Rainer Schmidt: "Nicht arm dran, sondern Arm ab"
Der Kabarettist und Priester reist durch Deutschland. Dabei bringt er das Thema Inklusion durch Humor näher. Und spart dabei nicht mit krassen Vergleichen.
Redaktion | 27.10.2022
Der Kabarettist und Priester reist durch Deutschland. Dabei bringt er das Thema Inklusion durch Humor näher. Und spart dabei nicht mit krassen Vergleichen.
Redaktion | 27.10.2022

Reist als Kabarettist durchs Land: Rainer Schmidt. Foto: Heuer
Nein, Mitleid will der Mann mit den kurzen Stummelärmchen nicht. „Man muss nur die richtige Perspektive einnehmen. Bei mir ist es die Frage: Fehlen mir die Hände oder habe ich einen Daumen“, erklärte Rainer Schmidt bei einem seiner Auftritte – dieses Mal vor einem staunenden Publikum aus circa 300 Schülerinnen und Schülern der BBS Marienhain. Der Kabarettist ist aber in der Region schon bekannt. Wenn man ihm zuhört, gibt sich die Antwort laut Mitteilung der Schule schnell. Schmidt, dem von Geburt an beide Unterarme und ein halbes Bein fehlen, kommt mit der scheinbaren Behinderung erfolgreich durchs Leben. Dass er einen kleinen Daumen an seinem linken Arm hat, empfindet er als großes Glück. Und damit kann er sogar Dinge machen, die andere mit zehn Fingern nicht schaffen. Schmidt sieht sich auch nicht als behindert an. Er sei in seinem kleinen Heimatdorf in der Nähe von Gummersbach ganz normal aufgewachsen, habe überall mitmachen können, so die Mitteilung. Als er mit seinem kleinen Bruder einmal einem Mann begegnete, der ihn wegen seiner fehlende Arme mitleidig ansprach, habe sein Bruder sich vor dem Fremden aufgebaut und ganz selbstverständlich gesagt: „Hör mal, mein Bruder ist nicht arm dran. Er hat nur Arm ab.“ Behinderungen habe er laut Mitteilung erst wahrgenommen, als er selbst in einer Schule für Körperbehinderte kam und erstmals Kinder im Rollstuhl oder mit Spasmus sah. Mit 12 Jahren kam er zufällig zum Tischtennis. Erste Spielversuche scheiterten kläglich, bis ihm ein Bekannter eine Armverlängerung konstruierte, an der er seinen Schläger befestigen konnte. Jahrelanges intensives Training brachten Schmidt bis zur dreimaligen Teilnahme der Paralympics. 1992 in Barcelona schaffte er es bis ins Endspiel. „Der absolute Höhepunkt meiner Karriere vor 15.000 Zuschauern.“ 2008 beendete er diese Laufbahn. Von den damaligen Glücksgefühlen profitiere er laut Mitteilung noch heute. „Aber was die Menschen glücklich macht, ist sehr individuell“, wird er in der Mitteilung zitiert. Glück müsse man jedenfalls selbst in die Hand nehmen. Seine berufliche Laufbahn hatte er als Verwaltungsbeamter begonnen. Nach 5 Jahren studierte er Theologie und wurde evangelischer Pfarrer. Dass der Mann zufrieden mit seinem Leben ist, nimmt man ihm sofort ab, wenn er sagt: „Danke lieber Gott, dass ich nicht so langweilig ausschaue wie mein Publikum.“ „Ich wurde mal gefragt, warum ich so kurze Arme habe. War ein missglückter Suizidversuch. Habe mich falsch auf die Gleise gelegt.“ Vielfalt sei normal, versichert er den angehenden Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen und Pflegekräften, so die Mitteilung. „Inklusion bedeutet nicht, dass Behinderte bei Nichtbehinderten mitmachen dürfen. Inklusion bedeutet, sich auf Augenhöhe begegnen zu können.“ Mit seiner Andersartigkeit geht er offensiv um. „Ich wurde mal gefragt, warum ich so kurze Arme habe. War ein missglückter Suizidversuch. Habe mich falsch auf die Gleise gelegt.“ Während sein Publikum noch schwankt zwischen Lachen und Betroffenheit, legt Schmidt schon nach: „Jeder Mensch hat ein Recht darauf, verarscht zu werden. Über einzelne Gruppen keine Witze zu machen, ist Diskriminierung.“ Nicht umsonst tourt der Mann seit Jahren als Kabarettist und Moderator durch das Land. Das Thema Glück zieht sich wie ein roter Faden durch seinen Auftritt. Doch Glück sei gar nicht sein oberstes Ziel. Viel höher stehe laut Mitteilung für ihn der Erfolg und die Sinnhaftigkeit seines Handelns. Denn Glück sei zeitlich begrenzt. Erfolg hingegen gebe es nur, wenn man sich über längere Zeit anstrenge. Und wenn man sagen könne: Ich kann was. Ich bin wer. „Ich möchte später über mein Leben das Gefühl haben können: Das hat sich gelohnt.“ „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“Was die Menschen glücklich mache, sei individuell
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