Einigermaßen untrainiert
Kolumne: Das Leben als Ernstfall – Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Zumindest nicht ohne Gesichtsverlust. Aber was soll’s, es sind ja nur 450 Kilometer.
Heiner Stix | 19.06.2024
Kolumne: Das Leben als Ernstfall – Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Zumindest nicht ohne Gesichtsverlust. Aber was soll’s, es sind ja nur 450 Kilometer.
Heiner Stix | 19.06.2024
Der Ernstfall ist nahe, die Uhr tickt. Unausweichlich. Und man darf sich da auch nichts vormachen: Der Kipppunkt ist erreicht, Alternativen gibt es nicht. Nicht mehr. Wir müssen da durch. Also ich muss da durch, Sie nicht unbedingt. Denn Fakt ist: Ich werde Fahrrad fahren. Zugegeben, der Neuigkeitswert dieser Nachricht ist relativ überschaubar. Nicht existent sogar. Denn natürlich fahre ich bereits mit dem Fahrrad. Hin und wieder, meist eher hin und her, also zur Arbeit und nach Hause oder so. Mitte Juli aber, in nicht einmal 4 Wochen, geht es nur hin. Richtung Mainz, nach Bodenheim, um genau zu sein, unter anderem des Weines wegen. Ich sehe jetzt schon so zwei, drei Kollegen vor mir, die belustigt mit den Schultern zucken und mehr oder weniger leise das Wort „Spaziergang“ formulieren. Gut, wer mehrmals die Woche mit dem Rad von Wildeshausen nach Emstek pendelt, hat da gewisse Vorteile, aber was soll ich machen? Die 1,3 Kilometer im Friesoyther Stadtverkehr taugen nicht wirklich als Trainingsstrecke. Und deshalb, aber auch weil ich selbst an Wochenenden kaum Zeit fürs Radfahren finde (diverse Stimmen im Hintergrund: finden will), sind für mich 450 Kilometer in fünf Etappen, mit Gepäck und eben einigermaßen untrainiert, dann doch eine Herausforderung. Trotz E-Bike, altersbedingt, Sie verstehen. „Vor Kurzem, also vor etwa 4 oder 5 Jahren, 2015 oder 2016, um genau zu sein, sind wir, also ein Kumpel und ich, schon mal eine ähnliche Tour gefahren.“ Dabei, das muss ich zu meiner Ehrenrettung jetzt dann doch mal unterbringen, ist das nicht die erste längere Tour meines Lebens. Vor Kurzem, also vor etwa 4 oder 5 Jahren, 2015 oder 2016, um genau zu sein, sind wir, also ein Kumpel und ich, schon mal eine ähnliche Tour gefahren. Naja, was heißt ähnlich. Von Nordspanien nach Lissabon, soweit möglich immer an der Küste lang. Damals noch ohne elektrische Unterstützung, dafür mit weniger Jahren auf dem Buckel und deutlich mehr Trainingskilometern in den Beinen. Eben jener Kumpel hat jetzt auch unsere Strecke nach Bodenheim en détail ausgetüftelt. Dank seiner Planungen weiß ich jetzt, dass die ersten zwei Etappen eher eben verlaufen werden – insgesamt 310 Meter geht es auf den 180 Kilometern nach oben. Ist ja schon mal nicht so viel, dass man Angst davor haben müsste. 71,6 Kilometer Fahrradweg, 33 Kilometer Nebenstraßen, 21,2 Kilometer Single Trail, also Trampelpfad, und weniger als 100 Meter Bundesstraße. Unter anderem. Die nächsten 120 Kilometer sind dann schon anspruchsvoller. Insgesamt 1560 Meter bergauf, höchste Anforderungen an Kondition und Können, sagt die App. Äh, ja. Dass die Tour höchste Ansprüche an meine Kondition stellen wird, weiß ich auch ohne App. Das mit dem Können allerdings erschließt sich mir bei nur 2,2 Kilometern Single Trail nicht unbedingt. Das wird wohl zu machen sein. Lustig wird dann die Etappe nach Bodenheim. Nicht nur wegen der beweglichen Brücke, über die wir in Mainz müssen, sondern weil da zwei längere Abschnitte enthalten sind, für die die App keinen Vorschlag hat. Einer davon führt 1,41 Kilometer schräg über den Rhein. Da ist dann wahrscheinlich auch Schieben keine Option. Was für ein glücklicher Zufall, dass in nächster Nähe eine Brücke steht, die sogar an das Straßennetz angeschlossen ist. Manchmal fragt man sich ja schon, was die App gerade so geraucht hat. Was ich aber eigentlich sagen wollte: Die erste Etappe führt anfangs so richtig schön durch den Landkreis Cloppenburg. Falls Sie also Mitte Juli zwischen Friesoythe und Löningen morgens einen erschöpften Radler am Straßenrand finden: Das bin ich. Sie können mich ruhig liegen lassen, die restlichen 70 Kilometer werde ich schon noch irgendwie schaffen.Zur Person
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