Die junge Frau litt an Depressionen und ließ sich in einer Klinik behandeln. Dort lernte sie einen Mann kennen, der sich ebenfalls wegen seiner psychischen Erkrankung helfen lassen wollte. Sie verliebte sich und wurde schnell schwanger. Für sie viel zu früh und es war ihr unangenehm, schon so kurz nach dem Kennenlernen Mutter zu werden. Die emotionale Belastung war insgesamt extrem hoch, sodass sie nicht mehr arbeiten konnte. Von Familie und Freunden gab es für ihre seelische Krise kaum Verständnis. Doch sie bekam Hilfe, denn über ihre Arztpraxis lernte die Frau das Programm „Babylotse ambulant“, und damit auch Sozialpädagogin Martina Janhsen kennen.
Die Initiative des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Cloppenburg, der in Friesoythe eine Außenstelle betreibt, unterstützt Familien rechtzeitig darin, vorgeburtlichen und kindlichen Stress so weit wie möglich zu minimieren und Sicherheit zu geben. Seit 2016 ist Martina Janhsen kompetente Ansprechpartnerin, die verlässlich Brücken baut, ihre Klienten durch manch Behördendschungel führt und über infrage kommende Unterstützungsmöglichkeiten informiert.
Janhsen befindet sich zurzeit auf Abschiedstournee
Anfang März zieht sich die Diplom-Sozialpädagogin in den Ruhestand zurück, aber freut sich, dass ihre individuell ausgerichtete Arbeit weitergeführt wird. Mit Anna Diekhaus (30) aus Harkebrügge und Carolin Tölle (30) aus Lohne übernehmen zwei Sozialpädagoginnen die Aufgaben an den Standorten Friesoythe und Cloppenburg. „Ich befinde mich zurzeit auf Abschiedstournee“, sagt die Fachfrau, die ihre beiden Kolleginnen dabei mitnimmt, um sie in den gynäkologischen Praxen sowie ihren Klienten vorzustellen. Sie geht mit dem viel zitierten „weinenden und lachenden Auge“, erinnert sich an die vielen Gespräche, die vielen positiven Rückmeldungen und ein funktionierendes Konzept, „das mir am Herzen liegt und nun gut weitergeht“.
"Flatken-Stiftung" stellt 6500 Euro zur Verfügung
Dafür sind jedoch nicht nur personelle Besetzungen, sondern neben der öffentlichen Hand weitere finanzielle Mittel erforderlich. Verlässlich und großzügig in der Pflicht sieht sich dabei die Friesoyther „Flatken-Stiftung“, die einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftssicherung leiste und „ohne Ihre Förderung wäre diese wertvolle Arbeit nicht möglich“, dankt Sandra Riesenbeck (Vorstand SkF) für den unbürokratischen Rückhalt.
Vorstandsvorsitzender Wilfried Wulfers und Vorstandsmitglied Dr. Annette Gründing kamen deshalb auch bei ihrem jüngsten Besuch in der Beratungsstelle an der Gerichtsstraße nicht mit leeren Händen und überreichten einen Scheck in Höhe von 6500 Euro.
Stiftung stammt von der früheren Frauenärztin Dr. Angela Flatken aus Friesoythe
Gerade solche, nicht regelfinanzierte Projekte für Frauen und Kinder in Not, seien es, die die frühere Frauenärztin Dr. Angela Flatken aus Friesoythe mit ihrem Erbe bedenken wollte, unterstrich Wulfers. Nach ihrem Tod im Dezember 2009 wurde die nach ihren Eltern benannte „Elisabeth-und Johann-Flatken-Stiftung“ 2011 rechtskräftig und soll im Bereich der Kirchengemeinde St. Marien Gutes tun.
Davon konnte letztlich auch die junge Frau profitieren, die durch das Babylotsen-Programm wieder Fuß fassen will. Die Beziehung zu ihren Freund ist durch seine zuvor nicht erkennbare Spielsucht zerbrochen. Um ihr Geld hatte er sie gebracht und der Verkauf ihres Hauses konnte nicht mehr abgewendet werden. Ihre Eltern, zu denen sie mit ihrer Tochter gezogen ist, stehen jedoch fest an ihrer Seite. Mit der Babylotsin, mit der sie immer noch in Kontakt steht, führt sie vertrauensvolle Gespräche und mit ihr möchte sie „ein neues Lebenskonzept“ erarbeiten.
Fakten:
- Das Programm „Babylotse ambulant“ erreicht deutschlandweit mittlerweile sieben Bundesländer und über 100.000 Familien.
- Durch die Kooperation mit den gynäkologischen Praxen werden die werdenden Mütter über Fragebögen auf die Unterstützung aufmerksam gemacht, um die Chancen auf einen unbeschwerten Start zu erhöhen.
- Im Landkreis Cloppenburg erfährt der Friesoyther Standort den höchsten Zulauf. 2022 wurden insgesamt 210 ausgefüllte Fragebögen von den Praxen zurückgesandt, allein 122 waren es, die von Müttern aus Friesoythe während oder nach der Geburt ihres Kindes abgegeben wurden. Sie werden ausgewertet und wenn gewünscht, wird das Gespräch gesucht. Bei einem Drittel besteht der Bedarf an Information und Unterstützung.
- Die Intensität der Begleitung reicht nach Angaben der Verantwortlichen von der reinen Informationsvermittlung über die Weitervermittlung zu anderen Diensten bis hin zu mehrfachen Beratungsgesprächen.