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Von der Flucht in die Welt von Hayao Miyazaki

Kolumne: Wir allen brauchen zwischendurch mal eine Pause von der Politik. Wie wäre es da mit einem Filmabend?

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Während die Zeilen für diese Kolumne entstehen, ist Friedrich Merz vermutlich gerade auf dem Weg nach Vechta. Wahlkampf. Das Ergebnis der Bundestagswahl steht somit auch noch aus. Die Produktionsabläufe in der Redaktion sorgen nun dafür, dass ich die Kolumne mehrere Tage zuvor schreiben muss und Sie sie erst lesen, wenn die Wahl schon gelaufen ist. Über die Bundestagswahl zu schreiben beziehungsweise über die Themensetzung im Wahlkampf zu lästern, wäre jetzt also irgendwie vergebene Lebensmüh, finde ich.

Der Wahlkampf kostete nichtsdestoweniger nicht nur die Wahlkämpferinnen und -kämpfer alle Energie und Nerven, sondern auch uns Wählerinnen und Wähler. Ein bisschen Zerstreuung tut da doch ganz gut. Ich etwa habe kürzlich die Werke des Studios Ghibli für mich wiederentdeckt. Den Großteil der Filmographie habe ich bereits gesehen, aber ich stellte jetzt fest, dass so mancher Film mir noch nicht vor die Augen gekommen ist. Da ich die allabendlichen Talkrunden mit Scholz, Merz, Habeck und Co. irgendwann auch nicht mehr alle sehen konnte, habe ich mich stattdessen in die Welt von Chihiro, San, Ponyo und Co. begeben. Auch Medienschaffende dürfen dem Eskapismus verfallen.

„Während die meisten Zeichentrick-Meisterwerke aus dem Hause Disney eher Wohlfühl-Filme sind, sind gerade die Werke vom bekanntesten Ghibli-Gesicht, Studio-Mitbegründer Hayao Miyazaki, im Schnitt eher nichts für die Allerkleinsten.“

Noch immer verbinden Menschen im Westen Zeichentrick mit Kinderfilmen, und so war der Vergleich der ab den 1990er Jahren auch hierzulande immer populärer werdenden Ghibli-Filme mit den Disney-Werken schnell da. Auch wenn es durchaus Verbindungen zwischen Disney und Ghibli gibt – in den Drehbüchern findet man sie eher nicht. Filme wie der Kassenschlager „Prinzessin Mononoke“ oder das jüngste Werk „Der Junge und der Reiher“ haben eine FSK-Freigabe ab 12 Jahren – und das aus gutem Grund.

Während die meisten Zeichentrick-Meisterwerke aus dem Hause Disney eher Wohlfühl-Filme sind, die ein jüngeres Publikum unterhalten sollen, sind gerade die Werke vom bekanntesten Ghibli-Gesicht, Studio-Mitbegründer Hayao Miyazaki, im Schnitt eher nichts für die Allerkleinsten. Und zugegeben, die Filme, die federführend von Miyazaki als Drehbuchautor und Regisseur produziert worden sind, sind mir tatsächlich auch die liebsten.

Nehmen wir als Beispiel „Prinzessin Mononoke“ – meiner Meinung nach Miyazakis bestes Werk. Ein zentrales Thema des Films ist der Umweltschutz. Das macht ihn nach wie vor relevant, obwohl der Film fast 30 Jahre alt ist. Denn Hayao Miyazaki erzählt keine klassische Gut-gegen-Böse-Geschichte, sondern zeigt mit überragend gut geschriebenen Frauenfiguren – übrigens etwas, das ihn bedeutend von anderen Drehbuchautoren abhebt – die Ambivalenz von Naturschutz- und Wirtschaftsinteressen. Heldin San und ihre Gegenspielerin Eboshi werden als vielschichtige Persönlichkeiten gezeichnet, für deren Motive und Ideale – obwohl sie so gegensätzlich sind – man Verständnis und Empathie aufbringt.

Hayao Miyazaki zwingt uns also, diese Gleichzeitigkeit auszuhalten. Etwas, das uns in der Realität immer schwerer zu fallen scheint.


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