Der besondere Film
Kolumne: Die Generation Z zeigt’s Ihnen – Im Kino schockierte mich lange nichts. Eine Horror-Satire ändert dies und lässt dabei tief in die (eigene) Psyche blicken.
Jonas Seelhorst | 14.10.2024
Kolumne: Die Generation Z zeigt’s Ihnen – Im Kino schockierte mich lange nichts. Eine Horror-Satire ändert dies und lässt dabei tief in die (eigene) Psyche blicken.
Jonas Seelhorst | 14.10.2024
Für manches Hobby muss man sich auch mal außerhalb des gewohnten Landkreises bewegen. Das ich dies einmal für einen Film tun würde, hätte ich bislang eher belächelt. Alles begann mit einem Artikel zum neuen Film mit Demi Moore: „The Substance“. Klingt kryptisch, aber spannend. Mein Interesse wurde weiter gesteigert, als ich erfuhr, dass es sich dabei um feinsten Body-Horror à la David Cronenberg handelt – „die Fliege“ lässt grüßen. Für abgefahrenen Kram – vor allem auf der großen Leinwand – bin ich immer zu haben. Also zum Erscheinungstag Google angeschmissen, um mir ein Kino rauszusuchen – nur, um dann enttäuscht zu werden. Demnach müsste ich zum nächstgelegenen Kino mehr als 70 Kilometer bis nach Nienburg fahren. Soll ich mir das antun? Ist es das wert? Ja, lautete schließlich die Antwort. Ich warte schon seit Langem auf einen Film, der mich mal wieder so richtig schockiert im Sessel zurücklässt. Im Saal angekommen und in eines der Polster der vielen Sofas gefallen, war es dann so weit. Informiert habe ich mich im Vorfeld nicht. Keine Trailer, keine Interviews, keine Artikel. Die richtige Entscheidung, wie sich später herausstellte. Ganz kurz zum Inhalt: Elisabeth Sparkle (Moore) ist eine Hollywood-Schauspielerin, die aufgrund ihres Alters abserviert wird und daran zu zerbrechen droht. Sie erfährt von einem ominösen Mittel, einer Substanz, die ein zweites perfektes und jüngeres Ich erschafft. Es gibt nur eine Regel: Du musst regelmäßig zwischen den beiden Körpern wechseln. Stylisch und hochwertig gefilmt, fing alles ganz harmlos an. Doch schon bald begann sich, die Eskalationsspirale immer schneller zu drehen. Mehrmals versank ich fassungslos im Sessel. Mein Oberkörper drehte sich leicht nach rechts und meine Hände formten die bekannte, ellenbogengestützte Denkerpose, nur, dass ich die rechte zum Teilverdecken meiner Augen nutzte. „Mein Oberkörper drehte sich leicht nach rechts und meine Hände formten die bekannte, ellenbogengestützte Denkerpose.“ Ich habe es lange nicht mehr erlebt, dass der Film ab dem Punkt, wo ich glaubte, es sei das große Finale, einfach noch eine ganze Weile weitermacht und dabei bis ans Äußerste geht, sowohl menschlich, als auch optisch. Warum jetzt also der Titel der Kolumne? Genau in eine solche Kategorie würde ich ihn einordnen, von mir aus noch mit dem Prädikat „pädagogisch wertvoll“. Noch nie zuvor hat mir ein Film in einer derartigen Gnadenlosigkeit die Konsequenzen von Arroganz, Selbstüberschätzung, Gier und dem ständigen Drang, sich aus den Folgen der gemachten Fehler irgendwie retten zu wollen, vor Augen geführt. Gleichzeitig ist der Film ein großer Mittelfinger an den aktuellen Schönheits-Wahn und eine Liebeserklärung an ein gesundes Selbstwertgefühl und würdevolles Altern. Er visualisiert auf anschauliche Weise die innere Zerrissenheit und fehlende Akzeptanz, die so mancher dem eigenen Spiegelbild entgegenbringt. Ähnlich wie ein Schockbild auf einer Zigarettenschachtel zeigt „The Substance“ im übertragenen Sinne, was ein unausgewogenes Selbst für Folgen haben kann. Was mich schlussendlich wirklich schockiert hat, sind nicht die Bilder. Die menschlichen Abgründe sind die wahren Monster. Und diese existieren auch in unserer Realität.Zur Person:
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