Lesung an der Oberschule Garrel behandelt Flüchtlingsschicksal
Rund 200 Schüler nahmen an der Veranstaltung teil. Grundlage war "1000 Meilen über das Meer" von Annabel Wahba. Das Buch basiert auf der Geschichte von "Boudi", der erstmals an einer Lesung teilnahm.
Beantworteten viele Fragen (von links): Boudi und Annabel Wahba. Foto: Heinzel
Boudi erzählt, wie er in einem ägyptischen Gefängnis saß. „Das waren die schlimmsten 2 Wochen meines Lebens.“ Es war der erste Versuch des aus Homs geflohenen Syriers, nach Europa zu kommen. Damals ist er noch minderjährig. 2000 Euro verlangen die Schlepper für den Transport und dabei sind sie nicht zimperlich, wie sich Boudi erinnert: „Es ist nicht das erste Mal auf dieser Reise, dass jemand meinen Tod in Kauf nimmt.“
Boudi wird er von Annabel Wahba genannt, in Wirklichkeit heißt er anders. Auf Boudis Geschichte von Flucht und Ankunft in Deutschland basiert das Buch „Tausend Meilen über das Meer. Die Flucht des Karim Deeb“. Die Autorin war jetzt zu Gast in der Oberschule Garrel. Gemeinsam mit Boudi präsentierte sie das 2016 erschienene Buch. Rund 200 Schüler und Schülerinnen nahmen an der Veranstaltung teil und stellten zahlreiche Fragen.
Antriebsfeder für den Besuch sei Simone Brümmer gewesen, erzählt Schulleiter Markus Berssen. Die Lehrerin habe das Buch im Deutschunterricht mit ihrer 7. Klasse gelesen. Die 16 Schülerinnen waren begeistert von dem Werk und hatten reichlich Gesprächsbedarf. Aus dieser Erfahrung entstand der Gedanke, mit Annabel Wahba Kontakt aufzunehmen. Die Siebtklässler schrieben jeweils einen Brief mit ihren Gedanken zu dem Buch. „Das fand ich so berührend“, sagt die Schriftstellerin, die hauptberuflich für das Magazin der Wochenzeitung „Die Zeit“ schreibt. Eine Folge dieses Austauschs war die Idee einer Lesung an der Oberschule. Der Gedanke kam so gut an, dass auch die anderen 7. und 8. Klassen das Buch behandelten.
Schüler der 7. und 8. Klassen waren neugierig auf die Autorin und den Protagonisten des Buches. Foto: Heinzel
Möglich machte die Lesung der Förderverein der Oberschule. Schulleiter Markus Berssen meinte, das Buch passe sehr gut zu dem Anspruch seiner Schule: „Wir leben eine offene Gemeinschaft und bauen auf Integration.“ Das Schulleben sei geprägt durch ein engagiertes Verantwortungsbewusstsein.
Zum Hintergrund des Buchs: Die Hauptfigur ist Karim Deeb. Als 2011 in Syrien der Bürgerkrieg ausbricht, muss auch der in Homs lebende Karim samt seiner Familie fliehen. In Deutschland angekommen, muss er zahlreiche Widerstände überwinden. Über diese Flucht und die Ankunft in Deutschland schreibt Annabel Wahba. Dabei verfremdet sie Namen und Beziehungen, aber die Essenz der Erfahrung von Boudi übernimmt sie.
Boudi ist heute 24 Jahre alt, hat seine mittlere Reife gemacht und arbeitet bei einem deutschen Automobilbauer. „Es war ein harter Weg dorthin“, sagt Boudi rückblickend. Als er in Deutschland ankommt, hat er 3 Jahre keinen Unterricht gehabt und spricht kein Wort Deutsch. „Ich hatte nur ein Ziel: Deutsch lernen. Innerhalb von 3 bis 4 Monaten hatte ich es geschafft.“ Über seine Zeit in der Schule sagt er: „Mir wurde viel geholfen, aber ich wurde auch gemobbt.“
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