Anne Kampsen, die Kulturschatzretterin aus Hinnenkamp
Die Hinnenkamperin bewohnt einen Hof, dessen Gebäude sie mit viel Liebe saniert hat. Sie will die alte, ortsbildprägende Bausubstanz erhalten.
Klaus-Peter Lammert | 17.06.2020
Die Hinnenkamperin bewohnt einen Hof, dessen Gebäude sie mit viel Liebe saniert hat. Sie will die alte, ortsbildprägende Bausubstanz erhalten.
Klaus-Peter Lammert | 17.06.2020
Liebe und Fachkenntnis: Anne und Dr. Ludger Kampsen haben sich der Erhaltung alter Bausubstanz auch auf dem Stammhof der Familie Leiber in Hinnenkamp verschrieben. Foto: Lammert
Wenn Anneliese (genannt Anne) Kampsen über alte Fachwerk- und Bruchsteingebäude spricht, dann spürt man ihre Euphorie, ihre Begeisterung. Dann ist in jedem Wort, in jedem Satz viel Liebe für historische und ortsbildprägende Bausubstanz zu spüren. Gelebt wird diese Liebe indes nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch. Denn die Hinnenkamperin packt selbst mit an. Und so kommt es auch nicht von ungefähr, dass sie und ihr Mann, der Mediziner Dr. Ludger Kampsen, schon seit 1982 Mitglieder der Interessengemeinschaft (IG) Bauernhaus sind. Das ist ein bundesweit tätiger Verein mit rund 6000 Mitgliedern. Anne Kampsen aus Hinnenkamp ist die Kontaktperson im hiesigen Raum. Dass sie eine besondere Vorliebe für alte Gebäude, vor allem für Bauern- und Heuerlingshäuser, hat, verwundert nicht. Sie ist aufgewachsen auf dem Stammhof der Familie Leiber, den sie von ihren Eltern übernommen hat. Etwa 400 Jahre ist der Hof im Familieneigentum; 60 Jahre lang war er verpachtet. Das heutige Wohnhaus ist 1843 errichtet worden, zumindest ein Balken des inneren Ständerwerks ist sogar auf 1750 datiert. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat die Hinnenkamperin mit ihrem Mann die Hofgebäude in Eigenarbeit und mit viel Fachkenntnis restauriert. "Im Jahr 1980 habe ich begonnen, mich intensiver mit alter Bausubstanz auseinanderzusetzen. Ich habe erkannt, dass es eine erhaltenswerte Baukultur gibt", erklärt die Lehrerin im Ruhestand ihre Motivation. "Ich finde es schlimm, wenn alte Bausubstanz abgerissen wird." Und sie hat gelernt: Ein altes Gebäude zu erben beinhaltet auch die Verpflichtung, es zu bewahren und wertzuschätzen. Aus dem Grund hat sie vor etwa 20 Jahren die Sprüche "Eine Gabe ist eine Aufgabe" (Käthe Kollwitz) und "Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben fürs Leben die rechte Haltung" (Dietrich Bonhoeffer) in Eichenbalken schnitzen lassen. Deshalb: "Ich finde es schlimm, wenn alte Bausubstanz abgerissen wird. Denn die alte Bausubstanz in den Bauerschaften muss erhalten bleiben, damit diese ihren ursprünglichen Charakter bewahren." Und so fordert sie: "Es müsste mehr Auflagen für den Erhalt alter Baukultur geben. Es geht doch um Wertschöpfung für die Allgemeinheit, und die geschieht nur durch Kulturschatzretter!" In ihre eigenen Projekte hat die pensionierte Lehrerin viel Wissen einfließen lassen, das sie über die IG Bauernhaus erworben hat. Sei es durch Seminare, sonstige Veranstaltungen oder durch Kontakte mit anderen Mitgliedern: "Ich kenne viele Menschen, die die gleichen Interessen vertreten." Der Austausch von Wissen, das weiß Anne Kampsen längst, ist ganz besonders wichtig, wenn es um die Bewahrung alter Bauwerke geht. So tauschen sich die Bauernhaus-Liebhaber zum Beispiel aus, wo sie dringend benötigtes Baumaterial bekommen, aber auch, wie die alten Gebäude sach- und fachgerecht und vor allem auch regionaltypisch zu behandeln sind. Mitglieder der IG Bauernhaus veröffentlichen zudem Fachbücher, viermal im Jahr erscheint die Vereinszeitschrift "Holznagel". "Ein altes Haus ohne einen Architekten umzubauen geht nicht." Aber, und auch das weiß Anne Kampsen längst, der Erhalt alter Gebäude setzt noch etwas voraus: "Dafür brauchen wir Fachleute." Es gebe sie noch, sowohl unter den Handwerkern als auch unter den Architekten. Mit Blick auf letztere Berufsgruppe konstatiert sie: "Ein altes Haus ohne einen Architekten umzubauen geht nicht." Bei der Sanierung unterscheidet sie indes zwischen der Fassade und dem Inneren. "Die Fassaden sind für alle Menschen, sie machen die Charakteristik eines Ortes aus. Das Innere eines Hauses ist der Ausdruck der Befindlichkeit seiner Bewohner." Das aber bedeutet für sie eben auch eine enge Verbindung zwischen Historie und Moderne. Denn so exakt sich die Sanierung der Fassade oder auch der Fenster an der Historie orientieren muss, innen können die Häuser hochmodern sein. Sprich: Eine Fußbodenheizung oder eine gute Dämmung sind keineswegs tabu. Beispiele finden sich durchaus. Anne Kampsen muss nicht lange überlegen, bevor sie aufzählt: "Die Höfe Schnuck-Schroer, Hoffmann, Herzog und Vullbrock in Astrup, in Hinnenkamp die Höfe Kleyböcker, Meyer-Möhlenhoff und Vullbrock in herrlicher Landschaft mit altem Baumbestand, der Hof Rump in Bieste oder in Vörden das ehemalige Amtsrichterhaus - jetzt Wüllner -, natürlich das Ackerbürgerhaus und das Schlachtereimuseum sowie das Nils-Stensen-Haus, in Wenstrup die schönen Gebäude von Morlock und Jans-Wenstrup." In all diesen Objekten, so Anne Kampsen, sei eines möglich: "Wohnen heute in Häusern von gestern."Hof ist seit 400 Jahren im Familieneigentum
In Neuenkirchen-Vörden gibt es viele Beispiele
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