100 Jahre Heimatblätter: Im Mosaik der Landeskunde
Seit 1920 bieten die "Heimatblätter" der Oldenburgischen Volkszeitungen Lesestoff für die Region. Nachbarzeitungen gründeten ebenfalls solche Beilagen. Sie werden nun immer digitaler.
Gesammelte Geschichte: Die Heimatblätter. Foto: Baumann
Zeitungsbeilagen mit heimatbezogenem Inhalt gibt es im Oldenburger Land seit den 1920er Jahren. Die "Heimatblätter" der in Vechta verlegten Oldenburgischen Volkszeitung (gegründet 1895, Vorläuferzeitungen seit 1834) sind die älteste Beilage dieser Art: Die erste Nummer erschien vor 100 Jahren am 29. Juli 1920.
Die übrigen im südlichen Oldenburg gelesenen Zeitungen zogen erst später nach: die Münsterländische Tageszeitung (Cloppenburg, gegründet 1881) mit der Beilage "Volkstum und Landschaft" im Jahre 1934 und die Nordwest-Zeitung (Oldenburg, gegründet 1946) mit der Beilage "Nordwest-Heimat" im Jahre 1949. Alle drei Beilagen gibt es heute noch.
Der Nestor der oldenburgischen Presseforschung, Walter Barton, hat die Heimatbeilagen als "Steinchen im Mosaik der engeren Landeskunde" und ideales Medium bezeichnet, um die kulturellen und historischen Eigenheiten eines begrenzten Raumes zu erklären. Als kennzeichnend für Beiträge in Heimatbeilagen führt der Autor zwei Merkmale an. Die Artikel sollten "sachlich gediegen, aber nicht typisch wissenschaftlich in der Darbietung" sein. Und sie müssen vom Umfang her begrenzt sein.
1934 nachgezogen: Die Münsterländische Tageszeitung gibt der Heimatforschung in "Volkstum & Landschaft" Raum. Foto: Baumann
Ziel sollte es sein, ein breites Themenspektrum abzubilden. Diesem Auftrag weiß sich die Redaktion der "Heimatblätter" bis heute verpflichtet. Während die Tageszeitung davon lebt, aktuelle Nachrichten zu veröffentlichen, die für einen möglichst breiten Leserkreis von Nutzen sind, ist der Blick der Heimatbeilagen eher rückwärtsgewandt. Thematisch kann jede Zeit und jeder Wissensbereich Gegenstand der Darstellung sein. Das größte Interesse erzeugen vermutlich Artikel mit spektakulärem Inhalt oder mit Gegenwartsbezug.
Wenn ein Periodikum 100 Jahre besteht, darf man sicher von einer Tradition sprechen. Dass sie politischen Veränderungen unterworfen ist, liegt auf der Hand. So schlägt beispielsweise die NS-Zeit auf Inhalt und Ausrichtung der "Heimatblätter" durch. Es wäre daher wünschenswert, wenn ein kluger Kopf sich einmal die Mühe machen würde, die Vechtaer Zeitungsbeilage kritisch in ihrer Entwicklung zu untersuchen. Diese Arbeit lässt sich nicht auf die Schnelle erledigen, denn es sind unzählige heimatkundliche Beiträge zu lesen und zu bewerten.
Wo aber werden die Heimatbeilagen der Zeitungen überhaupt aufbewahrt? Die Tageszeitung selbst ist – wie der Name schon sagt – ein Produkt für den täglichen Gebrauch. Sie wandert nach der Lektüre in der Regel ins Altpapier und wird lediglich vom Verlag selbst und in öffentlichen oder Spezialbibliotheken aufbewahrt. Die Oldenburgische Volkszeitung und ihre Vorläufer kann man in der Heimatbibliothek in Vechta einsehen. Diese Zentralbibliothek des „Heimatbundes für das Oldenburger Münsterland“ ist kürzlich an den Karmeliterweg 7 umgezogen, wo sie direkt gegenüber dem Offizialatsarchiv Vechta ein neues besucherfreundliches Quartier bezogen hat. Die „Heimatblätter“ werden dahingegen wegen ihres besonderen Inhalts vielfach auch in privaten Kreisen aufgehoben, sie sind halt ein beliebtes Sammelobjekt für Geschichtsinteressierte.
Fünf Register sind der Schlüssel für Heimatforscher
Bereits in der ersten Ausgabe wurde der Leserschaft im Titelkopf empfohlen, das Blatt seines "wertvollen Inhaltes wegen" aufzubewahren. So sind die "Heimatblätter" über Jahrzehnte hinweg zu einem Bestand herangewachsen, der für die Heimatforschung eine wichtige Informationsquelle darstellt. Ein schneller Zugriff auf den Inhalt dieser Zeitschrift ist aber nur möglich, wenn ein Register vorliegt und die Nummern der Beilage gesondert von den Zeitungsausgaben eingebunden wurden.
Beides trifft für die "Heimatblätter" zu. Es gibt fünf Register, die einen Zugang zu den Ausgaben der "Heimatblätter" ermöglichen und die Artikel inhaltlich erschließen. Jeweils zwei Verzeichnisse, wenn auch unterschiedlich im Aufbau, haben Friedrich Steinkamp und Maria Ameskamp vorgelegt. Steinkamp hat im ersten Schritt 1989 eine Inhaltsübersicht der Vorkriegsausgaben (1920 bis 1942) erstellt und 1993 eine Fortsetzung für den Zeitraum von 1949 bis 1990 folgen lassen. Ameskamp hat unter Nutzung der EDV zunächst 2003 die Jahrgänge von 1988 bis 2002 in einem Register nach Autor, Titel und Inhalt erfasst und diese Arbeit im November 2013 für die bis dahin erschienenen Ausgaben fortgesetzt.
Ein Schatz für Heimatforscher: Das Archiv der Oldenburgischen Volkszeitung - hier ein Foto aus dem Jahr 1988. Foto: Kathe
Ein weiteres, von Peter Sieve erstelltes Verzeichnis ist dem Sonderband der "Heimatblätter" vorgeschaltet, der 1989 in limitierter Auflage mit den Ausgaben erschienen ist, die Hans Schlömer als Schriftleiter in den Jahren 1978 bis 1988 betreut hat. Im Oldenburger Münsterland sind die "Heimatblätter" wie auch die erwähnten Register in der Heimatbibliothek und im Offizialatsarchiv Vechta vollständig überliefert und können dort eingesehen werden.
Es ist davon auszugehen, dass auch manche Heimatvereine das Periodikum und seine Findmittel in ihren Bibliotheken gesammelt haben. Im digitalen Zeitalter wünscht man sich jedoch einen schnelleren und bequemeren Zugang zu solchen Dokumenten. Hier besteht zweifelsohne Handlungsbedarf. Gerade für Heimatforscher bedeutet das Zeitungsarchiv eine wahre Fundgrube für Nachrichten aus der Region. Ein digitales Archiv der Oldenburgischen Volkszeitung würde das mühsame Blättern in schweren Zeitungsbänden ersparen, diese außerdem schonen und die regional- und lokalgeschichtliche Forschung in erheblichem Maße beleben. Zukunftsmusik – sicherlich, aber ein Projekt, das in Angriff genommen werden sollte.
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