen, von dem wir nicht einmal wussten, wann genau er stattfindet? Oder um durch Zufall einen Blick auf den Monarchen zu erhaschen? Wir haben uns die Frage nach dem Warum Stunden später, längst wieder trocken, noch gestellt. Allein: Eine gute Antwort fanden wir nicht. Es war unsere dritte London-Kurzreise, und das erste Mal ging es darum, etwas mehr zu sehen. In dieser Hinsicht waren wir in den Vorjahren nicht sehr fleißig gewesen. Verrückt genug, dass wir erst bei unserem zweiten Trip einen Abstecher zur Tower Bridge gemacht hatten, die fußläufig nur 10 Minuten von unserem Hotel entfernt war. Wir hatten – wo das Wort „verrückt“ bereits gefallen ist – eben nur Wrestling im Wembley-Stadion im Kopf gehabt. Was da so passiert, ist vielleicht ein Thema für meine nächste Kolumne. „Fehlte nur noch ein Haufen Fotos für Instagram, für eine Handvoll Likes mit Hashtags wie ‚#travel‘, ,#londonliebe' oder – noch irrsinniger – ,#londoncalling' versehen.“ Nach 2 Jahren Sport und Show wollten wir dieses Mal andere Schwerpunkte setzen. Also strichen wir erst einmal ein paar Dinge von der touristischen „Bucket List“. Auf der steht bekanntlich einiges mehr als die Tower Bridge und der Buckingham Palace: Big Ben, Hyde Park, St. Paul’s Cathedral oder auch die Baker Street 221 B, in der Sherlock Holmes lebte, und, und, und. Muss man mal gesehen haben, sagen alle. Sonst war das doch keine London-Reise, sagen alle. Also klapperten wir diese Hotspots ab, eher pflichtbewusst als begeistert. Gefangen im „Touri-Modus“. Fehlte nur noch ein Haufen Fotos für Instagram, für eine Handvoll Likes mit Hashtags wie „#travel“, „#londonliebe“ oder – noch irrsinniger – „#londoncalling“ versehen. So beeindruckend, wie wir erwartet hatten, war vieles nicht. Viel schöner war’s für uns, einfach draufloszulaufen. Uns in die Menge vor dem Pub zu quetschen, zu schieben, zu drängeln, und mit den anderen Gästen und einem Pint in der Hand über Gott und die Welt und Arsenals nächste verpasste Meisterschaft zu schwadronieren, obwohl unser Englisch im Laufe des Abends nicht unbedingt besser wurde. Und mittendrin Thomas, laut eigener Aussage ein waschechter Londoner, der keinen Tee mag. Als Brite! Bis heute sind wir nicht sicher, ob er versucht hat, uns einen gewaltig großen Bären aufzubinden. Es sind Momente wie diese, die hängen bleiben. Einzelheiten des Big Ben habe ich längst vergessen, den Sonntag, als wir uns auf einmal in Shoreditch mit seinen Galerien, Secondhandläden und Streetfoodständen wiederfanden, dagegen nicht. Wir zwei Kerle vom Land haben im Hipster-Viertel Augen gemacht, das kann ich Ihnen versichern. Und uns obendrein fürstlich die Bäuche vollgeschlagen mit Essen, von dem wir bis dato in der Regel noch nie etwas gehört hatten und dessen Namen wir mit Sicherheit falsch aussprachen und -sprechen. Geschmeckt hat’s trotzdem. So hat London doch noch richtig Spaß gemacht. Das Schöne: Entdeckt haben wir längst noch nicht alles. Wir kommen noch mal wieder, erst einmal fürs Wrestling im Wembley-Stadion. Vielleicht hat Thomas ja Lust mitzukommen. Tee trinkt dort nämlich niemand.Zur Person:
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