Fake Club Athletic Cloppenburg?

Der Begriff „Athletik“ stammt vom lateinischen „athleta“ oder altgriechischen „athletes“. Wörtlich übersetzt heißt er Wettkämpfer, Ringkämpfer oder auch „kraftvoller, muskulöser Mensch“. Seit Wochen geistert durch Cloppenburgs Fußballerköpfe ein FC Athletic Cloppenburg. Ist der Ballspielverein wieder aufgestiegen? Es raucht und qualmt und riecht deutlich mehr als eine Kicker-Kluft nach 90 Minuten plus Verlängerung und Nachspielzeit. Zum allergrößten Leidwesen ihrer Fans liegt die Droge BVC im Giftschrank. Verriegelt und verrammelt. Die Cloppenburger Fußballfans auf kaltem Entzug, voll „auf
Turkey“, „seit ewig und 3 Tagen“ kurz vorm Delirium tremens. Fußballgott, warum hast du uns verlassen?

Der BVC befindet sich seit 2020 in der Insolvenz. Auch so ein schönes lateinisches Wort („insolventia“) und meint auf gut Deutsch: Der Verein ist seit Jahren pleite, bankrott, zahlungsunfähig. Basta. Dabei galt der
Ballspielverein Cloppenburg von 1919 schon mal als „Millionärsclub“ und stieg die Ligen lustig rauf und runter. Lust und Leid lagen aber oft nah beieinander. Jeder einigermaßen Berufene durfte mal ran ans Not-Operieren, bis der Patient dann vor knapp 5 Jahren unter einem Berg von Schulden zusammenbrach und das Zeitliche segnete. Schuldenbremse? Hat Zeit bis zur nächsthöheren Liga. Dann Abpfiff, Ende und Aus. Da halfen weder Doktoren oder Professoren noch Bürgermeister oder Advokaten. An VIPs wie an Ratschlägen war ja kein Mangel. Viele Schläge, wenig Rat. Der BVC blieb tot, und der Insolvenzverwalter trat sein Amt als Totengräber an.

Was bleibt, ist der Phantomschmerz nach der Amputation. Bei „Hofrogge“ verbleichen an den Kneipenwänden die Fotos aus seligen Zeiten. Martin Wessels, Gert Hafer, „Kulik“ Jürgen Wendt, „Neger“ Luttmann, um nur einige zu nennen, blicken einen an, nichts Böses ahnend. Manchmal meint man den alten Bruno Ebel an seinem Theken-Stammplatz bei „Ferdi“ wie beim Training bölken zu hören. Längst passé. Auch er trainiert schon lange auf der Wolke.

„Die Zutaten nähren das Geheimnis und das Lauffeuer die Gerüchte.“

In ein dermaßen tiefes Vakuum stößt sich’s leicht. Solche Sehnsüchte schreien doch nach Erfüllung. Da ist der Weg frei für Missionare und Muselmane, Wiederkehrer, Seher und Beter wie Bekehrte. Und wie aus dem Nichts springt dann kraftvoll und muskulös ein FC Athletik in die leere Arena. Alles hält die Luft an. Ist er da, der Erlöser? Der Schmerz gebiert ein Phantom. Hurra: Es gibt doch noch einen Fußballgott.

Die Zutaten nähren das Geheimnis und das Lauffeuer die Gerüchte. Wichtige Leute seien es, die dahinter stünden, heißt es. Mit einem Haufen Geld natürlich. Und noch mehr gutem Willen. Für Gottes Lohn und König Fußball. Zwar von außerhalb, aber ganz doll für Cloppenburg. Langer Atem sowieso. Eine Aufgabe für Jahrzehnte. Von der 3. Kreisklasse immer weiter hoch. Erst die Herren- dann die Damenmannschaft. Und die Jugend kommt selbstverständlich auch noch dazu. Mein Gott, was kostet die Welt? Das Stadion? Man redet mit der Stadt. Der Name BVC? Brauchen wir nicht. Wer kommt zum Auftaktspiel? Atletico de Madrid? Oder Bilbao? Auf jeden Fall doch Primera Division. Sonst noch Wünsche? Wünsch dir was.

Sämtliche üblichen Verdächtigen leugnen jegliche Beihilfe oder gar Mittäterschaft. Warum so geheimnisvoll? Man weiß es nicht. Es blüht so schön, wenn Fantasien blühen. Nicht verraten und nicht weitersagen: Der FC Athletic Cloppenburg heißt in Wirklichkeit „Fake Club Athletic Cloppenburg“. Sagen Ernst & Friends am Tisch. Doch nichts Genaues weiß selbst Kallemann nicht. Und das will schon was heißen. Und so wird weiter gefragt, gejagt in Cloppenburgs Fußballer-Einöde.

Zur Person:

Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.