Der Fall Antwerpen: Bernd Riesselmann war nach VfL-Anruf „fassungslos“
Ein Anruf, zwei Sperren, viele Emotionen: Hier ist die Nachlese zum DFB-Sportgerichtsverfahren rund um die Vorgänge beim NFV-Pokalfinale zwischen Osnabrück und Lohne.
Gesperrt: Ex-Osnabrück-Trainer Marco Antwerpen (rechts) und sein früherer Assisten Frank Döpper. Foto: dpa/Dedert
Eine Reise an den DFB-Campus in Frankfurt blieb Bernd Riesselmann am Donnerstag erspart – das wäre mit Blick auf die nächste Aufgabe beim TSV Havelse am Samstag (14.00 Uhr) auch nicht gerade förderlich gewesen. Und so war der Stürmer des Fußball-Drittligisten VfL Osnabrück per Video zugeschaltet, um im DFB-Sportgerichtsverfahren gegen den früheren Osnabrücker Trainer Marco Antwerpen und dessen „Co“ Frank Döpper auszusagen. Eine besondere Situation für den 20 Jahre alten Lohner, der in einer geradezu absurden Posse um eine versuchte Spielmanipulation eine Hauptrolle innehatte. Unfreiwillig, unverschuldet, völlig aus dem Nichts.
Nach Wochen voller Vermutungen, nach einem konsequenten Schweigen aller Beteiligten, nach vielen Diskussionen hinter vorgehaltener Hand, wurde in einer fünfstündigen Verhandlung erstmals Licht ins Dunkle gebracht – und am Ende befand das DFB-Sportgericht Antwerpen und Döpper der versuchten Spielmanipulation für schuldig und sprach Sperren gegen die zwei Trainer aus. Antwerpen, Inhaber der Pro-Lizenz, darf für ein Jahr keinen Trainer-Job ausüben. Und A-Lizenz-Inhaber Döpper, zuvor schon Co-Trainer von Antwerpen beim 1. FC Kaiserslautern und Waldhof Mannheim, wurde für drei Monate gesperrt.
Sportgericht folgt dem Antrag nicht in vollem Umfang
Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes, vertreten durch Bernd-Peter Knafla, der auch das Abschlussplädoyer hielt, hatte gegen Antwerpen eine Sperre von 14 Monaten und 3000 Euro Geldstrafe gefordert. Döpper sollte für vier Monate gesperrt werden und 500 Euro zahlen. Das Sportgericht folgte dem Antrag nicht in vollem Umfang. Es sah von einer Geldstrafe ab, da beide Trainer nach der fristlosen Kündigung durch den VfL Osnabrück aktuell über kein Einkommen verfügen. Die zwei Trainer tragen nach Angaben der Neuen Osnabrücker Zeitung aber die Kosten für ihre Verfahren.
Die Entlassung folgte damals nur wenige Tage nach dem NFV-Pokal-Endspiel zwischen Osnabrück und dem Regionalligisten BW Lohne, der sich am 24. Mai sensationell per 4:2-Sieg an der Bremer Brücke das Ticket für den DFB-Pokal gesichert hatte. Antwerpen soll im Vorfeld des Finals Osnabrücks Athletik- und Reha-Trainer Tim Schütte zweimal dazu aufgefordert haben, Lohnes Stürmer Riesselmann einen Verzicht auf einen Einsatz im Endspiel nahezulegen. Zudem sollte Schütte dem jungen Leihspieler der Lila-Weißen, der 2024/25 für BWL spielte, mitteilen: Sollte er doch im Finale auflaufen, würden ihm in der Vorbereitung zur neuen Serie, also nach der Rückkehr zum VfL, persönliche Konsequenzen drohen.
Riesselmann sagte in der Verhandlung: „Ich sollte eine Verletzung vortäuschen. Ich war fassungslos und konnte das nicht glauben.“ Der Lohner informierte seinen Berater, der umgehend Kontakt zum VfL Osnabrück aufnahm. Und dessen Geschäftsführer Michael Welling wandte sich direkt an einen DFB-Ombudsmann. Und Bernd Riesselmann? Der Angreifer spielte im Finale – und traf dabei zum 4:2-Endstand.
Traf im Endspiel: Bernd Riesselmann, damals Stürmer bei BW Lohne, jetzt beim VfL Osnabrück. Foto: F. Wenzel
Schütte sagte vor Ort am DFB-Campus aus. Laut NOZ schilderte der 25-Jährige emotional, wie unangenehm ihm der Anruf war, welchen Druck er aber auch verspürt habe, diesen zu tätigen. „Es war weder mein Wunsch noch meine Entscheidung, ihn dazu aufzufordern“, sagte Schütte. Er habe sich überfordert und alleine gelassen gefühlt. Und er erklärte noch: „Ich schäme mich.“ Er habe die erste Aufforderung von Antwerpen auch als Scherz verstanden. Es war aber ernst gemeint, und so folgte eine zweite Aufforderung. Und: Döpper soll Schütte gegenüber betont haben, führe er den Auftrag nicht aus, habe er ab 1. Juli keinen Job mehr.
Antwerpen und Döpper, die binnen einer Woche in Berufung gehen können, wiesen die Darstellungen und Vorwürfe zurück. Ihr Anwalt Horst Kletke hatte auf Freispruch plädiert. In seinen Augen habe sich die Beweisaufnahme auf „zu viele Vermutungen“ gestützt. Kletke bemängelte zudem, dass zu wenig Zeugen die Schilderungen von Schütte inhaltlich stützten. Das Gericht sah es anders. „Wir gehen im Unterschied zur Verteidigung davon aus, dass es von beiden zu dem Versuch gekommen ist, auf den Spielverlauf einzuwirken“, begründete Stephan Oberholz, Vorsitzender Richter des DFB-Sportgerichts, die verhängte Strafe. Und bereits der Versuch reiche für eine Verurteilung aus. Und Oberholz ergänzte noch: „Das Sportgericht ist davon überzeugt, dass sich die Ereignisse genauso zugetragen haben, wie das der Zeuge Schütte vor Gericht ausgesagt hat.“
Antwerpen und Döpper klagen gegen fristlose Kündigung
Neben Schütte und Welling, der ebenfalls vor Ort war, sagten auch der zweite Co-Trainer Frithjof Hansen, Videoanalyst Ferhat Findik, Teammanager Leon Seelhöfer sowie Mathis Beckmann, bis Ende Juni als Athletiktrainer beim Verein tätig, aus – alle wie Riesselmann per Video.
Gegen die fristlose Kündigung des Vereins, die Ende Mai nach dem internen Bekanntwerden der Vorgänge erfolgte, klagen Antwerpen und Döpper vor dem Arbeitsgericht Osnabrück. Der Gütetermin zu Wochenbeginn endete ergebnislos, Mitte Dezember wird verhandelt.
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