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Für die GenZ braucht es mehr als einen Obstkorb

Wer sie versteht, kann sie für sich gewinnen – das ist eine von vielen Erkenntnissen des ersten OM-Forums Personalmarketing im OM-Medienhaus in Emstek. 100 Gäste hörten spannende Vorträge (mit Bildergalerie und Video).

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Führten durch den Abend: Andreas Ernst von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt (von links), Tina Heliosch, Agentur für Arbeit, und Dr. Michael Plasse (Geschäftsführer OM-Medien). Foto: Götting

Führten durch den Abend: Andreas Ernst von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt (von links), Tina Heliosch, Agentur für Arbeit, und Dr. Michael Plasse (Geschäftsführer OM-Medien). Foto: Götting

2025 ist für Tina Heliosch besonders signifikant. Denn in diesem Jahr gibt es in Niedersachsen erstmals 5000 mehr Rentner als Nachrücker in der Arbeitswelt. Die Verhältnisse würden sich gerade umkehren. Was zunächst wenig dramatisch erscheine, sehe in nur 5 Jahren schon völlig anders aus: Dann sind es bereits 40.000 Menschen in diesem Bundesland, die aus dem Arbeitsleben ausscheiden, ohne dass es Nachrücker gibt. Diese Prognose lasse sich mit geringen Abweichungen auf das Oldenburger Münsterland übertragen. Und so forderte die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agenturen für Arbeit in Vechta und Osnabrück die im Emsteker OM-Medienhaus versammelte „HR-Community“ (HR = Human Resources) auf, ihre Anstrengungen deutlich zu verschärfen, um das Erwerbspersonenpotenzial mindestens zu erhalten.

Tina Heliosch, die beim ersten OM-Forum Personalmarketing einen detailreichen Impulsvortrag hielt, blickte in ihren Ausführungen bis auf das Jahr 2060 hinaus und lieferte Zahlen für eine offenbar dramatisch-dynamische Entwicklung in Deutschland. Das Erwerbspersonenpotenzial nehme so rasant ab, dass man einen Wanderungssaldo von 400.000 Menschen benötige, nur um das Erwerbspersonenpotenzial bis 2060 konstant zu halten. Es gebe also reichlich Gesprächsstoff: Erwerbsbeteiligung von Frauen, Arbeitszeiterhöhungen, Rahmenbedingungen für ältere Beschäftigte, Inklusion und eben auch die junge Generation Z, der man den Berufseinstieg in den hiesigen Unternehmen erleichtern müsse.

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Die „GenZ“ ist nicht einfach nur faul

Zur „GenZ“ (zwischen 1996 und 2010 geboren) zeigte Heliosch eine klare Meinung: „Es gibt nicht DIE Generation Z“. Und die sei auch nicht einfach nur faul, sondern habe andere Erwartungen an die Arbeit. Und diesen Erwartungen müssten sich die hiesigen Unternehmen stellen. Dazu gebe es auch Gründe genug: Einerseits sei das Interesse an einer beruflichen Ausbildung in der Region in den vergangenen Jahren leicht angestiegen. Zudem seien zum Stichtag 30. September fast 300 Ausbildungsstellen offen, aber auch 89 Bewerber ohne eine Ausbildungsstelle oder eine Alternative geblieben. Diese würden dann länger zur Schule gehen, oder einfach nur jobben. „Oftmals mit der Folge, dass Arbeitslosigkeitszeiten entstehen, die Berufsausbildung in den Hintergrund tritt und wir Fachkraftpotenzial verlieren“, beklagte Heliosch und nannte weitere Zahlen: Mehr als 70 Prozent der Arbeitslosen unter 25 Jahren hätten keine Berufsausbildung.

Aus Sicht der Agentur für Arbeit werde das Fachkräfteangebot auch in der Region zunehmend und dramatisch durch den demografischen Faktor verringert. Neben anderen notwendigen Hebeln bleibe aber die duale Berufsausbildung eine wesentliche Säule, um Fachkräfte von morgen zu finden. „Und darum lohnt es sich, die Gen Z verstehen zu lernen“, appellierte die Chefin der Arbeitsagentur.

„Wir brauchen die neue Generation, egal wie sie heißt.“

Andreas Ernst von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt

Vor dem versammelten Fachpublikum im OM-Medienhaus trug anschließend Andreas Ernst von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt die Schlüsselbotschaft des Abends vor. Für die wichtige Frage „How to win the next Gen“ zeigte sich der Management-Director und Partner der Agentur als kompetenter Speaker. Er berät seit mehr als 20 Jahren internationale und nationale Marken wie Mercedes-Benz, BMW, Bosch, Schaeffler, eon, EnBW oder Montblanc.

Als Vertreter einer betont unabhängigen Agentur machte der Hamburger Werbeexperte zunächst deutlich: „Wir brauchen die neue Generation, egal wie sie heißt.“ Die erste Generation echter „Digital Natives“ habe ihre eigene Realität. Die Mitglieder machen „medienmäßig" einfach alles anders. „Die wollen den digitalen Weg“, betonte Andreas Ernst, „auch bei der Suche nach Ausbildungsplätzen und Jobs.“ Arbeitgeber müssten diese Generation verstehen, um sie zu gewinnen. Daran führe auch kein Weg vorbei, denn: Die „Zoomer" machen 15 Prozent von Deutschland aus.

Fotos: Götting

GenZ – ambivalent und von Kriegen und Krisen geprägt

Für ein besseres Verständnis sei es wichtig zu wissen, dass „GenZ“ eine zerrissene bzw. ambivalente Generation sei. Sie bewege sich zwischen völlig gegensätzlichen Polen wie der Klimaschutz-Aktivistin Greta Thunberg und digitalem Modeshopping beim chinesischen Billig-Mode-Giganten Shein. Die jungen Leute seien aber auch von den vielen Krisen und Kriegen der jüngsten Zeit geprägt und verlangten erkennbar nach Sicherheit. Individualisierung und Vereinzelung seien wichtige Merkmale, so Andreas Ernst in seinem ebenso faktenreichen wie unterhaltsamen Vortrag.

Für das Recruiting und das Employer-Branding der Wirtschaft sei es wichtig, die hohen Ansprüche der jungen Menschen an die Arbeitgeber zu kennen. Die 4-Tage-Woche, das Homeoffice und ein Sabbatical werden ebenso erwartet wie ein sicherer Job, gutes Gehalt und gutes Führungsverhalten. „Es braucht mehr als einen Obstkorb, um diese Menschen für sich zu begeistern“, machte Ernst den Gästen des Forums deutlich. Man müsse den jungen Leuten die Story der Firma erzählen, die Wichtigkeit der eigenen Produkte und das Mitwirken und die Bedeutung der eigenen Arbeit. Am besten auf Augenhöhe – vom Azubi oder Arbeitnehmer erklärt, und nicht vom Chef.

Wobei der Prozess nie ende, so der Hamburger Werbeexperte: „Die GenZ muss als Arbeitnehmer immer wieder neu gewonnen werden. Die Loyalität ist geringer als bei älteren Generationen. Die GenZ ist permanent auf Jobsuche.“

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