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„Du siehst ja aus wie deine Mutter“

Kolumne: Von der Pike auf – Nicht nur das Aussehen verbindet mich mit meiner Mutter. Wir haben schon einiges zusammen erlebt, auch wenn das nicht immer einfach war.

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„Du siehst ja aus wie deine Mutter.“ Dieser Satz begleitet mich, seit ich ungefähr vier Milchzähne weniger hatte als heute. Und er klingt immer so, als sei das eine bahnbrechende Neuigkeit. Als hätte der Beobachter gerade eine wissenschaftliche Entdeckung gemacht: „Diese zwei Menschen mit blondem Haar und blauen Augen gehören womöglich zur selben Familie!“

Ja, stimmt. Wir können’s wirklich nicht leugnen. Mutter und Tochter – wie eine Art Copy-Paste-Funktion. Wenn wir nebeneinander stehen, sieht es aus, als hätte Photoshop bei der zweiten Version nur kurz die Helligkeit angepasst.

Dazu kommt noch unser gemeinsames Tattoo am linken Unterarm – quasi unser Familienwappen. Andere haben eine Stammbaumzeichnung, wir tragen Tinte. Damit niemand mehr verwechseln kann: „Ach so, die beiden gehören wirklich zusammen!“

„Ich war nicht immer ein Geschenk. Eher manchmal ein Überraschungsei – man wusste nie, ob Schokolade oder Plastikmüll rauskommt.“

Aber so sehr wir uns äußerlich ähneln, das Leben mit meiner Mutter war alles andere als eine ruhige Spiegelung. Sie hat mich seit Tag eins großgezogen, und das hieß auch: Tag eins meiner Trotzphase, meiner pubertären Diskussionen und meiner spontanen genialen Ideen, die nicht immer so genial waren, wie ich dachte. Kurz gesagt: Ich war nicht immer ein Geschenk. Eher manchmal ein Überraschungsei – man wusste nie, ob Schokolade oder Plastikmüll rauskommt.

Und doch: Meine Mutter hielt immer zu mir. Selbst als ich mit 12 beschloss, dass schwarzer Kajal das perfekte Mittel sei, um meine rebellische Persönlichkeit zu unterstreichen. Oder als ich mit 16 überzeugt davon war, dass ich niemals, wirklich niemals so spießig werden würde wie… na ja, wie sie.

Das Schönste ist: Unsere Ähnlichkeit beschränkt sich nicht nur auf das Äußerliche. Auch wenn wir’s ungern zugeben – manchmal reden wir gleich, lachen gleich, rollen die Augen gleich. Wir sind wie ein Chor mit zwei Stimmen, der nie geprobt hat und trotzdem immer im Gleichklang ist.

Und manchmal erschreckt mich das. Wenn ich zum Beispiel merke, dass ich in Diskussionen denselben Satz sage wie sie: „Solange du die Füße unter meinen Tisch stellst…“ – nur dass ich gar keinen Tisch habe, der groß genug ist, um diese Autorität zu rechtfertigen.

Aber egal, wie viele Unterschiede oder Streitigkeiten es gab: Sie hat mich begleitet, getragen, ausgehalten. Und ich glaube, genau deshalb sehe ich so aus wie sie. Nicht nur wegen der Gene, sondern weil ich über die Jahre so viel von ihr übernommen habe, dass es gar nicht anders sein kann.

Am Ende ist dieser Satz also kein Vorwurf, sondern ein Ritterschlag. „Du siehst ja aus wie deine Mutter“ heißt für mich: Ich trage nicht nur blonde Haare und habe blaue Augen, sondern auch ein Stück von ihr in mir – manchmal sichtbar, manchmal unsichtbar. Und solange wir beide zusammen durchs Leben ziehen, gilt: Doppelt blond hält besser. Oder anders gesagt: Doppelt blond, doppelt pink, doppelt Glitzer. Und seien wir ehrlich – die Welt könnte schlimmere Duos gebrauchen.


Zur Person:

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