Auf die Schuhe geschaut: o Sohle mio!
Kolumne: Wir steigen in Sneaker, Pumps oder Kampfstiefel – laufen jedem Trend hinterher. Und verschmähen dabei die Klassiker sträflich.
Heiko Bosse | 02.05.2025
Kolumne: Wir steigen in Sneaker, Pumps oder Kampfstiefel – laufen jedem Trend hinterher. Und verschmähen dabei die Klassiker sträflich.
Heiko Bosse | 02.05.2025
Wenn ich auf der Suche nach einem Thema für die nächste Kolumne bin, stelle ich mich manchmal in der Cloppenburger Redaktion ans Fenster und lasse den Blick über die Fußgängerzone schweifen. Was man da alles entdeckt, wenn man den Menschen nur mal auf die Schuhe schaut! Was immer geht, sind Sneaker – in allen Farben und Formen, ob zur Jeans oder zum Anzug. So läuft es sich gut gefedert durchs Leben. Und dann die Damen, die sich und ihre Füße in 10-Zentimeter-Pumps zwängen, nur weil Liz Hurley und Michelle Obama das auch tun. Bei jedem Schritt sehe ich ihren Gesichtern an, wie sehr sie in diesem Moment die Sneaker-Trägerinnen vor sich beneiden. Im Eiscafé schlürft der Orthopäde derweil feixend seinen Espresso – irgendeine knickt immer um. Dann kommt die schnelle Eingreiftruppe ums Eck – zu erkennen an dicken, klobigen Boots an den Füßen. Schuhe, mit denen man sich selbst vor 25 Jahren noch in ein bestimmtes politisches Spektrum gerückt hätte, trägt man beziehungsweise eher frau heute lässig zum Minikleid oder zu Hotpants – Eleganz in Reinform. Und da eine Sandalette mit Perlenriemchen, von denen man eigentlich schon beim Kauf wusste, dass sie nicht länger als einen Sommer halten würden. Aber günstig geschossen! „Wo sind die klassischen schwarzen Plateau-Pumps für die Dame? Wo der cognacfarbene Budapester für den Herrn?“ Männer tragen derweil eigentlich ausschließlich ausgelatschte, ungeputzte Schlurfschuhe – gern mit Gummisohle. Entweder das Outdoor-Modell in Erdtönen samt gelber Schnürsenkel, das im Stadtbetrieb in etwa so sinnvoll erscheint wie ein Mercedes GLS, oder aber alternativ das Paar, das man damals noch beim Schuster gekauft hat, den es heute schon gar nicht mehr gibt. „Solche Schuhe kriege ich nie wieder.“ Na, das kann man nur hoffen! Mir ist das nicht fremd: Daheim habe ich ein Paar Hausschuhe, deren Sohlen vorne im Knick schon gebrochen sind. Aber solange ich nicht ganz böse im Teppich hängen bleibe, kommen die nicht weg, auch wenn das Nachfolgerpaar schon im Keller auf seine Einwechslung wartet. Während mein Blick weiter schweift, frage ich mich, wo bloß all die schönen, eleganten Schuhe sind, die man sieht, wenn man am Samstagvormittag mal durch Oldenburg bummelt und vor den Schuhgeschäften stehen bleibt. Wo sind die klassischen schwarzen Plateau-Pumps für die Dame? Wo der cognacfarbene Budapester für den Herrn? Die können doch nicht ausschließlich in Hamburg und München Auslauf bekommen! Nein, tun sie auch nicht. Sie fristen ein tristes Dasein in unseren Schuhschränken und Kellern, warten auf Beerdigungen oder darauf, dass in der Mischpoke doch nochmal jemand Ringe wirft und man wieder in den schicken Zwirn muss. Und dann drücken sie an jeder Naht, weil sie keine Chance haben, jemals eingelaufen zu werden. Zu Edeka ziehen wir nämlich wieder unsere Schlurfschuhe an – vom Schuster, den es schon gar nicht mehr gibt. Sieht ja eh keiner. Doch, ich sehe alles – auch an mir selbst. Ein Kolumnenthema habe ich nun aber immer noch nicht …Elegante Schuhe haben keine Chance, eingelaufen zu werden
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