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"Der Kane war ihr Schicksal" als Daily Soap

Kolumne: Kopfball zum großen Kick – Thema: Das Transferdrama um Tottenham-Stürmer Harry Kane und dem FC Bayern München.

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Und es war Sommer. Der große Kick ruhte. Stattdessen prasselte, frei nach Humphrey Bogarts Kultfilm „Die Caine war ihr Schicksal“, eine abstruse Daily Soap auf uns nieder: „Der Kane war ihr Schicksal“. Bayerns Jagd auf Harry Kane – kein Tag ohne den Messias von Tottenham.

Die Seifenoper beginnt Anfang Juli mit einer True-Crime-Story. Journalistische Detektive enthüllen ein Geheimtreffen: Thomas Tuchel hat Kane im Mai zu Hause in London besucht. Der Boulevard spielt verrückt, seriöse Medien drehen im Schlagzeilen-Gewitter mit. Täglich eine neue Titelstory.

Kane begeistert vom Gespräch. Tottenham-Boss kocht vor Wut. Bayern einig mit Kane. Nach drei Tagen scheint alles klar. Aber nein, es folgt eine irrwitzige Achterbahnfahrt im Kane-Poker. Erstes Angebot von 70 Millionen abgelehnt, 80 Millionen abgelehnt. Matthäus beruhigt: nicht nervös werden. Rückschlag: PSG Paris steigt ein, dagegen ist Bayern machtlos. Tage später: Kane sagt PSG ab, Vorteil Bayern. Plötzlich wie aus dem Nichts: Nur noch ein Tag Zeit für Bayern – dann ist Kane weit weg. Aber nur mit Tottenham auf Werbetour nach Australien, Thailand und Singapur.

Uli Hoeneß plaudert Details zum Poker aus, sagt, wann Tottenham einknickt. Tags drauf Alarm: Hoeneß sabotiert Poker, ein strategischer Fehler, jetzt wird’s noch teurer. Plan B wird serviert: Wenn Kane nicht kommt, stehen Argentiniens Weltmeister Julian Alvarez, Dusan Vlahovic und Victor Osimhen auf dem Zettel. Neue Hoffnung: Tottenham holt Brasilien-Stürmer Pedro. Schon als Ersatz für Kane?

"Kane schweigt. Eine Nachricht? Nun, er schweigt schon den ganzen Sommer."

Franz-Josef Schlömer

Wenn mal keine Titelstory? Dann strickt man sich eine. Die Bild schickt einen Reporter ans andere Ende der Welt.

Max Schrader (z.Zt. in ...) klemmt sich an Kane. „z.Zt.“ heißt zur Zeit, unterstreicht die bayerisch-nationale Dimension der Schnüffeltour. „Bayern-Trikot reizt Tottenham-Trainer“, titelt der z.Zt.-Reporter aus Bangkok. Er hatte dem Coach in der PK ein Bayern-Trikot mit dem Namen Kane gezeigt und gefragt, was er dabei fühle. Unverschämt peinlich.

Tags drauf: „Bild verbannt“. Dem Provokateur wird die Akkreditierung fürs Spiel entzogen. Billiger Klamauk gehört halt nicht auf die Pressetribüne. Vier Tage später titelt Schrader (z.Zt. in Singapur): „Verräterische Kane-Szenen“. Der Verfolgte schreitet nach dem 5:1 bei den LC Sailors zehn Meter hinter dem Team die Ehrenrunde ab. Entfernt von den Spurs, in Gedanken bei den Bayern? Verräterisch.

Nur eine in Berlin entlaufene Löwin, die sich als arme Wildsau entpuppt, verdrängt Kane kurz aus den Top-News. Kanes schwangere Katie wird in München gesehen. Auf Wohnungssuche? Breaking News: Kane-Gipfel mit den Bayern-Bossen verschoben. Passend danach: Kane schweigt. Eine Nachricht? Nun, er schweigt schon den ganzen Sommer.

Dann doch: Poker-Gipfel in London. Rätselhafte Flugroute der Bayern-Bosse. 20 Millionen fehlen am Deal. Zahlt Kane einen Teil der Ablöse selbst? „Der Kane war ihr Schicksal“ – längst eine Double-Daily-Soap. Die Guten-Morgen-Story wird tagsüber von der Gute-Nacht-Geschichte überrollt.

Als Rentner verschmähe ich trotz viel Freizeit Soaps wie „Gelbe Nelken“ oder „Wapo Dümmer“, aber vor der Kane-Saga gibt’s kein Entkommen. High Noon am Freitag: Bayern-Deadline im Poker endet um Mitternacht. Beim Frühstück danach: Tottenham-Boss „not amused“. Bayern bietet über 100 Millionen. Irrer Boni-Trick garantiert Kane-Wechsel. Na denn.

Und es war Sommer. Mit nervigem Sommertheater – und der Vorhang will nicht fallen.

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