Grund zum Feiern: Die Wirte des Lucifer in Vechta probieren ein komplett neues Konzept – eine Mischung aus traditioneller italienischer Küche und konsequenter Digitalisierung. Foto: Chowanietz
Die Gastronomie im Oldenburger Münsterland ist im Umbruch. Betriebe schließen. Den Wirten fehlt das Personal, die Menschen feiern anders als noch vor ein paar Jahren. Für viele Betriebe gibt es keine Nachfolger. Andere Gastronomen eröffnen neu und setzen dafür auf komplett neue Konzepte.
Der Wandel hinterlässt aber deutliche Spuren. In Thüle haben Bernd und Renate Sieger den Schlussstrich gezogen. Sie gehen in den Ruhestand und schließen den Betrieb der Familie Ende 2024 nach dann 93 Jahren. Die Eheleute hatten in den vergangenen 50 Jahren aus dem kleinen Landgasthof einen erfolgreichen Saalbetrieb gemacht und in Jahrzehnten etliche Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Schlagerstars gaben sich in den 1970ern die Klinke in die Hand.
Im Frühjahr gab es noch einmal den legendären Frühtanz bei Sieger Thüle. Es war der 52. Tanz. Und der letzte. Jetzt wollen Investoren den alten Saalbetrieb abreißen und an der Thüler Kirchstraße einen großen Komplex mit Ferienwohnungen bauen lassen. Drei Mehrparteienhäuser mit je 8 Wohneinheiten sind geplant. 2025 kommen die Bagger. 2026 sollen die Neubauten stehen.
Auch in Vechta hätte Schluss ein können
Das hätte auch mit dem Gasthof an der Diepholzer Straße in Vechta passieren können. Hans Sgundek hatte jede Menge Angebote von Immobilieninvestoren, die sein Grundstück haben wollen. Aber der Wirt hatte immer abgelehnt. Dabei hatte er lange nach einem Nachfolger gesucht; jemand, der die Gasstätte seiner Familie erhält und weiterführt. Mit ihm sollte die Geschichte des Betriebs einfach nicht enden.
2023 hat Sgundek dann verkauft. Der Lohner Unternehmer Cüneyt Karaoglu hatte versprochen, die Gaststätte zu erhalten, möglichst auch die Kegelbahnen.
Altes Haus, neues Auftreten: Die neuen Eigentümer des Gasthaus Sgundek wollen den Betrieb wieder zu alter Größe bringen. Foto: Chowanietz
Karaoglu und seine Familie machten Nägel mit Köpfen. Sie ließen renovieren, sanieren, umbauen. Im Mai 2024 meldete sich die Gaststätte zurück, unter dem alten Namen: Die neuen Eigentümer sorgten am Mai-Feiertag nach ein paar Monaten für viel Programm im Freien, bauten während der Europameisterschaft eine eigene kleine Fanmeile auf dem großen Platz vorm Gasthaus auf. Das sorgte für Aufmerksamkeit.
Neue Idee für die Gastronomie
Inzwischen etabliert sich die Gaststätte wieder im Jahreskalender der Gruppen Vereine. Der Vechtaer Carnevals Verein (VCC) feiert am 25. Januar 2025 zum ersten Mal seine große Sitzungsparty im Saal Sgundek. Bis vor 2 Jahren hatten die Narren im Waldhof gefeiert. Aber die Geschichte des berühmten Saals ist vorbei. Das Gebäude wird abgerissen. Investoren planen den Bau eines großen Wohnkomplexes. Die Vechtaer Politik hat bereits grünes Licht gegeben.
Unterdessen wagen Mahima Serra und Andreas Meyer am Rande der Vechtaer Innenstadt Neues. Sie haben an der Bremer Straße direkt neben der alten Mühle der Familie Meyer das „Lucifer“ bauen lassen. Das Konzept: traditionelle italienische Küche in Kombination mit konsequenter Digitalisierung. Deshalb stehen in dem eingeschossigen Bau in Neapel angeheuerte Pizzabäcker an einem Holzofen, während die Gäste ihre Bestellungen per Handy abgeben, nach Vibrieren eines Pagers selbst an der Ausgabe abholen und schließlich auch ausschließlich elektronisch bezahlen. Das Konzept solle eine Antwort auf das Personalproblem in der Gastronomie sein. Vor Weihnachten hatten die Wirte mit dem Konzept regelmäßig volles Haus.
Will die Idee endlich umsetzen: Gastronom Bernd Höne bringt das „Pop-up-Konzept“ nach Cloppenburg. Foto: Niemeyer
Der Cloppenburger Gastronom Bernd Höne (Schäfers Hotel, Leibeswohl) setzt dagegen auf Pop-Up-Restaurants. Im Haus Lange Straße 66 sollen in den kommenden Monaten immer neue Restaurants mit neuen Konzepten öffnen. Ab dem 31. Januar soll für einen Monat das italienische Restaurant „La Mia Cucina“ gastieren. Höne glaubt, dass es mehr Abwechslung bieten muss. Ein Restaurant-Besuch müsse für Restaurant-Besucher heute auch ein Erlebnis sein. Dafür will Höne bis Ende April insgesamt 5 Restaurants eröffnen.
Der Wirt hatte auch beim Unternehmerabend in der Stadthalle die Gastronomie übernommen. Bislang war das immer Sache des Betreibers des Stadthallen-eigenen Restaurants und der Stadthallen-Gastronomie, in den vergangenen 14 Jahren also von Yvonne und Klaus Fleming. Gastronomen haben sich aber Ende Oktober zur Ruhe gesetzt. Einen Nachfolger hat die Stadt noch nicht gefunden.
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