Als es vor 175 Jahren mit Naturkork begann
Zeitsprung: 1845 gründet Franz Bramlage seine eigene Firma in Lohne – heute noch als Berry Bramlage im Geschäft. Es ist viel passiert in der langen Firmengeschichte.
Benno Dräger | 08.06.2020
Zeitsprung: 1845 gründet Franz Bramlage seine eigene Firma in Lohne – heute noch als Berry Bramlage im Geschäft. Es ist viel passiert in der langen Firmengeschichte.
Benno Dräger | 08.06.2020
Korkenfabrik Bramlage am Lohner Bahnhof: 1897 als moderne Produktionsstätte errichtet, heute Standort des Lohner Industriemuseums. Foto: Stadtmedienarchiv im Heimatverein Lohne
Man schreibt das Jahr 1845, als sich in Lohne mit der Firma Bramlage ein Unternehmen etabliert, das auch nach 175 Jahren – also heute – noch Bestand haben wird. Das ist in Lohne nur noch der Firma Gebr. Krogmann und Co. gelungen – seit 1989 Kronen-Hansa-Werke GmbH & Co.KG – die im Jahr 2025 das 200-jährige Betriebsjubiläum feiern kann. Allerdings hat Krogmann 1825 mit der Schreibfederfertigung begonnen, 1861 den Schwerpunkt auf die Pinsel- und Bürstenproduktion gelegt. Heute produziert die Firma Kunststoff-Formteile. Also ist die Firma Bramlage mit der Abteilung Kork die älteste Lohner Fabrik, die noch in der angestammten Branche tätig ist. Versetzen wir uns kurz 175 Jahre zurück. Es ist die Zeit des Vormärz, drei Jahre vor dem gescheiterten Versuch, eine kleindeutsche Reichslösung mit verfassungsmäßig garantierten Grundrechten zu erreichen, im Geburtsjahr des späteren bayrischen Königs Ludwigs II. Der Unternehmer und Philosoph Friedrich Engels veröffentlicht sein Buch „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“. In Lohne gibt es weniger als 5000 Einwohner (1837 sind es exakt 4721 Einwohner und 4423 im Jahr 1852). Aufgrund einer Auswanderungsbewegung ergibt sich ein deutlicher Bevölkerungsschwund; dieser fällt in Lohne allerdings nicht so signifikant hoch aus wie in den umliegenden Kommunen, da Lohne schon einige industrielle Zweige vorweisen kann. Die „Gründungsurkunde“ der Firma Bramlage vom 30. Mai 1845 ist ein interessantes und aussagekräftiges Dokument. In ihm wird deutlich, wie wir uns die sogenannten Fabriken mit nur wenigen Mitarbeitern in der Mitte des 19. Jahrhunderts vorzustellen haben. Auffällig ist beim Antrag Bramlage von 1845, dass die Korrespondenz zwischen Antragsteller und der genehmigenden Behörde zügig erfolgte, die Erlaubnis zum Betrieb der Fabrik schon nach zehn Tagen, am 9. Juni 1845, vorlag. Bei der großherzoglichen Genehmigungsbehörde wurde gleichzeitig die Zulassung für die Produktion von vier Produkten und der Handel mit selbigen beantragt. Ebenfalls auffällig: Dabei steht in der Reihenfolge die „Korkschneiderei“ an letzter Stelle. Aus damaliger Sicht war ein solches Vorgehen allerdings nicht ungewöhnlich. Die Firmen waren flexibel aufgestellt und besaßen häufig mehrere Standbeine im Produktionsangebot. Bei vielen Lohner Firmen ist ein Wechsel des Produktionsschwerpunktes festzustellen, wenn der Höhepunkt für eine Branche erkennbar vorüber war. Diese Fähigkeit der Umstellung wird auch häufig als „Lohner Wind“ bezeichnet. Gründer der Firma Bramlage ist Franz Bramlage (1810 bis 1875). Er hatte in der Firma Gebr. Krogmann und Bramlage schon 1842 in der Verarbeitung von Korkholz Erfahrungen gesammelt. 1845 schied er aus der Firma als Teilhaber aus und gründete am 9. Juni desselben Jahres seinen eigenen Betrieb. Die erste Produktionsstätte ist an der Brinkstraße, heute Standort der Remise. Hinter seinem Privathaus baute er ein kleines Fa
