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Einzelschicksale im Zentrum der Erinnerung

Bei der traditionellen Leuchterübergabe zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 legten Schülerinnen des Albertus-Magnus-Gymnasiums den Fokus auf das individuelle Leid von Menschen und Familien.

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Wechsel nach 12 Monaten: Für das AMG übergaben vier Schüler den Leuchter, der an die Gewalttaten der Reichspogromnacht am 9. November 1938 erinnert, an Schülerin Kristin Marterne (links) und Schulleiterin Vera Cordes von der Sophie-Scholl-Schule weiter. Foto: Stix

Wechsel nach 12 Monaten: Für das AMG übergaben vier Schüler den Leuchter, der an die Gewalttaten der Reichspogromnacht am 9. November 1938 erinnert, an Schülerin Kristin Marterne (links) und Schulleiterin Vera Cordes von der Sophie-Scholl-Schule weiter. Foto: Stix

Das Datum ist eines der schlimmsten in der deutschen Geschichte: Am 9. November 1938 zerstörten nationalsozialistische Schlägertruppen von SS und SA in der Reichspogromnacht rund 1400 Synagogen sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe und begannen damit den Vernichtungskrieg gegen Juden und jüdisches Leben. Am 9. November 2023 erinnerten Schülerinnen und Schüler des Friesoyther Albertus-Magnus-Gymnasiums (AMG) an die Taten, an die Schicksale von NS-Opfern und daran, dass jede und jeder Einzelne aufgerufen ist, etwas Ähnliches heute und in Zukunft zu verhindern.

Anlass war die schon traditionelle Übergabe eines Leuchters, den die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit vor vielen Jahren gestiftet hatte. Dieser Leuchter wandert seitdem durch die Schulen des Nordkreises. Am Freitag übergab ihn das AMG an die Sophie-Scholl-Schule in Altenoythe. 

Antisemitismus kein "überwundenes und marginales Randphänomen"

AMG-Direktor Peter Stelter verwies in seiner Begrüßungsrede auf die Aktualität des Themas. "Wer hätte noch vor ein paar Wochen erahnt", sagte er, "wie bedrückend aktuell und brachial der Antisemitismus aus dem vermeintlichen Dunkel der Geschichte in unsere Gegenwart donnern würde?" Leider sei Antisemitismus kein "überwundenes und marginales Randphänomen", das "lediglich am rechten Narrensaum unserer Gesellschaft" zu finden sei.

Im Zentrum der Veranstaltung standen das Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus. Sieben Schülerinnen stellten exemplarisch die Schicksale von fünf Menschen und Familien im Nationalsozialismus vor. Hanno Günther etwa, der als Teil einer Widerstandsgruppe am 3. Dezember 1942, kurz vor seinem 22. Geburtstag, hingerichtet wurde. Oder Nina Müller aus Prag, der als Jüdin 1939 der Schulbesuch verboten wurde. 1942 verschleppten die Nazis sie nach Theresienstadt, am 17. April 1945 starb sie mit 24 Jahren im KZ Bergen-Belsen.

AMG wünscht sich Erinnerungstafel für Familie Willner

Auch mit der jüdischen Friesoyther Familie Willner hatten sich die Schülerinnen beschäftigt. Friedrich Willner kam 1914 als Viehhändler nach Friesoythe und kaufte 1919 das Haus Meeschenstraße 5. 1935 wurde die Familie enteignet, 1943 starben Friedrich und Betty Willner sowie ihre Tochter Johanne im Vernichtungslager Sobibor. Ihr ehemaliges Zuhause steht heute auf dem Gelände des AMG. Nach Ansicht der Schülerinnen sollte durch eine Infosäule am Haus daran erinnert werden, dass auch in Friesoythe Menschen dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer fielen.

Nach Grußworten von Irmtraud Kannen von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, vom stellvertretenden Landrat Bernhard Möller und von Johannes Rohlfing, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Friesoythe, übergab das AMG den Leuchter an die Schülerin Kristin Materne und Schulleiterin Vera Cordes von der Sophie-Scholl-Schule. Dort wird er nun, versicherte Cordes, 12 Monate lang immer wieder Bestandteil des Unterrichts sein und auch in die Projektwoche eingebaut werden. 

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