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Alles roger, Hodscha?

Gästebuch: Alles fließt, nichts bleibt – das gilt für jede Stadt, auch für Cloppenburg.

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Jemanden, der durch sein Erscheinen etwas ankündigt, nennt man Vorbote. Ein solcher war der türkische Döner. Wir Cloppenburger und Umzu genießen ihn seit vielen Jahren. Er bahnte sich den Weg durch Grünkohl und Wurstebrot. Nun gehört das Fladenbrot zu uns, wie der Name an der Tür.

Drei bis dreieinhalb Dönerbuden auf 10.000 Einwohner. Das soll der bundesweite Durchschnitt sein. Das kostet uns OMler doch nur ein müdes Lächeln – nicht wahr, Mustafa? Wir grillen in einer ganz anderen Liga. Nämlich ganz oben. OM-mäßig. Bratwurst ade.

Wenn man dann den Döner verputzt hat, geht's zum Barbier. Das ist ja das Gute nach der babylonischen Gefangenschaft, es wird wieder geschnitten, geföhnt und barbiert nach Herzenslust. Neue Form in neuen Formen. Nasenbrennen, Ohrenwachs und Cay dabei. Marya gibt alles, auch ohne Ötzi. Nicht wie einst der alte Bauhaus im graublauen Meister-Kittel. Nein, heute im Hoody oder Pulli, Casual Fit oder Comfort Fit, Käppi nach vorne oder cool nach hinten. So wird jetzt über den Löffel barbiert. Im Bauhaus 4. 0 hält Petra dennoch tapfer, taff und traditionsbewusst die 4.-Generationen-Fahne hoch. Bravo.

Den Formen folgen direkt die Kioske. Das ist Cloppenburgs babylonische Antwort auf die Spätis. Die gibt's nämlich nicht nur in Berlin. Es wird bunter in der Stadt und kommunikativer. Statt toten Warenautomaten jetzt Automaten mit Mensch. 24/7 im grellen Neonlicht.

„Mit Trauerflor gedenken wir der Zeiten von Plasnica und Rasnici, Cevapcici und Barack Palinka aus dem Reagenzglas. Untergegangen wie Jugoslawien.“

Über allem wacht der Hodscha. Er hat den Antoniusplatz als neuen Standort auserkoren. „Grill by Hodscha“ in blutrot. Eine unscheinbare Ecke, gegenüber von Radis Balkan-Legende, das war einst vor dem Umzug. Jetzt hat er den Platz bedeutungsgemäß gefunden, im Schatten eines Platzes, den Kulturbanausen einst St. Joseph geraubt haben.

Hodscha ist ein geistlicher Lehrer im Islam. Wie der Imam. Oder wie „use Pastor“. In einem Bermuda-Dreieck verschwinden ja immer wieder Dinge. Ähnlich wie im Dreieck Babylon, Oster- Ecke Burgstraße. Mit Trauerflor gedenken wir der Zeiten von Plasnica und Rasnici, Cevapcici und Barack Palinka aus dem Reagenzglas. Untergegangen wie Jugoslawien. Jetzt wird geknobelt und gewürfelt, blank gezogen wie matt gesetzt. Von einer Bar über den Balkan nach Babylon. Welch steiniger Weg zum Licht.

Das Dreieck an diesem Platz krönte einst die schönste katholische Kirche Cloppenburgs. Man nannte sie „kleine Kirche“, weil sie klein war und keine Kathedrale, dem Pflegevater geweiht. Bescheiden schön war sie. Sie musste weg, weil man Großes wollte, hoch hinausstrebte, eine Bank bestes Bares bot und man einen Tempel für die ständig wachsende Schar der Gläubigen brauchte. Meinte man.

Knapp vorbei ist aber auch daneben. Nun gähnt im Tempel die Leere. Und die Schöne ist platt. Dafür regiert das Dreieck Babylon. „Bin auf dem Weg zum Emir“, statt Bundespräsident Wulf sagt man das heute hier, wenn man einen Energy-Drink will. „Alles roger, Hodscha,“ lästert der lustige Kabarettist Kerim Pamuk. Er hat gut lachen. Friede sei mit Euch.


Zur Person:

  • Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
  • Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.

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