brikgebäude, in dem anfangs zehn bis zwölf Arbeitskräfte tätig waren. Die Ehe mit Friederike Taphorn blieb kinderlos. Nach dem Tod von Franz Bramlage 1875 war seine Frau vorerst alleinige Firmeninhaberin. Ihren zwölf Jahre jüngeren Bruder Johann Joseph Friedrich Taphorn (1848 bis 1940, Abgeordneter im Oldenburgischen Landtag von 1901 bis 1911) nimmt sie 1876 als Teilhaber in die Firma, am 26. Juni 1890 wird er alleiniger Inhaber. 1897 errichtete Taphorn das für die damalige Zeit höchst moderne Fabrikgebäude am Bahnhof mit elektrischem Licht, Zentralheizung, Lastenaufzug und ab 1907 einem eigenen Gleisanschluss. Exklusive Berichte und Recherchen aus dem Oldenburger Münsterland: Jetzt bei OM Plus anmelden. Zur Mobilität für die Gründungsjahre der Firma Bramlage ist festzustellen: Es gab eine täglich verkehrende „Fahrpost“ von Oldenburg über Vechta nach Damme mit Endpunkt Osnabrück. Die Fahrzeit von Vechta nach Damme betrug mehr als zweieinhalb Stunden. Mit dem Anschluss Lohnes an das Eisenbahnnetz 1888 ergaben sich völlig neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Lohner Industrie. So ist der Bau der Korkfabriken Beckmann 1895 und das neue Fabrikgebäude Bramlage 1897 in direkter Bahnhofsnähe zu verstehen. Vorher wurden die Korkhölzer mit Gespannen von Bremen und Hamburg abgeholt. 1914 tritt Taphorns Sohn Fritz (1887 bis 1957) als Mitinhaber in die Firma ein, 1936/37 erfolgt ein Erweiterungsbau. Aufgrund eines modernen Maschinenparks – maßgeblich durch die Lohner Firma Anton Bocklage und Co. errichtet – wird Lohne Mittelpunkt der deutschen Naturkorkenbranche. 1945 tritt Hans-Joachim Taphorn (1922 bis 1979) in den Dienst der Firma, zum 1. Januar 1946 als persönlich haftender Gesellschafter. Während Vater Fritz Taphorn weiterhin die Produktion von Naturkork voranbrachte, spezialisierte sich Hans-Joachim Taphorn auf die Kunststoffverarbeitung. Anfang der 50er Jahre stellte der neue Griffkorken die Verbindung der Korkproduktion mit der Kunststofffertigung her. Es kam zur kontinuierlichen Reduzierung der Arbeitsplätze im Bereich Kork und deren Zunahme im Kunststoffbereich. 1958 erfolgte der Ausbau der Kunststofffertigung mit der Errichtung eines eigenen Werkzeugbaus an der Raiffeisenstraße, dem Bau eines Verwaltungsgebäudes an der Küstermeyerstraße sowie von Lagerhallen für Fertigwaren und Versandgut. 1961 wurde ein Zweigbetrieb an der Brägeler Straße errichtet, der beständig wuchs. Zum 125-jährigen Betriebsjubiläum 1970 beschäftigte die Firma Bramlage & Co. circa 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein gewichtiger Umbruch im Firmengeschehen ergab sich 1973, als die Gerresheimer Glas AG 75 Prozent der Geschäftsanteile erwarb. 1979 erschütterten zwei tragische Ereignisse die Firma Bramlage: Am 20. Januar wird die gesamte Korkproduktion durch einen Großbrand im Gebäude am Bahnhof zerstört, und am 16. Juni 1979 verstirbt der geschäftsführende Gesellschafter Hans-Joachim Taphorn bei einem Verkehrsunfall. Am 16. August 1996 wird die Firma Kork GmbH gegründet. Seitdem hat es vielerlei Umstrukturierungen gegeben. Nach einigen Umfirmierungen gehört Bramlage Kork an der Raiffeisenstraße zur Firma Rauh GmbH und stellt in einem erweiterten Produktionsfeld auch Polystopfen, Schraubverschlüsse, Griffkorken und anderes her. Die Bramlage GmbH in Lohne an der Brägeler Straße wird am 25. März 1997 zur RPC Bramlager GmbH, zu einem Firmenverbund mit internationaler Ausrichtung – heute Berry Bramlage.Fabriken verlagern flexibel Produktionsschwerpunkt
Zwei tragische Ereignisse im Jahr 1979
Umbruch im Jahr 1973
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