Lecker Mettbrötchen
Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Die bestrichenen Teigwaren spalten die Gesellschaft. So mancher rümpft bei dem Anblick von rohem Fleisch auf Brot die Nase – ich nicht.
Antonius Schröer | 09.01.2025
Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Die bestrichenen Teigwaren spalten die Gesellschaft. So mancher rümpft bei dem Anblick von rohem Fleisch auf Brot die Nase – ich nicht.
Antonius Schröer | 09.01.2025

Die Geschäfte schlossen samstags alle schon um 14 Uhr, wir hatten uns auf den Fußballplätzen von Elsten bis Höltinghausen blaue Flecken geholt und zu Hause ging es ab in die Badewanne. Es war Samstag und mit noch nassen Haaren und Frotteeschlafanzug saßen wir pünktlich um 18 Uhr vor der Sportschau. Bis Oma zum Abendessen rief, samstags immer mit dem großen Extra: viele köstliche Bällchen Mett. Was haben wir Jungs uns um das Mett gerangelt, je dicker aufs Brot, umso besser. Das rohe Fleisch hatte Tradition und kam von Moors in Emstek, eine der heute leider nur noch wenigen echten Metzgereien im Oldenburger Münsterland. An all das musste ich denken, als ich kurz nach Weihnachten bei der 40. Ortswanderung von Hausstette nach Lüsche wanderte, zusammen mit fast 500 bestens gelaunten Wanderern aller Generationen. Zwei ordentliche Verpflegungsstopps gab es auf der Route entlang der Kreisgrenze Vechta-Cloppenburg. Hier gab es alles, was man brauchte: Glühwein mit und ohne Schuss (den Schuss durfte man selber reinkippen), Tee, Kaffee, Bier, Kuchen und richtig viele Mettbrote. Der Vorstand von BW Lüsche erzählte stolz, man habe 5 Kilo Mett geschmiert und natürlich ordentlich Zwiebeln draufgepackt. „Opa wäre begeistert gewesen und hätte mindestens vier große Mettbrote verputzt.“ Die Brote gingen weg wie nichts. Und ich dachte, was würden nur meine städtischen Söhne und ihre Freundinnen sagen. Brote aus regionaler Herstellung und Mett vom Schlachter im Ort, kein importiertes Zeugs wie Avocados und Ähnliches, eingeflogen aus aller Welt. Wahrscheinlich würden sie trotzdem die Nase rümpfen „Er isst rohes Fleisch auf dem Brot“ und mir schnell Zahnstocher bringen, damit bloß nichts sichtbar bleibt. Mettbrötchen spalten die Gesellschaft. Opa und die Tante waren da nie zimperlich. Sie stritten sich um die Schweineschwänze und -ohren in der Blutsuppe, wollten unbedingt beide diese Köstlichkeit abknabbern.
Die Wanderung in Lüsche – übrigens mit einem jährlich riesigen Erlös für die Aktion „Sportler gegen Hunger“ – war ein tolles Miteinander von Jung und Alt. Opa wäre begeistert gewesen und hätte mindestens vier große Mettbrote verputzt. Manchmal wünsche ich mir die Samstagnachmittage zurück, mit Fußball, Badewanne, Sportschau, Mett und einer großen Tüte Chips vorm Fernseher mit Rudi Carrell und „Am laufenden Band“.Zur Person:
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