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Das Schreckgespenst heißt „Entwidmung“

Gästebuch – Die Zeiten der prall gefüllten Kirchen sind vorbei. Die Cloppenburger müssen sich wohl auf einen kulturellen Bruch gefasst machen.

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Einst schmückte den Vorplatz der katholischen St.-Augustinus-Kirche in Cloppenburg an der Bahnhofstraße eine Statue des Bischofs Clemens August Graf von Galen. Den Beinamen „Löwe von Münster“ hatte er sich wegen seiner kritischen Haltung gegenüber den Nazis erworben. Das Kunstwerk war nicht gänzlich gelungen. Der Kirchenmann schien eher kleinwüchsig zu sein, wie er da wie zurückgelassen neben dem Polizeigebäude stand.

Seine Kopfbedeckung glich eher einem „Pankauken“ als einer Mitra, wie wir Schüler des benachbarten Gymnasiums über unseren Namenspatron ablästerten. Irgendwann war der „Löwe“ weg und fand sich später in der Halle des Clemens-August-Gymnasiums wieder. Vielleicht hatte ihm der kalte Ostwind auf dem Kirchenhügel zu sehr zugesetzt, dass er das Heil in den geschützten und beheizten Schulräumen suchte, um sein Überleben als Kunstfigur, wenn auch bescheiden performt, zu sichern.

Cloppenburg hat zu viele Kirchengebäude

Weniger Glück wird wohl seiner Kirche beschieden sein, genauer gesagt: seinem Kirchengebäude, was wir Südoldenburger ja immer meinen, wenn wir „Kirche“ sagen. Leicht erhöht zwischen Polizei und Bahnhof steht das steinerne Gebäude ein wenig einsam in der Landschaft. Endzeitstimmung statt „Haus voll Glorie“. Auch des ehemaligen Pfarrer Pundsacks Gitarre ist verstummt.

Die Kreisstadt Cloppenburg hat zu viele Kirchengebäude. Da muss was weg, raunt es unter Christenmenschen, „Entwidmung“ heißt das Schreckgespenst. Das sagt sich so leicht, aber bedeutet doch eine „Zeitenwende“, um ein Wort von heute zu verwenden. Im Gedächtnis bleiben für immer die Tauffeiern der Kinder in St. Augustinus, die Beerdigungsfeier für den Kollegen in St. Andreas und die rührende Zeremonie der Verabschiedung der Freundin in St. Josef. Cloppenburg hat viel von allem: proppevolle Kirchen und leere Kirchen, engagierte Katholiken ohne Ende und immer mehr Kartei-Christen und Austritte.

„Jede dieser Kirchen fasst rund 600 Menschen. Die durchschnittliche Besucherzahl der katholischen Kirchen in Cloppenburg beträgt rund 600. Jeder, dem das kleine Einmaleins noch geläufig ist, ahnt: Dafür reicht ein Kirchengebäude.“

Rechnet man die Wallfahrtskirche in Bethen nicht mit, weil sie ja etwas Besonderes darstellt und daher unantastbar ist, verbleiben vier katholische Kirchengebäude: St. Augustinus, St. Bernhard in Emstekerfeld, St. Josef am Bült sowie St. Andreas.

Jede dieser Kirchen fasst rund 600 Menschen. Die durchschnittliche Besucherzahl der katholischen Kirchen in Cloppenburg beträgt rund 600. Jeder, dem das kleine Einmaleins noch geläufig ist, ahnt: Dafür reicht ein Kirchengebäude. Drei könnten weg. Entwidmet. Man kann wohl eine Straße entwidmen oder umwidmen. Von einer Landstraße zu einer Kreisstraße beispielsweise. Aber eine Kirche zu einer Kita? Einen Altar für das kalte Büfett eines Restaurants? Badminton vor dem Beichtstuhl? Das Undenkbare wird denkbar und sagbar. Siehe Altenoythe.

Die Spekulationen schießen ins Kraut. Wer muss dran glauben? Welche Gläubige müssen sich irgendwann einen anderen Ort für ihren Gottesdienst suchen? St. Bernhard hat als Ortsteil-Kirche eine Alleinstellung. St. Andreas ist die barocke Königin und damit auch geschützt. Aber die anderen beiden? Da wackelt bedenklich der Stuhl. Der Kostendruck ist unbarmherzig und kennt keine Nächstenliebe. St. Josef trägt schon Trauer.

Mehr Nostalgie mit dem Kirchengebäude als alltägliche Präsenz

Denjenigen Christen, die gegangen sind, ist es wohl ohnehin egal. Diejenigen, die noch geblieben sind, verbindet häufig auch mehr Nostalgie mit dem Kirchengebäude als alltägliche Präsenz. Das Häuflein der engagierten Unbeirrten wird die Häuser nicht retten. Machen wir uns also auf einen kulturellen Bruch gefasst. Solch volle Kirchen wie bei den Baptisten, Freikirchlern oder Neuapostolischen und den anderen Zugezogenen wird es bei dem katholischen Urvolk des Oldenburger Münsterlandes nicht mehr geben. Wer daran ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.


Zur Person:

  • Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
  • Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.

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